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Geldpolitik Jerome Powell darf Fed-Chef bleiben – Märkte atmen auf

US-Präsident Biden setzt auf Kontinuität an der Spitze der Notenbank. Alternativkandidatin Lael Brainard wird Powells Stellvertreterin. Die Börsen bereiten sich auf die Zinswende vor.
22.11.2021 Update: 22.11.2021 - 20:43 Uhr 1 Kommentar
Künftig als Duo unterwegs. Quelle: AP
Fed-Chef Powell und seine neue Vize Brainard

Künftig als Duo unterwegs.

(Foto: AP)

New York/Frankfurt US-Präsident Joe Biden hat sich für die sichere Variante entschieden. Er setzt an der Spitze der US-Notenbank Fed für weitere vier Jahre auf den bisherigen Amtsinhaber Jerome Powell. Als aussichtsreichste Alternative zu ihm galt die bisherige Notenbank-Gouverneurin Lael Brainard. Stattdessen wird sie nun Powells Stellvertreterin, wie das Weiße Haus am Montag mitteilte.

Anders als Powell, ein Republikaner, gehört Brainard der Demokratischen Partei an. Zudem gilt sie als noch stärkere Verfechterin einer lockeren Geldpolitik als Powell.

Hätte Biden sie für die Fed-Spitze nominiert, wäre er damit bei den Republikanern absehbar auf Widerstand gestoßen. Angesichts der öffentlichen Debatte um die derzeit hohe Inflation ist das Thema politisch heikel. Biden geht nun einem Konflikt aus dem Weg.

Die Märkte reagierten positiv auf die Entscheidung. Der Leitindex S&P 500 und die Nasdaq erreichten in den frühen Handelsstunden in New York neue Rekorde. Vor allem die Aktien der großen US-Banken legten zu. Powell gilt an der Wall Street grundsätzlich als Unterstützer der Märkte und als bankenfreundlich.

Allerdings ist noch nicht klar, wer künftig die Position des Vize-Chefs für Regulierung ausfüllen wird. Die Amtszeit von Randal Quarles, der wie Powell von Bidens Vorgänger Doland Trump nominiert worden war, endete Anfang Oktober.

Powell habe „in einer unglaublich herausfordernden Zeit, darunter der größte wirtschaftliche Einbruch der modernen Zeit und Angriffe auf die Unabhängigkeit der Federal Reserve, stabile Führung bewiesen“, lobte Biden. Brainard, „eine der führenden Makroökonominnen des Landes“, habe dabei ebenfalls eine wichtige Rolle gespielt.

Eine zweite Amtszeit von Jerome Powell „steht für Kontinuität“, betonte Michael Feroli, Ökonom von JP Morgan Chase. Auch Christiane Riley, die Chefin der Deutschen Bank in New York, begrüßte die Entscheidung, „Die Konsistenz an der Fed-Spitze ist beruhigend in dieser Phase der Erholung nach der Pandemie“, schrieb sie auf Linkedin.

Die US-Notenbank hat bereits angekündigt, ihre massiven Anleihekäufe bis Mitte kommenden Jahres nach und nach auslaufen zu lassen. Quelle: Bloomberg
Federal Reserve

Die US-Notenbank hat bereits angekündigt, ihre massiven Anleihekäufe bis Mitte kommenden Jahres nach und nach auslaufen zu lassen.

(Foto: Bloomberg)

In den bisherigen knapp vier Jahren seiner Amtszeit musste sich Powell zunächst massiver Angriffe des früheren US-Präsidenten Trump erwehren. Dieser forderte zeitweise fast täglich niedrigere Zinsen – aber Powell folgte ihm zunächst nicht wie gewünscht. Zu Beginn der Pandemie dann stemmte sich die Fed unter Powells Führung mit allen Mitteln gegen Verwerfungen an den Finanzmärkten und lockerte die Zügel.

Inzwischen hat sich die Lage beruhigt und die Fed kündigte bereits an, ihre massiven Anleihekäufe bis Mitte kommenden Jahres nach und nach auslaufen zu lassen. Dies ist der erste Schritt auf dem Weg hin zu einer geldpolitischen Wende. Doch viele weitere dürften in den nächsten vier Jahren folgen.

Dies sind die wichtigsten Themen für Powell in seiner zweiten Amtszeit.

1. Gestiegene Inflation

Das politisch brisanteste Thema ist die zuletzt stark gestiegene Inflation. Im Oktober stiegen die Verbraucherpreise um 6,2 Prozent – der höchste Wert seit 31 Jahren. Powell hat bisher die Sicht vertreten, dass es sich bei dem aktuellen Preisschub um ein vorübergehendes Phänomen handele. Dies ist unter Ökonomen aber sehr umstritten.

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Der ökonomische Chefberater der Allianz, Mohamed El-Erian, bezeichnete die Haltung der Fed zum Thema Inflation jüngst als „die größte Fehleinschätzung seit Jahrzehnten“. Eine Reihe von renommierten Experten warnt davor, dass die Notenbank die Inflationsrisiken unterschätzt. So forderte etwa der frühere Chef der regionalen Fed in New York, Bill Dudley, dass die Fed ihre Anleihekäufe noch schneller reduzieren müsse als gerade angekündigt. Auch Larry Summers, früherer Finanzminister, hatte sich ähnlich geäußert.

Powell musste zuletzt einräumen, dass die Inflation länger hoch ausfallen wird als zunächst erwartet. Er geht aber weiter davon aus, dass der gegenwärtige Preisschub hauptsächlich temporär ist.

