Unternehmenskredite China lockert mit Zinsreform seine Geldpolitik

Die Leitzins der chinesische Zentralbank liegt derzeit bei 4,35 Prozent.
Düsseldorf China hat seine staatlich gesteuerte Zinspolitik am Wochenende reformiert: Die Banken sollen künftig ihre Neukreditvergabe an einem neuen Zinssatz ausrichten, der deutlich tiefer liegt als der bislang maßgebliche Zins der chinesischen Zentralbank (PBOC). Entsprechende Pläne stellte die Notenbank am Samstag vor.
Chinesische Banken sollen neue Kredite künftig nach Maßgabe der „Loan Prime Rate“ (LPR) vergeben. Diesen Zins boten die Banken bislang nur ihren besten Kunden an, er liegt deutlich unter dem bisher maßgeblichen einjährigen Leitzins der Regierung, der gegenwärtig 4,35 Prozent beträgt. Für bestehende Kredite soll weiterhin der ältere, höhere Zinssatz gelten.
Experten werteten den Schritt als Zinssenkung der Zentralbank durch die Hintertür. Dai Zhifeng, Analyst bei Zhongtai Securities Co, sagte dem US-Nachrichtensender CNBC, die LPR-Reform entspreche einer gesteuerten Zinssenkung. Commerzbank-Analyst Hao Zhou beschrieb den Schritt als „de facto eine geldpolitische Lockerung“.
Zugleich bewerteten die Experten die Reform als zusätzliche Liberalisierung des traditionell staatlich geprägten Zinssystems Chinas. Das bedeute allerdings „nicht zwingend, dass die chinesischen Währungshüter die Zügel des Finanzsystems aus der Hand geben werden“, schrieb Commerzbank-Analyst Hao Zhou weiter.
An den chinesischen Aktienmärkten kam die Zinsreform gut an. Durch die Reform verbesserten sich die Konjunkturaussichten Chinas im zweiten Halbjahr, schrieben die Analysten Zhaopeng Xing und Raymond Yeung von der ANZ Bank. Die Börse Shanghai legte am Montag 1,7 Prozent auf 2870 Punkte zu. Der Aktienmarkt in Hongkong gewann trotz der anhaltenden Proteste gegen die dortige Regierung zwei Prozent.
Durch die Reform sollen Kredite für Unternehmen günstiger werden. Die Finanzierungskosten für die Realwirtschaft würden damit gesenkt, kündigten die Notenbanker an. Damit könnte die Zentralbank der sich zuletzt deutlich abgekühlten chinesischen Wirtschaft entgegenwirken. Im zweiten Quartal wuchs die nach den USA zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt so langsam wie zuletzt vor 27 Jahren – unter anderem wegen der Belastung durch den Handelsstreit mit den USA.
Zweiter Eingriff der Notenbank
Zuletzt hatte China den Leitzins im Oktober 2015 gesenkt. Regierungsberater in Peking fürchten zum einen, den bereits überhitzten Immobilienmarkt noch weiter anzuheizen. Zudem würde eine deutliche Zinssenkung wohl auf erhebliche Kritik in den USA stoßen.
Die Zinsreform ist binnen weniger Wochen der zweite geldpolitische Eingriff von Chinas Zentralbank. Zuletzt hatte die PBOC bereits eine Abwertung des chinesischen Yuan zugelassen. Dieser kann sich nicht frei bewegen, sondern ist an ein bestimmtes Niveau zum Dollar gekoppelt – einen sogenannten Referenzkurs, den die Notenbank jeden Tag festlegt. Um diesen Kurs darf der Yuan um bis zu zwei Prozent nach oben und nach unten schwanken.
Von Experten wurde es deshalb als bewusste Entscheidung Chinas angesehen, als Anfang August ein US-Dollar erstmals seit elf Jahren mehr als sieben Yuan wert war. Die Marke von sieben Yuan je Dollar galt lange Zeit als „rote Linie“, die die chinesische Notenbank nicht überschreiten werde. Seitdem bewegt sich der Yuan in einem Korridor knapp über der „Siebener-Marke“.
Marktbeobachter erklärten die Abwertung des Yuans damit, dass die Regierung in Peking dies als mögliches Instrument im Handelsstreit mit den USA einsetze. Ein schwächerer Yuan könne dabei helfen, den Effekt der US-Strafzölle abzufedern. Chinesische Exporte werden dadurch günstiger.
US-Präsident Donald Trump kritisierte die Abwertung des Yuans deshalb als „schwerwiegenden Verstoß“ und als ein Vorgehen, das gemeinhin als Währungsmanipulation bezeichnet werde. Zur jüngsten Zinssenkung steht eine Reaktion noch aus.
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