Benachrichtigung aktivieren Dürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafft Erlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviert Wir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke

Geldpolitik Schwacher Euro, starker Dollar: So beeinflusst die EZB den Wechselkurs

Die Europäische Zentralbank tritt der Erwartung einer baldigen Zinserhöhung deutlich entgegen – anders als die Fed. Das belastet den Euro.
22.11.2021 - 16:45 Uhr Kommentieren
Schwacher Euro, starker Dollar: Wie die EZB den Euro-Kurs drückt Quelle: mars58 - stock.adobe.com
Euro- und Dollar-Noten

Die europäische Währung hat zuletzt gegenüber dem Dollar an Wert verloren.

(Foto: mars58 - stock.adobe.com)

Frankfurt US-Notenbankchef Jerome Powell ist seiner Amtskollegin Christine Lagarde von der Europäischen Zentralbank (EZB) einen Schritt voraus. Powell, der nach der jüngst getroffenen Entscheidung von US-Präsident Joe Biden im kommenden Jahr seine zweite Amtszeit antreten wird, hat bereits Anfang November die geldpolitische Wende in den USA eingeleitet: Er verkündete die schrittweise Reduktion der Anleihekäufe durch die Fed. Die EZB will erst im Dezember darüber entscheiden.

Damit driften die beiden wichtigsten Notenbanken der Welt geldpolitisch auseinander. Diese Tendenz dürfte sich in den kommenden Monaten weiter verstärken.

Denn in den USA drängen mehrere Notenbankvertreter angesichts der hohen Inflation bereits auf ein schnelleres Tempo bei der Straffung der Geldpolitik. Dagegen traten Lagarde und ihre Kollegen aus der EZB zuletzt Spekulationen über eine mögliche Zinserhöhung 2022 deutlich entgegen. Lagarde etwa sagte, dass es aus ihrer Sicht sehr unwahrscheinlich sei, dass die Bedingungen für eine Zinserhöhung bereits im nächsten Jahr erfüllt seien.

Die Strategie zeigt Wirkung: Am Geldmarkt wird keine Zinserhöhung mehr für 2022 eingepreist. Das spiegelt sich vor allem im Wechselkurs des Euros wider.

Die Gemeinschaftswährung ist zuletzt auf den tiefsten Stand seit über einem Jahr gefallen und notierte am Montag zeitweise unter der Marke von 1,13 US-Dollar. Seit Anfang Juni hat der Euro gegenüber dem Dollar damit fast acht Prozent an Wert verloren. Und viele Experten glauben, dass der Abwärtstrend noch länger anhalten könnte.

„Während sich die Welt in Richtung Normalisierung der Geldpolitik bewegt, steht die EZB bei der Straffung wahrscheinlich am Ende der Schlange“, urteilt Paul Mackel, Leiter der Währungsstrategie bei HSBC. Er erwartet daher, dass der Euro weiter unter Druck geraten wird.

Grafik

Ähnlich sieht das der Ökonom der US-Großbank Citi, Ebrahim Rahbari. „Wir sind weiter pessimistisch für den Euro bis ins Jahr 2022.“ Auch er führt die schlechten Aussichten für den Euro auf die wachsende Zinsdifferenz zwischen den USA und dem Euro-Raum zurück. Citi prognostiziert, dass die Fed im Dezember ein schnelleres Herunterfahren ihrer Anleihekäufe verkünden wird und bereits im kommenden Jahr dreimal die Zinsen anhebt.

Steigen in den USA die Zinsen, stützt das tendenziell den Dollar. Denn für internationale Investoren wird es attraktiver, in amerikanische Zinspapiere zu investieren. Umgekehrt schwächt ein längeres Festhalten an der lockeren Geldpolitik durch die EZB den Euro.

Fed könnte die Anleihekäufe rascher zurückfahren als erwartet

Für Investoren lohnt es sich dadurch eher, sich zu besonders niedrigen Zinsen in Euro zu verschulden und das Geld in anderen Währungsräumen anzulegen – was den Euro-Kurs tendenziell drückt. Noch vor weniger als zwei Wochen preisten die Terminmärkte für den Euro-Raum zeitweise sogar zwei Zinserhöhungen für 2022 ein, trotz gegenteiliger Signale von Lagarde.

Inzwischen ist die Stimmung gekippt, und die Markterwartungen haben sich den Ansagen von Lagarde deutlich angenähert.

Dagegen drängten in den USA mehrere Fed-Vertreter darauf, die Geldpolitik schneller zu straffen als bisher vorgesehen. So ließ der Vizechef der Fed, Richard Clarida, wissen, es könne durchaus angemessen sein, beim nächsten Treffen der Fed im Dezember „über ein höheres Tempo bei der Reduzierung unserer Bilanz zu sprechen“.

