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Dunkle Wolken über New York

Die hohe Verschuldung amerikanischer Firmen wird zur Gefahr für die Weltwirtschaft.

(Foto: Reuters)

Globale Schuldenkrise von Unternehmen Angst vor dem nächsten Finanz-Crash wächst

66 Billionen Dollar Schulden haben Unternehmen weltweit angehäuft. Sollte das Wirtschaftswachstum nachlassen, droht diese Schuldenblase zu platzen. Experten warnen vor dem Ausbruch einer neuen Finanzkrise.
13.05.2018 - 18:39 Uhr 2 Kommentare

Frankfurt, Düsseldorf Vor zehn Jahren kam es zum großen Knall: Der geplatzten Spekulationsblase am US-Immobilienmarkt folgte die größte Finanzkrise aller Zeiten. Davon hat sich die Weltwirtschaft mittlerweile erholt. Doch die Geschichte könnte sich wiederholen.

Die Banker der Wall Street, die ihr Geld mit der Platzierung neuer Anleihen verdienen, können ihre Freude kaum verhehlen. Woher ihre Euphorie rührt? Der Markt boomt – und entsprechend üppig sind die Gebühren, die Banken ihren Kunden in Rechnung stellen. Stattliche 23,3 Milliarden Dollar kassierten sie im vergangenen Jahr weltweit für die Platzierung von neuen Anleihen – so viel wie nie zuvor.

Höhere Schulden als vor der Finanzkrise

Doch was die Investmentbanker freut, bereitet Investoren wie Ökonomen gleichermaßen Sorgen: Viele neue Anleihen und Kredite bedeuten nämlich auch viele neue Schulden. Und wenn der Boom endet, könnten Investoren hohe Verluste erleiden.

Inzwischen haben Staaten und der Privatsektor weltweit mehr Schulden angehäuft als vor der Finanzkrise. Laut dem Internationalen Währungsfonds (IWF) liegen sie bei gigantischen 164 Billionen Dollar, was 225 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung entspricht.

Die Überschuldung ist das Ergebnis der ultralockeren Geldpolitik der Notenbanken. Fast eine Dekade haben Zentralbanken wie die US-Notenbank Fed und die Europäische Zentralbank die Zinsen nahe null gehalten, als Folge waren Kredite billig wie nie.

Jetzt wächst die Sorge vor den Folgen eines Entzugs, denn die Währungshüter in den USA haben angefangen, den Leitzins wieder nach oben zu schrauben. Die größten Bedenken haben die Experten wegen der Verschuldung der Firmen – gerade in den USA und China.

Eine deutliche Warnung kommt von Greg Lippmann. Der Ex-Deutsche-Bank-Händler hatte in der Finanzkrise mit seinem Wetten gegen US-Ramsch-Hypothekenpapiere ein Vermögen verdient. Er ist überzeugt, dass schon der nächste Crash ansteht: „Die nächste Krise wird von der Verschuldung der Unternehmen ausgelöst“, sagt Lippmann, der heute einen Hedgefonds verwaltet.

Auch Scott Minerd, Anlagechef beim US-Vermögensverwalter Guggenheim Partners, ist alarmiert: „Das Explosionszentrum für die nächste Rezession wird der überschuldete Unternehmenssektor sein“, warnt er.

Die wachsende Verschuldung der Unternehmen könnte eine fatale Spirale in Gang setzen. Steigen die Zinsen rasch, müssten die Unternehmen plötzlich viel mehr Geld für ihre Schulden bezahlen. Nicht alle werden dazu in der Lage sein, die Ausfallrate bei Krediten und Anleihen würde deutlich steigen.

Andere Unternehmen müssten zumindest die Kosten senken, um die höheren Zinsen bezahlen zu können, betont Scott Minerd. Die Folge: „Entlassungen werden sich am Arbeitsmarkt niederschlagen, reduzierte Investitionen werden sich direkt auf das Wirtschaftswachstum auswirken – und all dies wird die Wahrscheinlichkeit einer Rezession erhöhen.“

Firmen unter Druck

Ein Horrorszenario – das bald Realität werden könnte. Die US-Notenbank hat den Leitzins seit Ende 2015 sechsmal erhöht, ein Aussetzen der Zinserhöhungen ist nicht abzusehen. Das spiegelt sich am Kapitalmarkt wider: Die Rendite von US-Staatsanleihen mit zwei Jahren Laufzeit ist mit 2,5 Prozent auf den höchsten Stand seit über zehn Jahren geklettert. Seit der ersten Zinserhöhung der US-Notenbank hat sie sich mehr als vervierfacht.