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Die jüngsten Inflationszahlen von Oktober werfen jedoch Zweifel auf. Dort war zum Beispiel auch ein deutlicher Anstieg der Mieten zu verzeichnen. Diese machen etwa ein Drittel des Warenkorbs aus, mit dem die Teuerung gemessen wird, und verändern sich eher langsam.

Im Vergleich zu Europa hat die US-Regierung die Wirtschaft in der Pandemie mit deutlich größeren Konjunkturpaketen gestützt. Zudem war dort der Arbeitsmarkt schon vor der Pandemie angespannt. In den USA steigen die Löhne bereits stärker an. In Europa dagegen gibt es bisher dafür noch keine klaren Anzeichen.

Kurz nach seiner Nominierung sprach Powell die Problematik rasant steigender Preise insbesondere für Verbraucher an. „Wir wissen, dass eine hohe Inflation Familien belastet, besonders diejenigen, die weniger in der Lage sind, die höheren Kosten für Wesentliches wie Lebensmittel, Unterkunft und Fortbewegung zu stemmen“, sagte Powell am Montag. „Wir werden unsere Instrumente nutzen, um sowohl die Wirtschaft – einen starken Arbeitsmarkt – zu unterstützen, als auch zu verhindern, dass sich eine höhere Inflation festsetzt.“

Fed-Direktorin Lael Brainard betonte, sie werde den Fokus auf die arbeitende Bevölkerung legen. Das bedeute, dass die Inflation gesenkt werden müsse.

Die Äußerungen dürften als Signal aufgefasst werden, dass fortan die oberste Priorität der Fed sein dürfte, den rasanten Preisauftrieb unter Kontrolle zu bringen.

2. Vollzug der geldpolitischen Wende

Nach der Fed-Sitzung Anfang November kündigte Powell bereits an, dass die Fed ihre Wertpapierkäufe schrittweise reduzieren will. Im Oktober beliefen sie sich noch auf monatlich 120 Milliarden Dollar. Nun sollen sie schrittweise um monatlich 15 Milliarden Dollar sinken. Powells Vize Richard Clarida deutete vor Kurzem an, dass die Geldpolitiker die Anleihekäufe möglicherweise noch schneller zurückfahren könnten als ursprünglich geplant. Das sollte Kritiker zudem beruhigen.

Brainard hatte im Vorfeld prominente Unterstützer. So sprach sich etwa der ökonomische Chefberater der Allianz, Mohamed El-Erian, für die promovierte Ökonomin als künftige Fed-Chefin aus. El-Erian kritisiert Powell bereits seit Monaten, er würde nicht schnell genug handeln, um die Inflation zu bekämpfen. Damit würde er riskieren, „dass die Fed irgendwann sehr deutlich eingreifen muss. Und das hat in der Vergangenheit immer in einer Rezession geendet“, gab er bereits im Mai im Gespräch mit dem Handelsblatt zu bedenken.

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Die Fed befindet sich in einer schwierigen Phase. Denn anders als in einer Krise, wenn der geldpolitische Kurs in der Regel relativ klar ist, gibt es nun innerhalb des geldpolitischen Ausschusses (FOMC) sehr unterschiedliche Positionen, in welchem Tempo die Notenbank ihre Geldpolitik straffen soll. Das macht die Kommunikation an die Märkte schwieriger.

Diese preisen bereits für 2022 zwei Zinserhöhungen ein – und damit deutlich mehr, als die Fed bisher signalisiert hat. Insgesamt spricht viel dafür, dass der Prozess der Straffung der Geldpolitik dieses Mal deutlich schneller erfolgt als nach der Finanzkrise. Damals hatte die Fed nach dem Ende ihrer Nettokäufe von Wertpapieren zunächst mehr als ein Jahr gewartet, bis sie zum ersten Mal die Zinsen anhob. Aktuell erwarten Experten, dass die Zeitspanne dazwischen wesentlich kürzer ausfällt. Eine schnellere Straffung birgt möglicherweise aber auch die Gefahr, dass die Fed die Wirtschaft zu früh abwürgt. Nach den ersten Zinserhöhungen wird die Fed wahrscheinlich irgendwann auch ihre Bilanz wieder schrumpfen, indem sie ihren Bestand an Anleihen langsam reduziert. Auch dieser Schritt dürfte in den nächsten vier Jahren anstehen.

3. Glaubwürdigkeitsprobleme durch umstrittene Aktiengeschäfte

In seiner zweiten Amtszeit muss sich Powell auch mit einer Kontroverse um Wertpapiergeschäfte befassen, in die er selbst verwickelt ist, genauso wie zwei zurückgetretene regionale Notenbankchefs. Robert Kapla von der Fed aus Dallas gab sein Amt im Oktober auf. Er zog die Konsequenzen aus einer Debatte um millionenschwere Aktien-Trades in Unternehmen wie Amazon und Chevron, die er während der Pandemie tätigte. Powell zufolge lag das wahrscheinlich im Rahmen der bestehenden Ethikregeln. Diese müssten jedoch geändert werden, um den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden.

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Eric Rosengren, Chef der Fed aus Boston, trat Ende September aus gesundheitlichen Gründen zurück. Auch er sorgte mit Wertpapiergeschäften für Schlagzeilen. Dort ging es vor allem um Immobilienfonds, sogenannte Reits.

Powell zufolge gibt es eine „juristische Prüfung“ der Vorfälle. „Wir werden die Sache angehen und angemessen adressieren“, stellte er klar. Powell selbst hält nach eigenen Angaben seit vielen Jahren Kommunalanleihen. Auch die profitierten von den Rettungsaktionen der Fed, da die Notenbank zum ersten Mal überhaupt Kommunalanleihen kaufte.

Mehr: US-Notenbank drosselt ihre Anleihekäufe schon ab diesem Monat

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