„Die EZB wird in den kommenden Monaten keine andere Wahl bleiben, als ihre Anleihekäufe wieder auszuweiten, um den Zinsanstieg im Euroraum zu begrenzen. Nicht nur die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Pandemie, sondern auch das riesige Konjunkturprogramm der neuen US-Regierung sind wichtige Ursachen für die steigenden Zinsen der vergangenen Wochen. Die EZB muss den Anstieg der Zinsen begrenzen, damit die Finanzierungsbedingungen für Unternehmen nach wie vor ausreichend positiv bleiben.“
„Dass die EZB die Flexibilität ihres Ankaufprogramms nutzen möchte, um den Anstieg der Anleiherenditen abzubremsen, ist keine Überraschung. Aber sie hat dies heute deutlicher betont als erwartet. Sollte es in den kommenden Monaten dennoch zu einem nennenswerten Anstieg der Renditen kommen, beispielsweise als Folge deutlich höherer Renditen in den USA, würde dies die Glaubwürdigkeit der EZB auf den Prüfstand stellen.“
„Auf der heutigen EZB-Ratssitzung hat Christine Lagarde deutlich gemacht, dass die Zentralbank bei der Bekämpfung der Pandemie-Folgen äußerst flexibel ist. Aus Sicht der Notenbank bietet das PEPP alle Möglichkeiten bei Bedarf die Anleihekäufe auszuweiten. Deshalb will die EZB das Tempo der Anleihekäufe im kommenden Quartal deutlich erhöhen. Das beruhigt auch die Märkte. Ohne neue, konkrete Beschlüsse vermeidet es die EZB, aktionistisch zu wirken. Lagarde will offensichtlich nicht den Eindruck erwecken, dass die geldpolitischen Entscheidungen durch kurzfristige Marktstimmungen getrieben sind. Die Märkte dürften die Handlungsbereitschaft der EZB in den kommenden Wochen testen. Vor allem die wöchentlichen Daten zu den Anleihekäufen werden ein Gradmesser dafür sein, wie sehr sich die Notenbank einem weiteren Renditeanstieg entgegenstellt.“
„Heute hat EZB-Chefin Christine Lagarde in der Pressekonferenz für klare Verhältnisse gesorgt. Zur Begrenzung des Renditeanstiegs will die Europäische Zentralbank ihr Anleiheankaufprogramm für die nächsten drei Monate forcieren. Diese Linie macht Sinn. Denn nicht jeder Renditeanstieg ist ein geldpolitisches Problem, welches einer scharfen geldpolitischen Antwort mit Langzeitwirkung bedarf. Vor allem angesichts der Tatsache, dass sich die Renditen für Staatsanleihen mit einer Restlaufzeit von zehn Jahren gerade mal um 0,3 Prozentpunkte nach oben bewegt hatten. Hinzu kommt: Die anziehenden Inflationserwartungen verbunden mit einem sich verbessernden Konjunkturausblick sind doch genau der Mix, den sich die EZB-Entscheider schon so lange wünschen.“
„Die EZB will zwar höhere Inflation, aber keine höheren Zinsen. Um den Märkten das beizubringen, muss sie das dort im Aufwind stehende Inflationsnarrativ verbal und mit höheren Anleihekäufen bekämpfen. Dazu dienen Lagardes Versprechungen weiterhin lockerer Finanzbedingungen und die Erhöhung der Anleihekäufe unter PEPP. Im Grunde ist das eine versteckte 'yield curve control', wie sie die Bank von Japan schon lange offen betriebt.“
„Von der Inflationspanik hat sich die EZB nicht anstecken lassen. Ihr Hauptaugenmerk liegt weiter auf günstigen Finanzierungsbedingungen. Dass es die EZB mit deren Durchsetzung ernst meint, zeigt ihr Vorhaben, die PEPP-Käufe deutlich zu steigern. Dies ist als implizite Kontrolle der Zinsstrukturkurve zu verstehen. Dabei agiert die EZB vorbeugend, will sie doch eine Verschlechterung der Finanzierungsbedingungen vermeiden. Es bleibt dabei: Eine Wette gegen die EZB wird sich nicht lohnen. Daran wird auch die noch steigende Inflationsrate nichts ändern. Sie erleichtert es der Notenbank, die allgemeine Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten.“
„Es ist gut, dass sich die Tauben im EZB-Rat dieses Mal noch nicht völlig durchgesetzt haben und der Rat nicht verfrüht eine neuerliche Erhöhung der PEPP-Obergrenze beschlossen hat. Es wäre völlig übertrieben, den Anstieg der Anleiherenditen seit Jahresanfang zu dramatisieren. Man muss dabei auch das Niveau betrachten: Sogar die griechischen 10-Jahres-Zinsen liegen derzeit unter einem Prozent. In realer Betrachtung sind die Renditen aller Euro-Staatsanleihen negativ. Europa verharrt auch bei den Kapitalmarktzinsen daher in einer einzigartigen Niedrigzinssituation. Wer bei diesen Zinsniveaus aus einem Anstieg von 0,3 Prozentpunkten schon ein Problem für die Erholung der Euro-Zone macht, verkennt völlig die Ursachen der Corona-Rezession. Nirgendwo in Europa wird die Erholung derzeit durch zu hohe Zinsen behindert, sondern durch die hartnäckige Pandemie, immer neue Lockdowns und ein enttäuschend langsames Impftempo. Die EZB ist nicht allmächtig und tut gut daran, sich in dieser Phase zurückzuhalten.“
