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Geldpolitik Warum sich die EZB ein Inflationsziel setzt

Die EZB hat angekündigt, ihre Strategie zu überprüfen – das hat sie zuletzt vor 17 Jahren gemacht. Dabei geht es vor allem um das Inflationsziel. Die Gründe auf einen Blick.
23.01.2020 - 11:01 Uhr 5 Kommentare
Die Notenbank will ihre Strategie überprüfen. Quelle: dpa
EZB

Die Notenbank will ihre Strategie überprüfen.

(Foto: dpa)

Frankfurt Man hat sich daran gewöhnt: Die wichtigsten Notenbanken begründen ihre geldpolitischen Schritte auch damit, eine präzise Inflationsrate erreichen zu wollen. Weitgehend üblich sind zwei Prozent, in einigen Ländern liegt sie etwas höher. Doch das war nicht immer so. Viele Jahre lang haben Notenbanken Geldpolitik betrieben, ohne dabei ein offizielles Inflationsziel anzugeben. Geändert hat sich das erst in den 1990er-Jahren.

Die heute üblichen zwei Prozent beruhen dabei nicht auf exakten Berechnungen. Die Idee ist, das Ziel einerseits nicht zu hoch anzusetzen. Zugleich möchten die Geldpolitiker aber einen ausreichenden Abstand zu einer Inflationsrate von null Prozent einhalten. So möchten sie verhindern, dass die Inflation unter die Nullmarke rutscht, sich also in eine Deflation verwandelt. Denn Deflation gilt erstens als Gefahr für die Konjunktur.

Zweitens ist es bei sinkenden Preisen schwieriger, Branchen, die unter Druck stehen, über Lohnanpassungen zu stabilisieren. Würde man etwa eine Nullrunde bei den Gehältern vereinbaren, wäre das bei zwei Prozent Inflation eine reale Lohnsenkung von zwei Prozent. Wollten die Unternehmen ökonomisch dasselbe bei null Prozent Inflation erreichen, müssten sie es durchsetzen, ihre Löhne um zwei Prozent zu kürzen.

Statt eines klaren Ziels formulierte die EZB zunächst eine Obergrenze von zwei Prozent für die Inflation. Um den Abstand zu der Nulllinie zu verdeutlichen, wurde diese Obergrenze umgewandelt, in die bis heute gültige Formulierung „nahe zu, aber unter zwei Prozent“. Anders gesagt: knapp zwei Prozent.

Seit knapp einem Jahr betonen EZB-Politiker immer öfter, dass das Ziel „symmetrisch“ sei. Gemeint ist damit, dass eine zu niedrige Inflation genauso bekämpft wird wie eine zu hohe Inflation. Um diese Symmetrie deutlicher zu machen, wäre es einfacher, wie etwa in den USA, zwei Prozent als Ziel anzugeben. Doch auch in Amerika missverstehen viele Bürger die zwei Prozent immer noch als Obergrenze, statt als symmetrisches Ziel.

Die Alternative zu einem einzigen Ziel ist eine Spanne. Die Notenbank von Australien etwa strebt an, die Inflation zwischen zwei und drei Prozent zu halten. Das ist in gewissem Grad realistischer als ein Punktziel, das ohnehin kaum genau zu treffen ist. Es bringt auf der anderen Seite jedoch die Absicht der Notenbank nicht so klar zum Ausdruck wie ein Punktziel.

In den USA gibt es eine noch kompliziertere Diskussion. Dort wird überlegt, nach einer Phase zu niedriger Inflation höhere Preissteigerungen zuzulassen, um im Durchschnitt wieder bei zwei Prozent zu landen. Man spricht auch von einem Nachholprinzip: Was vorher an Preissteigerung versäumt wurde, wird später nachgeholt. Das kommt heute, nachdem die Inflation schon lange zu niedrig liegt, einer weichen Geldpolitik mit künftig höherer Inflation gleich.

Es gibt von diesem Nachholprinzip weitere Varianten. Zum Beispiel den Vorschlag, nur sehr niedrige Inflationswerte später „nachzuholen“ und daraufhin frühere Werte wieder zu ignorieren. Zum Beispiel den Vorschlag, nur nach einer Phase sehr niedriger Inflation Abweichungen zuzulassen, bei Preissteigerungen nahe zwei Prozent dagegen das Ziel wieder enger zu definieren.

Konservative Kritiker der EZB, etwa ihr früherer Chefvolkswirt Otmar Issing, fordern, weniger Angst vor einer niedrigen Inflation oder einem vorübergehenden Abrutschen in die Deflation zu haben. Doch bei den meisten heutigen Notenbankern ist die Abneigung gegenüber einer möglichen Deflation sehr groß.

Mehr: Der Leitzins im Euro-Raum bleibt auf dem Rekordtief von null Prozent. Zudem will die EZB ihre geldpolitische Strategie überprüfen.

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5 Kommentare zu "Geldpolitik: Warum sich die EZB ein Inflationsziel setzt"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Der Artikel offenbart in schöner Ehrlichkeit, worum es wirklich geht: Umverteilung von geldwert- und lohnabhängigen zu Produktionsmittel und Sachwertbesitzern, ohne dass es zu sehr auffällt.

    Worüber der Artikel sich ausschweigt, sind die schweren Nebenwirkungen eines an sich (noch) nicht hohen "Infaltionszieles" von 2%. Eine davon: es kann hervorrragend als Vorwand genutzt werden um Masstricht-Vertrags widrige maßlose Staatsfinanzierung mit der Notenpresse zu rechtfertigen. Denn solange die Gütermärkte nicht monopolisiert sind und auch keine Lohn-Presispirale in Gang kommt, wirkt das gedruckte (Falsch-)Geld nur auf den Assetmärkten infaltionär, die die Masstricht-Vertragsbrecher aber nicht in ihrer "Messung" der Infaltionsrate berücksichtigen.

