Schuldenkrise belastet Bundesbank
Düsseldorf Was waren das noch für Zeiten für die Bundesbank. Umgerechnet 12,1 Milliarden Euro Gewinn machte sie 1997. Das ist exakt 18,2 Mal so viel wie 2012. Auch wenn man berücksichtigt, dass etwa die Hälfte des damaligen Rekordgewinns auf eine Neubewertung der Devisenreserven zurückzuführen war: Verglichen mit 1997 sind die heutigen Zahlen erbärmlich.
Gerade mal 664 Millionen Euro überweisen Deutschlands Währungshüter in diesem Jahr nach Berlin. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble hatte im Haushalt mit 1,5 Milliarden Euro bereits konservativ geplant, bekommt aber jetzt weniger als die Hälfte davon aus Frankfurt überwiesen.
Der Grund für den mickrigen Gewinn sind vor allem die hohen Rückstellungen in Höhe von 6,7 Milliarden Euro, mit denen sich die Bundesbank gegen mögliche Folgen der Euro-Krise wappnet. „Trotz deutlich gestiegener Zinserträge ist der Gewinn kaum gestiegen, weil die Risikovorsorge nochmals kräftig aufgestockt wurde“, erklärte Bundesbankpräsident Jens Weidmann. Bereits 2010 und 2011 hat die Bundesbank ihre Wagnisrückstellungen deutlich erhöht: 2009 lagen sie noch bei 1,9 Milliarden Euro – heute sind es 14,4 Milliarden Euro.
Wieder einmal blicken alle in der Euro-Schuldenkrise gebannt nach Frankfurt: die Europäische Zentralbank (EZB) soll es im schlimmsten Fall richten, mit ihrem Waffenarsenal intervenieren und so die Märkte beruhigen.
Zwar streiten sich Fachleute und auch die Notenbanker darüber, wie effektiv, nachhaltig und sinnvoll weitere Eingriffe der Geldpolitik sein könnten. Fest steht aber: die EZB verfügt als einzige Institution über einen gut gefüllten und theoretisch sofort verfügbaren Instrumentenkasten, um angeschlagenen Banken unter die Arme zu greifen, Institute im Falle eines Bank-Runs mit neuem Geld zu schützen und durch ihre Finanz-Feuerkraft wenigsten für eine begrenzte Zeit wieder für Ruhe an den Börsen zu sorgen.
Vor dem Wahlsonntag in Athen verdichten sich die Hinweise, dass die großen Notenbanken der Welt gemeinsame Sache machen und die Märkte mit Geld fluten könnten. Eine solche konzertierte Aktion der Zentralbanken gab es schon einmal - Anfang Oktober 2008, kurz nach dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers, als weltweit die Finanzströme zu versiegen drohten.
In der aktuellen Krise rund um die Überschuldung Griechenlands und anderer südeuropäischer Länder hat bislang nur die britische Notenbank angekündigt, dass sie gemeinsam mit dem Finanzminister in London ihren Bankensektor zum Schutz vor aus Griechenland überschwappenden Problemen mit 100 Milliarden Pfund fluten will. Am Freitag sorgte die Aussicht auf eine gemeinsame Intervention der Zentralbanken zunächst für bessere Stimmung an den Märkten.
Aktuell steht der Leitzins der EZB bei 0,75 Prozent. Die Notenbank kann natürlich jederzeit an dieser in normalen Zeiten wichtigsten Stellschraube drehen. Es wäre ein historischer Schritt: Noch nie seit Bestehen der Währungsunion lag der Schlüsselzins für die Versorgung des Finanzsystems mit frischer Liquidität niedriger.
Allerdings nimmt der Spielraum der EZB mit jeder weiteren Leitzinssenkung ab - schließlich rückt damit die Nulllinie unausweichlich immer näher. Fachleute erwarten, dass die Zentralbank mit weiteren Zinssenkungen so lange wartet wie nur möglich, um für den Fall echter Verwerfungen an den Finanzmärkten, wie sie etwa bei einem Austritt der Griechen aus der Euro-Zone drohen würden, noch Munition zu haben.
