Ökonom Thomas Piketty Ein Star zwischen allen Stühlen

Sein Herz schlägt links, doch viele Linke sind reserviert was seine Thesen angeht.
Frankfurt Wenn sich Thomas Piketty zur Euro-Krise äußert, dann klingt der Franzose nicht viel anders als Paul Krugman, George Soros und andere Angelsachsen, die Deutschland für Knausertum und eine harte Haltung in der Schuldenfrage schelten sowie eine europäische Fiskalunion mit gemeinsamer Schuldenhaftung sehen wollen.
Wenn der Autor des Blockbusters „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ die Formeln aufmalt, mit denen er die Welt erklärt, dann wirkt er wie jeder andere Ökonom des „neoklassischen“ Mainstreams. Wenn der frühere Wirtschaftsberater der sozialistischen Präsidentschaftskandidatin Ségolène Royal und Unterstützer von François Hollande mehr Umverteilung fordert, dann macht er kein Hehl daraus, dass sein Herz links schlägt.
So ist für fast jeden etwas dabei in den Botschaften des Thomas Piketty, und fast jeder, der sich für Wirtschaft und Politik interessiert, hat einen Grund, sein Buch zu kaufen oder darüber zu diskutieren. Die Kehrseite der Medaille: Fast jeder findet in den Rollen, die Piketty einnimmt, mindestens eine, die er ablehnen oder gar hassen kann.
Neues Buch sorgt für Wirbel in konservativen Medien
Seit dem kürzlichen Erscheinen seines Buches „Die Schlacht um den Euro“ ist Piketty in konservativen deutschen Kreisen endgültig unten durch. Die „Welt“ titelte: „Entzauberung des Superstars“, und schrieb: „Von einem Star-Ökonomen seines Ranges erwartet man mehr differenzierte Analyse.“ Die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ titelte zu seinem Buch: „Die Piketty-Masche“, und die „FAZ“ legte mit der Enthüllungsstory nach, dass Piketty die These seines so viel und heiß diskutierten Buches nun in einem Aufsatz relativiert und für aktuell wenig relevant erklärt habe.
Bei dem Aufsatz handelt es sich um die Niederschrift eines Vortrags, den er im Januar gehalten hat. Darin schreibt Piketty, die Differenz von Kapitalertragsrate und Wirtschaftswachstum (r – g) sehe er „nicht als einziges Werkzeug, um die Veränderung von Einkommen und Vermögen im 20. Jahrhundert zu durchdenken oder um die Ungleichheit im 21. Jahrhundert vorherzusagen, ich sehe sie nicht einmal als das wichtigste“. Darin sieht die „FAZ“ einen Schwenk und folgert, er selbst spreche seinen Thesen die Relevanz für die heutige Zeit ab.
Piketty erklärt dazu: „Das stimmt nicht. Sie suchen krampfhaft einen Widerspruch, wo keiner ist. Mein Aufsatz ist nichts anderes als eine Lese-Anleitung für mein Buch, auf das ich darin in fast jedem Absatz hinweise. Es ist also klar, dass es keinen Widerspruch zwischen dem Aufsatz und dem Buch gibt.“
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