Statistisches Bundesamt Inflation in Deutschland fällt auf 0,6 Prozent – Rückgang ist damit geringer als erwartet

Die Coronakrise dämpft die Preisentwicklung.
Frankfurt Der niedrige Ölpreis drückt die Inflation in Deutschland weiter. Die Verbraucherpreise stiegen im Mai um 0,6 Prozent. Das gab das Statistische Bundesamt in seiner vorläufigen Schätzung am Donnerstag bekannt.
Im April lag die Rate noch bei 0,9 Prozent. Ökonomen hatten für Mai einen stärkeren Rückgang auf 0,4 Prozent erwartet. Die Europäische Zentralbank (EZB) peilt für den gesamten Euro-Raum einen Wert von unter, aber nahe zwei Prozent an, den sie als ideal für die Konjunktur ansieht. Dieses Ziel verfehlt sie aber schon seit Jahren.
„Die Inflation setzt ihren Rückgang fort,“ sagt Carsten Brzeski, Chefvolkswirt der niederländischen Bank ING in Deutschland. Er glaubt, dass hinter dem Rückgang noch mehr steht als der niedrigere Ölpreis und verweist darauf, dass sich die Preisentwicklung auch bei Konsumgütern abgeschwächt hat. Dies führt er auf fehlende Nachfrage zurück und Lagerhaltung während des Lockdowns der Wirtschaft. Für die kommenden Monate erwartet Brzeski einen weiteren Rückgang der Inflation.
Die Inflationsschätzung für den gesamten Euroraum veröffentlicht das europäische Statistikamt Eurostat am Freitag. Commerzbank-Ökonom Marco Wagner erwartet für den gesamten Währungsraum sogar einen Rückgang auf null Prozent im Mai. Die EZB wird die Zahlen sehr genau verfolgen. Viele Ökonomen erwarten, dass sie auf ihrer nächsten Sitzung am Donnerstag kommender Woche ihre Anleihekäufe ausweitet. Seit Jahren versucht sie mit Anleihekäufen und rekordniedrigen Zinsen die Inflation im Euroraum anzuschieben. Durch die Coronakrise ist dies allerdings noch schwerer geworden.
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Die Daten für Deutschland zeigen, wie stark der niedrige Ölpreis die Inflation nach unten zieht. Seit Anfang März ist der Preis für die Nordseesorte Brent um mehr als 30 Prozent gefallen. Im Mai gingen die Preise für Haushaltsenergie und Sprit um 8,5 Prozent zurück.
Verändertes Konsumverhalten
Der Corona-Lockdown hat sich in den vergangenen Monaten aber auch noch in anderer Form ausgewirkt. So war die Nachfrage nach bestimmten essentiellen Gütern wie Toilettenpapier und einzelnen Lebensmitteln deutlich höher. Dies hat aber meist nicht zu stärkeren Preiserhöhungen geführt.
Eine Ausnahme war zum Beispiel Gemüse, wo das Angebot durch Corona eingeschränkt wurde. Die Inflationsrate für Nahrungsmittel ist zuletzt deutlich gestiegen. Im März lag sie bei 3,7 und im April bei 4,8 Prozent. Im Mai verlangsamte sich der Anstieg auf 4,5 Prozent.
Wie aussagekräftig die aktuellen Inflationszahlen sind, ist umstritten. Commerzbank-Ökonom Marco Wagner verweist darauf, dass die Statistiker wegen der Corona-Krise bei etlichen Waren und Dienstleistungen die Preise nicht oder nicht mit der üblichen Methode erheben. Aus seiner Sicht ist es völlig offen, ob und in welche Richtung die Inflationsrate hierdurch verzerrt wird.
Mehr: Was die Coronakrise für die Inflationsmessung bedeutet.
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