Die Rendite der zehnjährigen US-Staatsanleihen – des weltweit wichtigsten Barometers für Zinsentwicklung an den Märkten – hat im April mit dem Sprung über drei Prozent den höchsten Stand seit mehr als vier Jahren erreicht. Seither pendelt sie um diese Marke.

Das belastet die Unternehmen schon jetzt. Konzerne – gerade in den USA – müssen für die Fremdkapitalaufnahme mehr zahlen. Das zeigt, dass die Investoren langsam nervös werden. Auch die jüngste globale Fondsmanagerumfrage der US-Großbank Merrill Lynch  belegt dies: Mit 41 Prozent glaubten so viele der Befragten wie noch nie, dass die Unternehmen überschuldet sind.

Für ihre Skepsis haben die Investoren gute Gründe. Laut Ratingagentur Standard & Poor’s (S&P) sind mehr als ein Viertel der US-Unternehmen „stark fremdfinanziert“ mit einer Verschuldung, die mindestens fünfmal höher ist als der Gewinn. Weltweit ist dieser Anteil – vor allem wegen Unternehmen aus China – sogar auf 37 Prozent gestiegen und liegt damit höher als kurz vor Ausbruch der Finanzkrise im Jahr 2007.

Insgesamt haben Unternehmen weltweit nach Berechnungen der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich Anleihen und Kredite für zusammen mehr als 66 Billionen Dollar ausstehen.

Risiken in China

Die Schulden der chinesischen Unternehmen haben mit rund 20 Billionen Dollar inzwischen gut 160 Prozent des chinesischen Bruttoinlandsprodukts erreicht. Seit 2007, dem Jahr vor Ausbruch der Finanzkrise, haben die Firmen des Landes ihre Verbindlichkeiten mehr als vervierfacht.

„Die Finanzprobleme in China sind ernst zu nehmen“, sagt David Dollar vom Thinktank Brookings, der lange Zeit bei der Weltbank Landeschef für China war. So wurde der zweitgrößte Versicherer des Landes, Anbang, unter staatliche Zwangsverwaltung gestellt, weil die Zahlungsfähigkeit „ernsthaft gefährdet“ ist, wie Chinas Aufsicht verkündete.

Die stark zunehmende Verschuldung der Unternehmen verstärkt sich durch die wachsende Bedeutung der Kreditfonds – im angelsächsischen als Debt Funds bezeichnet. Laut einer Studie der Solutio AG und des CFin – Research Centers der Steinbeis Hochschule Berlin stiegen die von Profianlegern investierten Mittel in solche privaten Kreditfonds bis Ende 2018 global auf 755 Milliarden Dollar – im Jahr 2010 waren es nur 331 Milliarden Dollar gewesen.

Einige Beobachter glauben, dass es mit den Kreditfonds auch für weniger gut gemanagte Unternehmen leichter wird, eine Fremdfinanzierung zu bekommen. So auch Rainer Langel, Europachef Fusionsberatung und Unternehmensfinanzierung bei der Investmentbank Macquarie: „Ein Faktor, der das hohe und aggressive Kreditangebot verursacht, ist der zunehmende Wettbewerb, der aus neuen Finanzierungsquellen wie Debt Funds resultiert.“

Bisher konzentrierte sich der Siegeszug der Kreditfonds auf die angelsächsischen Märkte, in Deutschland spielten sie in der Vergangenheit kaum eine Rolle. Doch das ändert sich. Anbieter wie Robus Capital, Yielco oder Rantum sind laut der CFin-Studie mit Fonds im dreistelligen Millionenbereich unterwegs. Profianleger schätzen die vergleichsweise hohen Renditen.

Die Verlustquoten, gemessen am investierten Kapital, liegen in den USA aktuell bei acht Prozent und bei 6,8 Prozent in Europa. Kein ganz niedriger Wert. Die Ausfallraten werden tendenziell steigen, wenn eine restriktivere Geldpolitik der Notenbanken die Kreditaufnahme erschwert.

Die Kreditfonds sind vor allem in den USA dafür mitverantwortlich, dass bei Firmenkäufen viele Schulden gemacht werden. Der Boom bei Fusionen und Übernahmen treibt die Bewertungen für die Unternehmen nach oben, gleichzeitig werden im Schnitt 50 bis 60 Prozent der Kaufpreise mit Krediten finanziert. „Wir sind auch hier wieder auf dem Niveau vor der Finanzkrise 2008“, sagt ein Unternehmensberater in Frankfurt.

