Geldpolitik Türkische Notenbank senkt Leitzins erneut – Lira profitiert

Die Währung legte diesen Donnerstag deutlich zu.
Istanbul Die türkische Notenbank hat den Leitzins erneut gesenkt. Sie kappte ihn an diesem Donnerstag um 3,25 Prozentpunkte auf 16,5 Prozent. Bei ihrer Entscheidung habe die Notenbank nicht zum Extrem tendiert, sagte Commerzbank-Analystin Thu Lan Nguyen. Dies gebe der Lira Auftrieb.
Wenn die Inflation weiter zurückgehe, habe die Notenbank in den kommenden Monaten noch Spielraum für weitere Zinssenkungen. „Der Test kommt aber, wenn die Teuerung wieder anzieht.“ Die Frage sei, ob sie dann den Schlüsselsatz auch wieder anheben werde.
Diesen Juli hatte die Zentralbank den Schlüsselsatz bereits überraschend stark von 24 auf 19,75 Prozent gesenkt, kurz nachdem Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan den Notenbank-Chef Murat Çetinkaya gefeuert hatte. Mit der jüngsten Senkung hat der neue Zentralbankchef Murat Uysal damit innerhalb von sechs Wochen den Leitzins um insgesamt 750 Basispunkte gesenkt.
Ex-Notenbank-Chef Çetinkaya hatte den Satz zuvor binnen weniger als zwei Jahren von acht auf 24 Prozent angehoben. Damit wollte der Ex-Gouverneur die grassierende Inflation und den Verfall der türkischen Währung bekämpfen.
„Ich habe eine Allergie gegen Zinsen“, sagte Staatschef Erdogan mit Blick auf den ehemaligen Leitzins von 24 Prozent. Er ist der Meinung, die hohen Leitzinsen hätten erst zu der wirtschaftlichen Misere beigetragen. Erdogans Credo: Niedrige Zinsen kurbeln die Wirtschaft an, verringern die Arbeitslosigkeit und dämpfen die Preissteigerungen.
Weltweiter Zinssenkungs-Modus
Schon im Vorfeld der neuen Zinssenkung ist die Inflation in der Türkei tatsächlich weiter zurückgegangen als erwartet. Ob das ein später Effekt der hohen Leitzinsen oder ein direktes Ergebnis ihrer Senkung ist, darüber streiten sich Experten und Journalisten.
Nach dem Zinsentscheid der türkischen Notenbank zog die Währung des Landes an. Der Dollar fiel im Gegenzug diesen Donnerstag auf 5,6801 von zuvor 5,7553 Lira und der Euro verbilligte sich auf 6,2722 von 6,3508 Lira. Bei türkischen Staatsanleihen griffen Investoren ebenfalls zu. Dies drückte die Rendite der bis 2030 laufenden Titel auf 7,077 von 7,156 Prozent und diejenige der 2045 auslaufenden Papiere auf 7,338 von 7,405 Prozent.
Hinzu kommt allerdings, dass die Türkei von globalen Entwicklungen profitiert. Notenbanken weltweit sind derzeit schließlich wieder im Zinssenkungs-Modus angekommen, um globalen Rezessionsängsten zu begegnen. Schwellenländer wie die Türkei müssen darauf reagieren – auch, weil sie wissen, dass internationale Investoren jetzt wieder weltweit auf die Suche nach rentablen Anlagen gehen.
Ein weiterer Grund ist die heimische Wirtschaft. Erdogan hofft seinem Credo entsprechend, mit niedrigeren Zinsen die Kreditnachfrage und damit das Wirtschaftswachstum anzukurbeln. Studien deuten allerdings darauf hin, dass in der Türkei diesbezüglich eine gewisse Sättigung einsetzt. Denn die Wirkung des Wachstums auf Pump verpufft allmählich.
Dafür profitiert die Türkei auf einem anderen Feld. Die hiesige Wirtschaft leidet zwar unter Handelskriegen und politischen Konflikten. Doch die Tatsache, dass andere Schwellenländer wie Argentinien, Russland oder – relativ gesehen – auch China derzeit mit noch größeren Problemen zu kämpfen haben, kommt der Türkei zugute. Dort sind viele Investoren die vorherrschenden Probleme längst gewöhnt. Gleichzeitig sind auch Anleihen in dem Land immer noch gut verzinst.
Angesichts weltweit drohender Rezessionen steht die Türkei also derzeit gar nicht so schlecht da, auch wenn der Anschein ein anderer sein mag. Anleger sind sich dessen bewusst und greifen zu, wie der recht feste Lira-Kurs zeigt.
Die Wette lohnt sich für internationale Investoren so lange, wie die Währung des Landes stabil bleibt und den ausländischen Anlegern damit die Rendite sichert. Daran dürfte Notenbankchef Uysal in Zukunft gemessen werden.
Mit Agenturmaterial.
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