„Mit Blick auf das Jahr 2022 wird diese Ankündigung es den Tauben im EZB-Rat also sicherlich leichter machen, zu argumentieren, warum die EZB mit QE (Quantative Easing, lockerer Geldpolitik) weitermachen muss. Aber vielleicht wird ab 2023 die Inflationsrate im Euro-Raum nach oben korrigiert, weil die Wohnkosten in den HVPI-Warenkorb (der Inflationsberechnung)aufgenommen werden - damit wird die politische Debatte viel komplizierter.“
„Letztlich war das viel Lärm um fast nichts.“
„Es ist zu begrüßen, dass der EZB-Rat sich bei seinem neuen Inflationsziel nicht auf einen ausdrücklichen Bezug auf die Durchschnittsinflationsrate eingelassen hat. Dies wäre als klare Ansage verstanden worden, nun erst einmal jahrelang eine Inflation auch weit über zwei Prozent zuzulassen. Gleichwohl bereitet das neue Ziel höheren Inflationsraten den Weg. Weil eine Inflation unter zwei Prozent jetzt als genauso schlecht wie eine Inflation über zwei Prozent gilt, wird es der EZB-Rat noch leichter haben, in den kommenden Jahren eine Fortdauer der extrem lockeren Geldpolitik und der Anleihekäufe zu rechtfertigen. Auch der ausdrückliche Verweis, dass gegebenenfalls für eine Übergangsphase eine moderate Zielüberschreitung hingenommen werden muss, schwächt die Verbindlichkeit des Ziels als Obergrenze weiter ab.
Der Zeitpunkt der Strategieentscheidung ist unglücklich. Just in dem Moment, in dem einige Euro-Staaten in ihrer Finanzierung krisenbedingt vollkommen von den Anleihekäufen der EZB abhängig geworden sind, senkt der EZB-Rat seine langfristigen Ambitionen bei der Inflationsbegrenzung. Das kann als Signal verstanden werden, dass die EZB sogar in ihren Strategieentscheidungen nun schon ängstlich auf die Absicherung hoher Schuldenstände schaut. Der stärkere Einbezug der Wohnungskosten ist hingegen uneingeschränkt zu begrüßen. Denn im Wohnbereich sind in Europa inflationäre Prozesse in Gang gekommen, die den Verbraucher empfindlich treffen, aber noch nicht ausreichend in der Inflationsmessung berücksichtigt waren.“
„Die EZB hat lange geprüft. Im Ergebnis wird die neue Strategie am sehr expansiven Kurs der Geldpolitik vorerst nichts ändern. Das neue symmetrische Inflationsziel gestattet sowohl ein Unterschießen wie auch ein Überschießen des Zielwertes für eine Übergangsphase. Damit gewinnt die Notenbank eine noch größere Flexibilität und muss nicht rasch auf eine höhere Inflationsrate reagieren. Mit der stärkeren Berücksichtigung von Klimafaktoren bei ihrer Beurteilung und ihren Handlungen setzt sich die EZB große Ziele, die in der Praxis nicht einfach umsetzbar sein werden.“
„Mit der Einführung eines symmetrischen Inflationsziels verfügt die EZB über eine größere Flexibilität. Auch in der Instrumentenwahl kann die EZB auf eine Reihe von Maßnahmen, die in der Krise entwickelt wurden, weiterhin zugreifen. Da zudem das Ziel auf zwei Prozent angehoben wurde, kann davon ausgegangen werden, dass die Geldpolitik bis auf weiteres locker bleibt. Zudem gilt es zu berücksichtigen, dass die Inflation als auch die Inflationserwartungen seit Jahren deutlich unterhalb des EZB-Ziels liegen (trotz des jüngsten Anstiegs) und so könnte es auch der Versuch der Währungshüter sein, die Inflationserwartungen dauerhaft auf ein höheres Niveau zu hieven, denn die Erwartungen haben auch Einfluss auf die Preisbildung an den verschiedenen Güter- und Arbeitsmärkten. Aus Sicht der Anleger steigt gleichwohl das Risiko höherer Preissteigerungen angesichts dessen und der Gemengelage aus expansiver Geld- und Fiskalpolitik.“
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