Immer mehr „Zombiefirmen“

Die hohe Verschuldung ist auch für S&P ein „bedeutendes Kreditrisiko“. Ein deutlicher Anstieg der Refinanzierungskosten könnte die nächste große Ausfallwelle verursachen, glauben die Bonitätsprüfer. Noch sind die Ausfallraten in den USA niedrig. Bislang stützen die vergleichsweise niedrigen Zinsen und gestiegenen Gewinne die Unternehmen.

Gesund ist das nicht. Günstige Kredite erhalten die schwachen Firmen am Leben. „Es gibt mehr Zombiefirmen – Unternehmen, deren Zinskosten über zwei Jahre höher sind als ihr operativer Gewinn“, erklärt Dirk Steffen, leitender Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden bei der Deutschen Bank. An den globalen Aktienmärkten sei immerhin jede 50. Firma ein „Zombie“, der Anteil sei dreimal so hoch wie 1996.

Das alles erklärt die Ängste davor, dass die niedrigen Zinsen als Stütze der hochverschuldeten Firmen wegbrechen. Die Weltwirtschaft wächst zwar noch, hat ihren Zenit aber wohl überschritten. Die gestiegenen Zinsen, der wieder stärkere US-Dollar und der höhere Ölpreis dämpfen laut Ökonomen die US-Wirtschaft.

Auch Frühindikatoren wie die nationalen Einkaufsmanagerindizes in den USA gingen zurück. Deshalb fordert der IWF die Notenbanken – vor allem die Fed – auf, das Tempo bei der Normalisierung der Geldpolitik nicht zu überziehen und Änderungen frühzeitig zu kommunizieren.

Doch werden die Notenbanken dies auch machen? Spekulative Investoren glauben nicht daran. Sie stellen sich darauf ein, dass eine Rezession mit Firmenzusammenbrüchen wahrscheinlicher wird, und wollen genau daraus Kapital schlagen.

Es gibt einen regelrechten Run auf sogenannte „Distressed Funds“, die in stark gefallene Papiere oder ausfallgefährdete Kredite notleidender Firmen investieren, um sie später mit Gewinn wieder zu verkaufen. Laut dem Branchendienst Preqin waren diese speziellen Fonds in den ersten drei Monaten mit einem Anteil von 52 Prozent am meisten gefragt, wenn es um die Zusage neuer Gelder für Kreditfonds ging.

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2 Kommentare zu "Globale Schuldenkrise von Unternehmen: Angst vor dem nächsten Finanz-Crash wächst"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • ich stimme der frau Kah zu, allerdings sollte sie bedenken, daß niemand eine kristallkugel besitzt und jeder selbst für sich abschätzen und entscheiden muß, welche der möglichen Entwicklungen überwiegt und sich durchsetzt.

  • Sehr geehrte Damen und Herren Redakteure,

    wenn Sie erlauben, würde ich gerne mit einem Scherz beginnen. Danach gibt es viele Möglichkeiten, einen Anleger fertig zu machen und ihm sein Vermögen zu rauben: Zum Beispiel Alkohol, Weiber, Drogen. Und natürlich selbsternannte crash-Propheten.

    Dazu zählen Sie sicher nicht. Die Nationalökonomen wissen seit 250 Jahren, dass es in kapitalistischen Wirtschaftssystemen keine stetigen Aufwärtsentwicklungen gibt. Die Erfahrung lehrt, dass auf einige Jahre des Aufschwungs stets Phasen des Abschwungs folgen. Die Nationalökonomen nennen diese Wellenbewegungen "Konjunktur".

    Doch zu Ihrem Artikel. Sie präsentieren eine sehr vernünftige Arbeitshypothese: Gut möglich, dass die hohe Verschuldung der Firmen die nächste Abwärtsbewegung verstärkt und verlängert, dass wir deshalb den nächsten Abschwung besonders fürchten müssen.

    Aber diese Information ist so allgemein gehalten und steht so isoliert von vielen anderen Informationen im Raum, dass der Anleger nichts damit nichts anfangen kann. Auch die hochverehrten Handelsblatt-Redakteure wagen ihm nicht zu raten. Oder habe ich vielleicht überlesen, dass der Anleger seine Bestände an Aktien und Anleihen sofort verkaufen und stattdessen nur noch cash, Gold und short-Produkte halten soll?

    Und damit sind wir bei meiner ewigen Kritik an Ihrem Blatt. Es hat Fachleute für alle Anlageklassen. Aber für das Thema "asset allocation", das für den Anlageerfolg kriegsentscheidend ist, scheint niemand zuständig zu sein.

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