Um den Geldmarkt wiederzubeleben und die Banken zu ermuntern mehr Geld in den Wirtschaftskreislauf zu geben, könnte die EZB den sogenannten Einlagezinssatz auf null Prozent kappen. Dieser Zins liegt aktuell bei 0,25 Prozent. Das bedeutet, dass Banken, die keiner anderen Bank mehr trauen, immerhin noch Geld dafür bekommen, wenn sie überschüssige Liquidität bei der EZB parken. Bei einem Einlagezinssatz von einem Prozent entfiele der Anreiz dies zu tun. Doch ob die Banken der EZB den Gefallen tun oder das Geld dann lieber horten, ist fraglich. Aktuell parken sie jedenfalls knapp 800 Milliarden Euro in Frankfurt.
Im Dezember und im Februar ist es der EZB gelungen, mit zwei jeweils drei Jahre laufenden Refinanzierungsgeschäften die Gemüter der Banker wenigstens für eine Zeit lang zu beruhigen. Damals sicherten sich die Geldhäuser insgesamt rund eine Billion Euro bei der Zentralbank zum Billigtarif von nur einem Prozent.
Einige Experten glauben, dass weitere langlaufende Geschäfte dieser Art das durch die Unsicherheit über die Zukunft der Euro-Zone untergrabene Vertrauen wieder zurückbringen könnten. Die Banken, die sich um den Jahreswechsel bei der EZB bedient haben, sind allerdings ohnehin bis mindestens Ende 2014 abgesichert. Außerdem kann jede Bank darüber hinaus bei den wöchentlichen Hauptrefinanzierungsgeschäften der Notenbank aus dem Vollen schöpfen.
Damit den Banken die Sicherheiten nicht ausgehen, die diese als Pfand bei den Refinanzierungsgeschäften mit der Notenbank stellen müssen, kann die EZB weitere Erleichterungen bei den Anforderungen beschließen. Sie kann dabei auch selektiv nach Ländern vorgehen, um gezielter zu helfen. Allerdings sind Erleichterungen bei den Sicherheiten immer auch ein Politikum, weil dadurch die Risiken steigen, die die Zentralbank durch die Refinanzierung in ihrer Bilanz ansammelt. Im Fall der Fälle müssten diese von den Steuerzahlern der Mitgliedsländer getragen werden.
Die EZB hat seit Mai 2010 Staatsanleihen hoch verschuldeter Euro-Länder für mehr als 200 Milliarden Euro gekauft. Das im Fachjargon SMP (Securities Markets Programme) genannte Programm ist wegen seiner möglichen Nebenwirkungen in Deutschland und einigen anderen nord- und mitteleuropäischen Ländern umstritten. Es ruht derzeit, kann allerdings jederzeit wieder vom EZB-Rat in Kraft gesetzt werden.
Ob es allerdings noch seine erhofften positiven Wirkungen am Bondmarkt entfalten kann, ist unklar. Wegen der Erfahrungen bei der Umschuldung Griechenlands im Frühjahr dürften wenige private Investoren wie Banken oder Versicherungen der EZB folgen und wieder in den Markt gehen, weil sie fürchten, dass die Zentralbank erneut einen Sonderstatus als Gläubiger durchsetzen könnte, wie sie es im Fall Griechenland getan hat.
Theoretisch kann die EZB neben Staatsanleihen auch andere Arten von Wertpapieren kaufen und auf diese Weise Geld schaffen: zum Beispiel Bankschuldverschreibungen, Aktien und Unternehmensanleihen. Während der Ankauf von Bank Bonds eine durchaus denkbare Möglichkeit wäre, Liquidität bei den Banken zu schaffen, scheinen andere Wege wenig erfolgversprechend. So könnte die EZB wohl schlecht erklären, warum sie etwa Aktien von Banken kauft, nicht aber von Auto- oder Chemiekonzernen. Oder sie setzt sich dem Verdacht aus, der einen Bank mehr Aktien abzukaufen als anderen oder zum Beispiel spanische Institute deutschen oder österreichischen Banken vorzuziehen.
Theoretisch kann die EZB auch ihre Anforderungen an die Mindestreserve der Banken, die diese bei ihr halten müssen, absenken. Sie hat dies um den Jahreswechsel bereits getan und den Satz ihrer gesamten Einlagen, den jede Geschäftsbank bei ihr parken muss, von zwei auf ein Prozent halbiert. Dadurch hatte sie damals eine Summe von rund 100 Milliarden Euro für die Banken freigemacht. Ein solcher Schritt würde es für Banken in Südeuropa, die wohl am ehesten unter einer Kapitalflucht leiden würden, leichter machen, Mittel flüssig zu halten.
