Protestaktion Gleitschirmflieger von Greenpeace landen auf EZB-Zentrale

Greenpeace will mit der Aktion gegen Klimasünder protestieren.
Frankfurt Greenpeace-Aktivisten sind am Mittwoch in einer Protestaktion mit einem Gleitschirm auf dem Eingangsgebäude der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt gelandet. Sie enthüllten dort ein Transparent mit der Aufschrift „Stop Funding Climate Killers“ (Stoppt die Finanzierung von Klimakillern).
Die Aktion wirft einmal mehr ein Schlaglicht auf die Debatte über die Rolle der EZB im Kampf gegen den Klimawandel. Aktuell überprüft die Notenbank ihre Strategie. Notenbankchefin Christine Lagarde will, dass die EZB beim Kampf gegen den Klimawandel aktiver wird. Greenpeace fordert daher weitreichende Änderungen. Innerhalb des EZB-Rats gibt es aber auch skeptische Stimmen, die fürchten, dass man zu hohe Erwartungen weckt. Der Kronberger Kreis, ein Zusammenschluss konservativer Ökonomen aus Deutschland, warnt die Notenbank vor einer Überschreitung ihrer Kompetenzen.
Greenpeace veröffentlichte am Mittwoch gemeinsam mit anderen Kritikern wie der Denkfabrik New Economic Foundation (NEF) eine Studie, wonach 59 Prozent der Unternehmensanleihen, die die EZB von Banken als Sicherheiten akzeptiert, von kohlenstoffintensiven Firmen stammen. Diese tragen demnach aber nur 29 Prozent zur Brutto-Wertschöpfung in der EU bei. Laut der Umweltorganisation stimmten die EZB-Regeln nicht mit den Pariser Klimazielen und dem „Green Deal“ der Europäischen Union überein. Anleihen aus kohlenstoffintensiven Branchen würden sogar als weniger riskant eingestuft im Vergleich zu Papieren von Unternehmen anderer Branchen.
Gleitschirmflieger von Greenpeace protestieren gegen klimaschädliche Geldpolitik
Greenpeace verlangt, dass die EZB die Möglichkeit einschränkt, dass Banken Anleihen kohlenstoffintensiver Unternehmen als Sicherheiten für ihre Refinanzierungsgeschäfte nutzen. In der Studie werden dazu drei verschiedene Modelle skizziert. Eine Variante sieht vor, dass die Abschläge bei den Sicherheiten je nach Klimaschädlichkeit steigen. Die anderen beiden Vorschläge zielen darauf ab, dass Banken Bonds von klimaschädlichen Unternehmen nur noch in bestimmtem Umfang oder gar nicht mehr als Sicherheiten für EZB-Kredite einbringen können.
Ökonomen widersprechen
Der Kronberger Kreis warnt vor einem solchen Schritt. „Das würde eine starke Einschränkung des Sicherheitenrahmens bedeuten“, sagte Volker Wieland, der Professor für Geldpolitik an der Uni Frankfurt ist. „Man sollte nicht bestimmten Unternehmen die Arbeit erschweren.“ Die Entscheidung darüber gehöre in den Bereich der Politik. Wieland erinnerte daran, dass die EZB in der Corona-Pandemie dazu übergegangen ist, mehr Sicherheiten zu akzeptieren, um die Kreditvergabe und die Wirtschaft zu stützen. Aus seiner Sicht würde eine solche Einschränkung der Sicherheiten die Wirksamkeit der Geldpolitik beeinträchtigen. „Das wäre sehr problematisch.“
Wieland und sein Fachkollege Lars Feld von der Universität Freiburg stellten am Mittwoch eine Analyse zur Strategieüberprüfung der EZB vor. Darin argumentieren sie, dass die EZB sich darauf beschränken sollte, Risiken aus dem Klimawandel in der Analyse der Finanzstabilität zu berücksichtigen. Zum Beispiel könnte die EZB laut Wieland mehr Transparenz einfordern, wenn es darum geht, wofür das Geld aus den Anleihen eingesetzt wird. Auch hätten zum Beispiel Entscheidungen wie die Einführung der CO2-Abgabe Auswirkungen auf die Inflation und die wirtschaftliche Entwicklung, die in den Prognosen der EZB und der Geldpolitik berücksichtigt werden müssten.
Wieland warnte aber davor, die Möglichkeiten der EZB zu überschätzen. Ihre Geldpolitik wirke sich vor allem auf die wirtschaftliche Entwicklung und die Inflation aus. Die EZB könne aber nicht den Klimawandel „maßgeblich beeinflussen.“ Das wichtigste Instrument dafür ist aus seiner Sicht ein CO2-Preis, der von der Politik festgesetzt werden muss.
Lars Feld betonte außerdem, dass die EZB mit der Gewährleistung von Preisstabilität bewusst ein sehr eingeschränktes Mandat habe. Da sie von Technokraten geführt wird, die nicht gewählt sind, dürften ihre Aufgaben nicht beliebig auf andere Felder ausgeweitet werden.
Im September sollen Ergebnisse des Strategiechecks vorgestellt werden. Nachdem EZB-Chefin Christine Lagarde das Thema seit Beginn ihrer Amtszeit sehr offensiv angesprochen hat, gehen Beobachter davon aus, dass sie hier spürbare Veränderungen vornehmen wird. Teile des EZB-Rats sehen das relativ kritisch, heißt es im Umfeld. Letztlich könnten aber die Skeptiker mitziehen, auch um Lagardes Autorität zu wahren.
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