Krisenfinanzierung EZB-Vertreter sympathisieren mit Corona-Anleihen

Die EZB-Präsidentin hat am Dienstag an einer Videokonferenz der Euro-Finanzminister teilgenommen.
Frankfurt In der Europäischen Zentralbank (EZB) gibt es Unterstützung für den Vorschlag, gemeinsame Bonds der Euro-Länder aufzulegen, um mit dem Geld die Coronakrise zu bekämpfen. Notenbankchefin Christine Lagarde hatte dies am Dienstag den Finanzministern in einer Videokonferenz nahegelegt; darüber hatten zunächst die Agenturen Bloomberg und Reuters berichtet. Offiziell nimmt die Notenbank aber keine Stellung.
Die Idee solcher Anleihen ist, dass sich Länder mit starker Kreditwürdigkeit wie Deutschland mit Ländern mit schwächerer Bonität zusammentun und gemeinsame Anleihen ausgeben. Dadurch sollen die Zinsen insgesamt niedriger ausfallen, weil Investoren einen geringeren Risikoaufschlag verlangen.
Zuvor hatte sich bereits EZB-Direktorin Isabel Schnabel in einem Interview wohlwollend geäußert. Gemeinsame Krisen-Anleihen könnten helfen, hatte sie in einem Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“ gesagt. „Es kann einem Land nicht egal sein, was in einem anderen europäischen Land passiert – nicht nur aus Solidarität, sondern auch aus ökonomischen Gründen.“ Es gebe verschiedene Vorschläge, etwa den europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) stärker zu nutzen, die Europäische Investitionsbank (EIB) oder die Ausgabe einmaliger Corona-Anleihen.
Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat sich dazu bisher nicht geäußert. In der Vergangenheit aber hat er gesagt, dass er sich eine gemeinsame europäische Finanzierung fest definierter Aufgaben vorstellen kann.
Starkes Signal
Obwohl der EZB-Rat keine offizielle Position zu dem Thema hat, gibt es in der Notenbank viel Sympathie dafür. Befürworter verweisen auf technische Argumente, die für einen solchen Vorschlag sprechen. So hätte dies aus ihrer Sicht einen starken Signaleffekt für die Märkte, dass die Euro-Staaten in der Krise zusammenstehen. Dies könnte verhindern, dass die Anleihezinsen für einzelne Länder in der Krise zu stark auseinanderlaufen.
Außerdem würde damit ein sicheres Wertpapier für den Euro-Raum geschaffen, das viele Ökonomen schon lange fordern. Anders als etwa in den USA gibt es im Euro-Raum nur vergleichsweise wenige als besonders sicher geltende Anleihen, wie deutsche Bundesanleihen. Solche Wertpapiere sind aber wichtig, weil zum Beispiel Banken sie als Sicherheiten brauchen.
Zudem würde es auch weniger Probleme mit den selbst gesteckten Grenzen der EZB für die Anleihekäufe geben. Nach ihren eigenen Regeln darf sie nicht mehr als ein Drittel der ausstehenden Anleihen eines Landes kaufen. Corona-Anleihen könnten hingegen von der EU-Kommission oder der EIB begeben werden. Für die Anleihen europäischer Institutionen gilt eine Grenze von 50 Prozent. Die EZB würde also Spielraum gewinnen.
Nicht nur in Notenbankkreisen, auch auf Regierungsebene gibt es in den Euro-Ländern viele Befürworter gemeinsamer Anleihen. In einem gemeinsamen Schreiben fordern dies die Staats- und Regierungschefs von Frankreich, Italien und Spanien sowie von sechs weiteren EU-Ländern.
„Wir müssen an einem gemeinsamen Schuldtitel arbeiten, der von einer europäischen Institution ausgegeben wird“, zitierte die Agentur Reuters aus dem Brief an den Präsidenten des Europäischen Rates, Charles Michel. Die Staats- und Regierungschefs der EU wollen am Donnerstag zum Thema Coronavirus beraten. Minister der Euro-Staaten hatten sich bei Beratungen am Dienstag nicht auf eine gemeinsame Ausgabe von Anleihen einigen können. Jan Mallien
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