Die Bundesbank bildet die hohen Rückstellungen, weil sie in der Euro-Krise unfreiwillig zur Spielbank geworden ist. Sie musste im Auftrag der EZB Anleihen der Euro-Krisenländer kaufen. Insgesamt ließ die EZB über ihr Anleihekaufprogramm SMP bis Mai 2012 Anleihen der Euro-Krisenländer in Höhe von 214 Milliarden Euro kaufen. Die Bundesbank beteiligte sich daran in etwa entsprechend ihres EZB-Kapitalanteils von 27,1 Prozent. Außerdem hat die EZB ihre Sicherheitsanforderungen für Kredite an Banken aus dem Euroraum heruntergeschraubt. Um Geld von der Zentralbank zu bekommen, müssen die Banken nur noch sehr geringe Sicherheiten hinterlegen. Beides sind riskante Wetten.

13 Kommentare zu "Riskante Wette: Die Bundesbank wird zur Spielbank"
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Die meisten Menschen sind sich leider gar nicht bewusst, mit welchen gigantischen Risken Deutschland über das EZB System belastet wird, siehe dazu die enormen Summen aus dem Target2 der EZB, an denen Deutschland mit seinem Anteil an der EZB von 27,1 % beteiligt ist. Verglichen damit ist der ESM noch moderat zu bwerten.
Wenn man sich darüber einig würde, dass der EURO nicht die Grundlage europäischer Einigung ist und das ist der EURO sicher nicht, so sollte man optimalerweise nach Wegen suchen, die jedem EU Land eine optimale, für seine Wirtschaft massgeschneiderte Geldpolitik wieder möglich machen, sprich eigene Währungen.
Die Zinspolitik und die Risikofreude der EZB schadet derzeit nicht nur Deutschland.
Beitrag von der Redaktion gelöscht. Bitte achten Sie auf unsere Netiquette: „Kommentare sind keine Werbeflächen“ http://www.handelsblatt.com/netiquette
Übrigens,
die Euro-länder könnten mit dem Euro ganz gut leben, nämlich dann, wenn der freie Warenverkehr wieder aufgehoben und Zölle insbesondere auf Einfuhren aus Deutschland eingeführt würden.
Dann wären die einzelnen Volkswirtschaften der Eurozone wieder wettbewerbsfähig.
Der Satz: "Ohne Euro scheitert Europa" muss umgeschrieben werden in "mit Zöllen innerhalb des Euroraums überlebt der EURO"
Die Bundesbank wird zur Spielbank, was auch die Richter in Karlsruhe so wollten.
Wer sich in das europäische Schneeball-Spielkasino begibt, braucht sich hinterher nicht zu wundern, wenn das deutsche Kapital verspielt wird.
All das und noch viel mehr haben unsere weisen Richter in Karlsruhe verbockt. Dieses intellektuelle Kollektiv hat zuviel Theorie im Hirn, was an der Realität völlig vorbei geht.
Unsere Richter in Karlsruhe haben mit ihrem Urteil, den dauerhaften ESM beschlossen. Damit wird Deutschland für alle Zeiten den Ausgleich für den fehlenden Wechselkurs gen Süden bezahlen. Das ist Gesetz.
Ebenso wurden Deutschland wesentliche Souveränitäten entzogen und gen Brüssel übertragen. Das ist zum Wohle des deutschen Volkes geschehen. Ihr habt doch alle mitgemacht. Warum wird jetzt gemeckert?
Wer wirklich wissen will, wie die Eurokrise tatsächlich entstand, warum sich die EU-Südschiene so massiv verschuldete, wer wirklich dafür verantwortlich ist und wer tatsächlich gerettet wurde, sollte sich dieses Video anschauen:
http://www.youtube.com/watch?v=75mJQSD5mAU
„Schulden sind legitim, wenn sie die Vermögensbildung finanzieren.
Wenn, wie auch in einer richtigen Bilanz, Schulden des Unternehmens Schulden der Bank,
gleich sind mit den dazugehörigen Vermögen, mit den Assets, den Gegenständen.
