Notenbanksitzung EZB-Präsidentin Lagarde stellt klar: Corona-Nothilfen sollen im März 2022 enden
Lagarde äußert sich auf der Pressekonferenz zur Ratssitzung so deutlich wie nie zum Kaufprogramm. Auch zu Zinserhöhungen gibt es Neuigkeiten. Der Newsblog zum Nachlesen
Damit wird die nächste EZB-Ratssitzung am 16. Dezember umso wichtiger. Bis dahin erfahren sie auf handelsblatt.com und in der Handelsblatt-App alle Neuigkeiten zum geldpolitischen Geschehen. Heute Abend folgt beispielsweise schon die Analyse zur heutigen EZB-Sitzung.
Ein Journalist will wissen, ob die EZB eine Reform ihrer Stimmrechte plant. Bislang hat jedes Mitgliedland, unabhängig von Größe oder Wirtschaftskraft, eine Stimme.
Wer die aussichtsreichsten Nachfolgekandidaten von Weidemann sind, können Sie übrigens hier nachlesen:
28.10.2021 - 14:30 Uhr
2 Kommentare
- Die EZB hält trotz der rasant steigenden Verbraucherpreise an ihrer expansiven Geldpolitik fest.
- Auf der Pressekonferenz stellt EZB-Chefin Christine Lagarde so deutlich wie nie klar, dass das Anleihekaufprogramm im März 2022 enden wird.
- Zugleich tritt Lagarde Spekulationen über eine Zinserhöhung im nächsten Jahr entgegen.
Sehen Sie hier noch einmal die Pressekonferenz mit EZB-Präsidentin Christine Lagarde in voller Länge:
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Insgesamt klang Lagarde heute vorsichtiger mit Blick auf die Inflation und baut schon für den Fall vor, dass die höheren Preisanstiege noch länger anhalten. Klar war sie in puncto Nothilfen: Das PEPP-Programm soll Ende März 2022 auslaufen. Außerdem hat sie sehr deutlich gemacht, dass sie nicht mit einer Zinserhöhung im kommenden Jahr rechnet.
Immer wieder bekommt die EZB-Chefin Fragen zu den Markterwartungen hinsichtlich einer Zinserhöhung 2022. Neues erzählt sie dazu aber nicht. Damit ist die Pressekonferenz beendet.
Lagarde verneint das. Schiebt dann aber nach, dass manche Länder für die geldpolitische Entwicklung wichtiger und aktiver an der Entscheidungsfindung beteiligt seien.
Christine Lagarde deutet ein weiteres Element der Entscheidung im Dezember an. Ende des Jahres läuft eine Serie besonders günstiger Langfristkredite für die Banken im Euro-Raum aus. Unter bestimmten Bedingungen bekommen die Kreditinstitute dabei sogar eine finanzielle Prämie, wenn sie sich Geld leihen. Laut der EZB-Präsidentin werden die Kredite nicht abrupt auslaufen. Man wolle einen Klippeneffekt vermeiden.
Lagarde wird auch wie erwartet auf den bevorstehenden Abgang von Bundesbank-Präsidenten Jens Weidmann angesprochen. Sie habe eine exzellente Arbeitsbeziehung mit ihm gehabt. „Ich bedaure, dass er geht und habe die Arbeit mit ihm genossen.“
Die heutige Pressekonferenz findet übrigens erneut per Video statt. Lagarde hofft, dass die erste Pressekonferenz im neuen Jahr wieder unter physischer Präsenz der Journalisten stattfindet. Das letzte Mal war dies im März 2020 der Fall.
Zum Thema Inflation sagt Lagarde, die EZB werde sehr aufmerksam auf die Lohnentwicklung schauen. „Das wird entscheidend sein für unsere Prognose, dass der Inflationsanstieg nur vorübergehend ist."
Auf Basis der aktuellen Daten gibt es aus ihrer Sicht aber keinen Grund anzunehmen, dass die Löhne nachhaltig stärker steigen und es so genannte Zweitrundeneffekte gibt. Letzteres wäre dann der Fall, wenn die Tarifpartner wegen gestiegener Inflationserwartungen höhere Lohnabschlüsse vereinbaren.
Auf Nachfrage äußert sich Lagarde sagt so deutlich wie nie, dass sie das Pandemie-Kaufprogramm PEPP im März 2022 beenden will: "PEPP wird meiner Meinung nach im März 2022 enden."
PEPP ist ein besonders flexibles Kaufprogramm und beläuft sich auf 1,85 Billionen Euro. Eigentlich ist es bis Ende März 2022 befristet, allerdings war bislang offen, ob es dann auch tatsächlich enden wird.
Die EZB-Chefin bestätigt, dass die Notenbank das Kauftempo im Krisenprogramm PEPP im vierten Quartal reduzieren will. Das hatte sie bereits im September angekündigt. Bislang hat sich das Kauftempo in den vergangenen Wochen aber kaum vermindert.
Lagarde tritt den Marktspekulationen über eine Zinserhöhung im nächsten Jahr entgegen. Die Geldmärkte haben zuletzt bereits einen solchen Schritt für Dezember 2022 eingepreist. Dazu die EZB-Chefin: „Die Bedingungen für eine Zinserhöhung werden wahrscheinlich nicht in dem Zeitrahmen erreicht, den der Markt erwartet.“
In der anschließenden Fragerunde wird Lagarde gefragt, welches denn das wichtigste Thema auf der Sitzung gewesen sei. Vor der Sitzung sei erwartet worden, dass die Inflation das wichtigste Thema werde. Lagarde antwortet: „Wir haben über Inflation, gesprochen, Inflation, Inflation."
Interessant ist nicht nur was Lagarde sagt, sondern auch was sie nicht sagt. EZB-Experte Frederik Ducrozet weist darauf hin, dass dieses Mal im Statement der EZB-Präsidentin ein wichtiger Satz fehlt. Noch im September hatte sie gesagt, der aktuelle Preisanstieg sei temporär und der unterliegende Preisdruck gering. Diese Bemerkung fehlt nun.
Der Euro-Kurs dreht übrigens gegenüber dem Dollar ins Plus, nachdem Lagarde gesagt hat, dass die höhere Inflation länger andauern könnte als bislang erwartet.
Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe ist seit dem Start der Pressekonferenz deutlich gestiegen, von minus 0,1725 Prozent auf bis zu minus 0,1145 Prozent.
Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank, warnt die EZB in einem aktuellen Kommentar zu dem Ergebnis der heutigen Sitzung, die längerfristigen Inflationsrisiken kleinzureden:
„Die EZB dürfte weiter einen großen Teil der Haushaltsdefizite durch den Kauf von Staatsanleihen finanzieren, wodurch zu viel Geld in Umlauf gerät. Auch die Klimapolitik und die in Gang gekommene De-Globalisierung sprechen für steigende Inflationsrisiken. Es wird Zeit, dass die EZB ihre äußerst lockere Geldpolitik beendet."
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Es gibt die Verträge von Maastricht. Da sind klare Grenzen definiert. Es ist ja durchaus bekannt, dass die Verfasser dieser Verträge nicht gerade die Aufrichtigsten waren.
Aber ist die EZB nicht eine der europäischen Institutionen, die diesen Verträgen verpflichtet sind.
Offensichtlich nicht.
Da stellt sich die Frage, ob wir gerade eine "feindliche Übernahme" erleben. Wenn ja - von wem.
Hier muss eingegriffen werden - und zwar pronto.
Rolf Biere
Der Preisanstieg muss vernünftigerweise über zwei Jahre betrachtet werden.