„Die EZB hat die Geldpolitik nicht grundsätzlich verändert. Es bleibt bei der sehr expansiven Ausrichtung. Mit dem Anstieg der Renditen und der Inflationserwartungen besteht allerdings ein gewisser Handlungsdruck und so hat sie die Flexibilität des Pandemie-Notfall-Programms hervorgehoben und beschlossen, im Rahmen dieses Programms die Käufe vorübergehend zu erhöhen. Die EZB ist bestrebt, für günstige Finanzierungsbedingungen zu sorgen.“
„Die EZB hat schnell auf den Renditeanstieg reagiert und kauft im kommenden Quartal mehr Anleihen im Rahmen des PEPP. Der Spielraum ist ja zunächst auch ohne weitere Erhöhung des Gesamtrahmens vorhanden. Das wird jetzt spannend, wie der Markt darauf reagiert. Es könnte sein, dass einige Akteure die Entschlossenheit der EZB testen wollen, so dass wir noch einen weiteren Renditeanstieg sehen werden. Aber letztlich sitzt die Zentralbank am längeren Hebel, weil sie über unbegrenzte Munition verfügt. Das Statement der EZB ist zudem ein Hinweis darauf, dass sie den Anstieg der Inflation nicht für bedrohlich bzw. mit Blick auf das Ziel von knapp zwei Prozent nicht für nachhaltig hält.“
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Einer der kommenden schwarzen Schwäne für die Finanzmärkte könnte von Europa ausgelöst werden. Wenn die Eurozone implodieren würde. Deshalb wird alles getan werden, die Eurozone liquide zu halten mit niedrigen Zinsen. Das Verbot der Staatsfinanzierung durch die Notenbank wird ohnehin nicht mehr lange bestehen bleiben können. Staaten durch ungefesselte Finanzmärkte zu finanzieren war von vornherein ein Unfug, das ist nicht zu leisten, schon gar nicht, wenn Japan und China es ganz anders machen und damit erfolgreich sind, seit 30 Jahren. Eine weiterer schwarzer Schatten am Horizont ist die schwarze Vogelschar der Krypto-Währungen, wer weiß, welcher Hedgefonds die Bitcoin verschränkt hat mit dem normalen Finanzmarkt und somit unberechenbare Aktionen folgen werden, die die Börsen stürzen lassen. Nur gut, dass wir diese Schöpfgeld-System haben, so dass man schnell Schöpfgeld (Giralgeld) aus dem Nichts erzeugen kann um wieder und wieder zu löschen, die Brände, die freche Finanzmarkt-Buben gelegt haben.
Herr Meier, Ihren Ausführungen kann ich nur komplett zustimmen.
Ergänzen möchte ich noch, dass die EZB seit geraumer Zeit ihr Mandat in rechtswidriger Form ausweitet, um verbotenerweise de facto Staatsfinanzierungen betreibt.
Ablenkungsmanöver in Richtung Inflationsthemen soll - so meine Meinung - nur von einer längst gewollten Schuldenunion ablenken, zu Lasten der Staaten die gut gewirtschaftet haben und notwendige Reformen vorgenommen haben.
Bin gespannt, wie die laufende Klage beim BGH ausgeht.
Ein wichtiger Grundsatz bei der Gründung der EU wird damit von unfähigen Politikern bzw. im Augenblick von Politikerinnen "über Bord geworfen".
Ich verstehe nicht, dass Frau Lagarde überhaupt zur Chefin der EZB hat berufen werden können, ist sie doch vor einigen Jahren in meiner Erinnerung in Frankreich rechtskräftig wegen (ich glaube) Untreue oder Betruges zu Lasten des Staates mit einer Schadenssumme von ca. 400 Mio. Euro verurteilt worden.
Damit wäre sie in Deutschland nicht Direktorin einer Volksbank oder Sparkasse werden können.
Bei politisch bedingten Berufiungen ist das offensichtlich egal.
Es ist eigentlich egal, ob die Zinsen bei - 1% oder + 1% liegen. Marode Volkswirtschaften, in denen Populisten immer neue Wohltaten versprechen, verschulden sich immer weiter und wenn sie am Abgrund stehen, tun sie alles, um diejenigen, die sie bisher am Leben gehalten haben, mit in den Abgrund ziehen (Stichwort Schuldenunion). Die Zinsaufwandsquote der Unternehmen wäre auch bei +1% für das Überleben gesunder Unternehmen völlig irrelevant. Etwas anderes gilt natürlich für die Zombie-Unternehmen. Aber die fallen uns ohnehin irgendwann (leider mit noch mehr Verbindlichkeiten) auf die Füße. Der EZB, den europäischen Institutionen und den europäischen Nationalstaaten müsste doch irgendwann auffallen, dass die EU trotz unbeschränkter Öffnung der Finanzschleusen zu den wachstumsschwächsten Regionen zählt. Verantwortliche Politiker würden daraus den Schluss ziehen, dass der Hebel woanders angesetzt werden muss.