Wenn auf der Aktivseite nichts da ist und auf der Passivseite 100% Schulden,
dann ist das ein Verbrechen!
Die Währung ist kein politisches Instrument, sie ist die Leistungsquittung einer Nation, sie ist die Quittung für jeden, der arbeitet, denn sie ist die Gutschrift für getane Arbeit, und nur davon hängt sie ab. Von der Wertschöpfung, die dahinter steht und nicht von dem Beschluß irgendwelcher politischer Gremien und schon gar nicht von dem Beschluß, wir brauchen einen solchen Geldschein um die „Vereinigten Staaten von Europa“ unter Umgehung aller Verfassungsaufgaben und Vorschriften herzustellen.
Ich denke, dass muß uns immer bewußt sein, dass mit dem Euro Europa einen Weg in die Illegitimität genommen hat. Ein Weg der herausführt aus dem Rechtsstaat, ein Weg der aber auch herausführt aus der Marktwirtschaft, denn auch der Wettbewerb der Währungen ist ein essentieller Bestandteil der Marktwirtschaft, wir brauchen die marktgerechten Wechselkurse, für die gibt es überhaupt keinen Ersatz und es ist ein Weg, der schon deswegen in den Untergang führt, weil zu jeden Schulden, auch zu diesem Übermaß an Schulden, ein äquevalentes Vermögen gehört.“
(Zitat: Prof. Dr. Wilhelm Hankel)
Deutschland wird verkauft...Danke Euch VolksZERtretern, danke euch mündigen Wählern.
In Niedersachsen hat sich das Marionetten-Theater ebenfalls wieder die Klinke gegenseitig in die Hand gegeben. SPD-CDU-SPD-CDU... und nichts kann Deutschland mehr retten.
@ WILHER
Wie allgemein bekannt war die Einführung des € die Idee von Mitterand, der damit Herrn Kohl erpresste, sprich: Zustimmung zur Wiedervereinigung. Wie oben schon ausgeführt, "die DM war vor Einführung des Euro die zweitwichtigste Währung der Welt." Das konnte M. Mitterand nicht schmecken, zumal die Bundesbank bzw. die DM dann eine noch größere Rolle gespielt hätte als bisher und FR noch weiter nach hinten gefallen wäre (was jetzt "trotzdem" der Fall ist). Herr Kohl hat zugestimmt, da der Mantel der Geschichte so heftig wehte. Der Mahner, eine Gemeinschaftwährung einzuführen, gab es genug ...
Hier ein Ausflug in die €-Zeitgeschichte, Achtung: keine politische, sondern makroökonimische Analyse.
"Denn sie wussten, was sie tun"
http://blog.tagesanzeiger.ch/nevermindthemarkets/index.php/11078/denn-sie-wussten-was-sie-tun/
und "Mit offenen Augen in die Eurokrise"
http://www.fuw.ch/article/mit-offenen-augen-in-die-eurokrise/
Das ist ein Preis des Euro, den wir zu zahlen haben.
Die DM war vor Einführung des Euro die zweitwichtigste Währung der Welt.
1992 wurd 18 % der Welt-Devisen in DM gehalten, in Yen 8 % in Pfund 3 % in schweizer Franken 1 % in französischem franken 1 ". Der Rest nahezu komplett in Dollar.
Dann kam der Mastrichter Vertrag und die Bedeutung der DM nahm leicht ab, dann kam der EURO und damit das Ende der DM und die Bedeutungslosigkeit der Bundesbank, die zuvor noch finanzielle Weltmacht war.
Wer so leichtsinnig mit seinen Pfunden spielt wie die Deutschen, der hat es nicht besser verdient.
Und alles vom Dumm-Volk abgesegnet, denn das hat schließlich die Regierungen gewählt.
Ich bin unschuldig.
Die Bundesbank hängt vom Verlauf der Schuldenkrise ab und dieser hängt von den politischen Entwicklungen in Südeuropa ab. Angefangen bei den Wahlen in Frankreich, dann die in Griechenland und jetzt Italien. So haben wir uns in Abhängigkeit begeben von Grillo und Berlusconi.
Dennoch wird uns immer wieder versichert, die Schuldenkrise habe ja noch gar keinen Cent gekostet.
Hahaha.
Wie? unsere Bundesbank muß die Gewinne teilen ?
Kriegen wir auch was von den anderen ?