    Im übrigen ist eine pauschale Infaltionsrate sowieso Quatsch. Bei Technik z.B. fallen seit Jahren die Preise ohne dass Unternehmen zusammenbrechen. Bei den Assets liegt die Infaltionsrate schon deutlich über 2% mit massiven Auswirkungen auf den Wohlstand der kleinen Leute, die sich z.B. in Berlin von normalen Einkommen kein Haus mehr leisten können.

    Fazit: unsere Eliten werfen schöne Nebelkerzen, das dumme Volk tanzt (noch) nach der Pfeife des regierigen nackten Kaisers und der Handelsblatt Artikel setzt sich schön sachlich mit dessen neuesten Kleidern auseinander. Chapeau!

  • @ Arnd Stricker
    "Es wäre gut, wenn sich die Zentralbanken wieder auf die Stabilität der Währung konzentrieren und nicht den universellen Krisenverhinderer spielen würden."

    "Geldwertstabilität" kann es in einem Schuldgeldsystem nicht geben. Hätte man einen Goldstandard wie früher, dann hätte man eine "natürliche" Inflation (= Ausweitung des Geldangebotes) von ca. 3% per anno. Diese ca. 3% entsprechen dem jährlichen Minen-Output (der dem bestehenden Geldangebot hinzugefügt wird; Gold wird nämlich nicht "vernichtet").
    Mit ihrem Schuldgeld "gelingt" den Geld- und Zinsklempnern bei den Zentralbanken also weder eine "natürliche" Inflation von ca 3%, sondern sie sind zunehmend auch noch vom "Lender of Last Resort" zum "Dealer of Last Resort" geworden". Der "Lender of Last Resort" müssen sie wegen des verheerenden Fractional Reserve Banking sein (Teilreservebankwesen), die die - systemrelevanten!! - Geschäftsbanken stützen, wenn diese Liquiditätsprobleme bekommen - siehe aktuell den US-Repo-Markt: ohne Drogeninjektion durch die Fed wären dort in den letzten Monaten wohl schon Geschäftsbanken, die sich bei der Finanzierung gegenseitig nicht mehr über den Weg trauen, gecrasht. Zunehmend wird die Zentralbank also (überall) zu einer BAD BANK:
    "Die Zentralbankbilanz stand einst für die Deckung einer Währung, heute ist sie die "Bad bank" des ganzen Währungsraums, das Auffanglager aufgekaufter Papiere, entweder um den Kurs der Papiere zu stützen (EZB) oder den Kurs der Währung zu schwächen (SNB). Entsprechend werden die Zentralbankbilnazen aufgebläht wie Ballons. (Rahim Taghizadegan: Geld her oder es kracht!, Granz & Wien 2019, S. 55f.)

  • Mrs. Lagarde is completely wrong with her low interest rate policy. The bond market is as important as the stock market. If rates are too low for long it is impossible to get out of this policy like what happened in Japan since 10 years. The savers, life insurance companies and banks get severly damages. Please send this message to Mrs. Lagarde. Dr. jur Heinz L Gundlach

  • Hier sind wieder die Schuldenjongleure am Werk. Was soll denn ein Nachholen von Inflation bewirken ? Eine in Gang gekommene Inflation lässt sich nur schwer wieder in den Griff bekommen. Dazu muss man nicht nach Südamerika blicken, Ende der 70er /Anfang der 80 er war insbesondere in den USA eine solche Zeit. Außerdem verhindert eine höhere Inflation in der Vergangenheit keine Deflation in der Zukunft, zumal auch in den letzten Jahren diese Deflationsszenarien deutlich überstrapaziert wurden. Am Ende öffnet man (wie mit anderen Theorien (Modern Money Theory)) nur die Möglichkeiten, exzessiven Schuldenaufbau irgendwie kurzfristig finanzierbar zu halten, sei es durch Negativzinsen, Finanzierung durch die Notenpresse oder durch höhere Inflation mit negativen Realzinsen. Solche Experimente des vermeintlich schmerz- und krisenfreien Wirtschaftens gab es in der Geschichte oft. Alle diese Versuche endeten mit einem gr0ßen Knall, der umso heftiger war, je länger solche Experimente gut gingen . Es wäre gut, wenn sich die Zentralbanken wieder auf die Stabilität der Währung konzentrieren und nicht den universellen Krisenverhinderer spielen würden

  • Die Geld- und Zinsklempner bei der EZB verstehen ganz offensichtlich ihre(!!) Welt nicht mehr. Was hat man nun erreicht mit der Nullzinspolitik??
    https://www.finanzen.net/devisen/dollarkurs
    Langfristig ist der EUR von über USD 1,50 (2007) und mittelfristig (seit Anfang 2018) von USD 1,25 auf aktuell ca. USD 1,10 abgesoffen!!
    Die europäische Neo-Lira, genannt Euro, müsste aber gemäß den Ideologen gerade die deutsche Exportwirtschaft massiv beflügeln, und nicht die USA mit höheren Leitzinsen und QE-verwässertem USD dürften prosperieren! Aber nix Vorteil Euro-Zone (oder auch nur BRD) gegenüber Amiland!
    Und warum? Weil nicht nur die EZB-"Geldpolitik" katastrophal ist, sondern die Wirtschaftspolitik in der EU noch viel katastrophaler. Dort, wo Bürokratie, - Klima- und Regulierungsirrsinn herrscht, wird eben NICHT investiert - selbst die windelweiche europäische Neo-Lira nützt da nix mehr!

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