Andere seiner Kollegen, etwa Fed-Gouverneur Christopher Waller und der Chef der regionalen Fed von St. Louis, James Bullard, äußerten sich ähnlich. Beide drängten darauf, die Anleihekäufe schneller zu beenden als geplant.

Noch im Oktober beliefen sich diese auf 120 Milliarden Dollar. Anfang November hat die Fed beschlossen, sie monatlich um 15 Milliarden Dollar zu drosseln. Bullard brachte nun eine Reduktion um monatlich 30 Milliarden Dollar ins Spiel.

Damit könne der Prozess des Abschmelzens der Anleihekäufe – im Fachjargon Tapering genannt – bereits im März abgeschlossen sein und nicht erst im Juni 2022. Dies würde auch eine frühere Zinserhöhung ermöglichen.

EZB und Fed tagen fast zeitgleich

Anders als in Europa gibt es in den USA derzeit keine neue Coronawelle. Deutschland ist als größte Volkswirtschaft des Euro-Raums davon besonders stark betroffen. Zudem schätzen viele Ökonomen die Inflationsrisiken für die USA größer ein. Im Oktober sind die Verbraucherpreise dort um 6,2 Prozent gestiegen – und damit stärker als erwartet.

Als Warnzeichen gilt, dass zum Beispiel auch die Mietpreise deutlich anzogen. Diese machen etwa ein Drittel des Warenkorbs aus, mit dem die Teuerung gemessen wird, und verändern sich eher langsam. Das spricht für eine schnellere Straffung in den USA.

Ob und wie stark die EZB und die Fed auseinanderdriften, wird sich Mitte Dezember zeigen. Dann tagen beide Notenbanken fast zeitgleich, das Treffen der Fed endet am 15. Dezember, das der EZB am 16. Dezember.

Die EZB hat im Oktober noch für etwa 90 Milliarden Euro Anleihen gekauft. Sie muss ebenfalls entscheiden, wie es damit weitergehen soll. Notenbankchefin Lagarde hat bereits signalisiert, dass sie das speziell in der Pandemie aufgelegte PEPP-Programm im März 2022 beenden will.

Daneben läuft ein älteres Kaufprogramm mit dem Kürzel APP, über das die EZB für monatlich 20 Milliarden Euro Anleihen kauft. Dieses könnte sie zeitweise aufstocken, um einen abrupten Abriss der geldpolitischen Unterstützung nach dem Ende von PEPP zu verhindern.

Ob und in welchem Umfang sie dies tun wird, hängt stark von den neuen Inflationsprognosen ab, die die Notenbank bei ihrem Treffen vorlegt. Erstmals werden diese bis zum Jahr 2024 reichen.

Viele Analysten rechnen damit, dass die EZB ihre Annahmen nach oben korrigieren muss. Je stärker eine mögliche Anpassung nach oben ausfällt, desto weniger dürfte die Notenbank ihre Anleihekäufe ausweiten – und desto früher wäre mit einer Zinserhöhung zu rechnen.

Die Märkte haben also ihre Erwartungen über die Geldpolitik der Fed und der EZB zuletzt angepasst – und gehen von einer deutlich schnelleren Straffung in den USA aus. Das drückt den Euro und gibt dem Dollar Auftrieb.

Darauf zu setzen ist aber nicht ohne Risiko. Ein mahnendes Beispiel lieferte jüngst die Bank von England. Die Märkte hatten fest damit gerechnet, dass sie Anfang November die Zinsen anheben würde. Doch die Notenbank verzichtete darauf und sorgte damit bei Investoren für Verwirrung.

Mehr: Die große Inflationswette der EZB – Unterschätzt Notenbankchefin Lagarde die Inflationsrisiken?

Startseite
Mehr zu: Geldpolitik - Schwacher Euro, starker Dollar: So beeinflusst die EZB den Wechselkurs
0 Kommentare zu "Geldpolitik: Schwacher Euro, starker Dollar: So beeinflusst die EZB den Wechselkurs"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

Zur Startseite
-0%1%2%3%4%5%6%7%8%9%10%11%12%13%14%15%16%17%18%19%20%21%22%23%24%25%26%27%28%29%30%31%32%33%34%35%36%37%38%39%40%41%42%43%44%45%46%47%48%49%50%51%52%53%54%55%56%57%58%59%60%61%62%63%64%65%66%67%68%69%70%71%72%73%74%75%76%77%78%79%80%81%82%83%84%85%86%87%88%89%90%91%92%93%94%95%96%97%98%99%100%