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Verbraucherpreise Auf 28-Jahres-Hoch: Deutsche Inflationsrate im August liegt nur noch knapp unter der Marke von vier Prozent

Größter Preistreiber sind die Energiepreise, mit einem Plus von mehr als zwölf Prozent. Allerdings ist die Entwicklung zum Teil auf Sondereffekte zurückzuführen.
30.08.2021 - 16:00 Uhr 2 Kommentare
Im November lag die Inflationsrate in Deutschland bei 5,2 Prozent. Quelle: dpa
Ein Supermarkt in Hamburg

Im November lag die Inflationsrate in Deutschland bei 5,2 Prozent.

(Foto: dpa)

Frankfurt Auch im August ist die Inflation in Deutschland weiter gestiegen. Die Verbraucherpreise legten im Jahresvergleich um 3,9 Prozent zu, wie das Statistische Bundesamt auf Basis einer ersten Schätzung mitteilte. Das ist das höchste Niveau seit fast 30 Jahren.

Einen stärkeren Preisauftrieb gab es zuletzt in der Zeit nach der deutschen Wiedervereinigung – im Dezember 1993 mit damals 4,3 Prozent. Schon im Juli waren die Verbraucherpreise im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 3,8 Prozent gestiegen. Ökonomen hatten im Durchschnitt mit einer Teuerung auf dem Niveau des Vormonats gerechnet.

Das hohe Niveau nährt Ängste über eine länger anhaltende hohe Inflation. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann hat bereits gesagt, dass er zum Jahresende monatliche Raten von bis zu fünf Prozent für möglich hält. Er führt den Anstieg aber wie die meisten Ökonomen hauptsächlich auf Sondereffekte zurück. Dazu zählen neben pandemiebedingten Faktoren wie Lieferengpässen und Nachholeffekten beim Konsum auch die Rücknahme der Mehrwertsteuersenkung aus dem vergangenen Jahr und der neue CO2-Preis.

Die Europäische Zentralbank (EZB) bleibt ebenfalls bei ihrer Einschätzung, dass die Inflationsrate im Euro-Raum ab 2022 wieder deutlich sinkt. Die Mitglieder des EZB-Rats sehen allerdings mittlerweile das Risiko, dass die Inflation im Euro-Raum nicht nur kurz-, sondern auch mittelfristig höher als erwartet ausfallen könnte.

Dieses Risiko sehen auch einige Ökonomen. „Die Gefahr für Zweitrundeneffekte durch das Ende der Lockdowns war nie höher als jetzt“, sagt zum Beispiel der Ökonom der niederländischen Großbank ING, Carsten Brzeski. Gemeint sind Preiserhöhungen als Reaktion auf vorangegangene Kostensteigerungen. Zum Beispiel, wenn Produzenten die Preise anheben, weil Vorprodukte teurer werden oder Gewerkschaften und Arbeitgeber als Reaktion auf die gestiegene Inflation höhere Löhne vereinbaren.

Brzeski hält es zudem für möglich, dass die teilweise Rücknahme der Integration der Weltwirtschaft und der Kampf gegen den Klimawandel die Inflationsrate strukturell erhöhen könnten. Für 2022 erwartet er zwar auch, dass die Inflation in Deutschland durch das Ende einiger Sondereffekte wieder fallen wird, aber „kaum unter die Zwei-Prozent-Marke“.

Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer sieht dagegen eher längerfristig Inflationsrisiken. „Der Inflationsanstieg liegt gegenwärtig vor allem an der wieder angehobenen Mehrwertsteuer, der teureren Energie und an massiv gestiegenen Materialkosten, die die Unternehmen zunehmend an die Verbraucher weiterleiten. Letztlich sind das Sondereffekte,“ sagt er.

Größter Preistreiber waren im August wie bereits in den Vormonaten die Energiepreise, die um 12,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr zulegten. Hier macht sich bemerkbar, dass der Ölpreis im vergangenen Jahr wegen der Pandemie stark gefallen war. Im Vergleich zu den niedrigen Vorjahreswerten liegt er nun entsprechend höher. Dieser Effekt dürfte zum Ende des Jahres auslaufen, denn ab Ende vergangenen Jahres war der Ölpreis wieder gestiegen. Die Preise für Nahrungsmittel kletterten um 4,6 Prozent, Dienstleistungen verteuerten sich um 2,5 Prozent und Wohnungsmieten um 1,3 Prozent.

Eine wichtige Voraussetzung für einen nachhaltigeren Anstieg der Inflation wäre aus Krämers Sicht, dass auch die Löhne stärker steigen. Doch dafür sieht er momentan keine Anzeichen. Für dieses Jahr erwartet er einen Anstieg der Tariflöhne um gut ein Prozent. Damit ist aus seiner Sicht der Lohndruck zu schwach, sodass „die Inflation in Deutschland Ende kommenden Jahres wieder in Richtung zwei Prozent sinken sollte“.

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Krämer sieht aber ebenfalls auf mittlere bis lange Sicht stärkere Inflationsrisiken. „In ein paar Jahren dürfte die Inflation deutlich über zwei Prozent liegen“, erwartet er. Wegen der fortgesetzten Anleihekäufe der EZB gelange weiterhin zu viel Geld in die Realwirtschaft. „Wenn die Arbeitskräfte in der Breite wieder knapp werden, dürfte sich das Zuviel an Geld in einer höheren Inflation entladen.“

Einig sind sich viele Experten darin, dass die Unsicherheit über die weitere Inflationsentwicklung aktuell deutlich höher ist als in der Vergangenheit. Das liege vor allem daran, dass es keine vergleichbaren Erfahrungen mit einer Situation wie der Pandemie gibt. Zum Beispiel lag die Sparquote in der Zeit des Lockdowns extrem hoch. Die Frage ist daher, ob und wie schnell die Verbraucher verpassten Konsum nachholen.

Wie schwer sich Ökonomen und Forschungsinstitute mit ihren Vorhersagen tun, zeigt sich auch daran, dass sie den drastischen Anstieg der Inflation in diesem Jahr nicht vorhergesagt haben. Ähnlich war dies auch in den USA. Auch dort lagen die meisten Investmentbanken und die US-Notenbank Fed mit ihren Inflationsprognosen für dieses Jahr weit daneben.

Im Vergleich zu Europa schätzen Experten die mittelfristigen Inflationsrisiken dort noch höher ein. Unter anderem wegen der massiven Stützungspakete der US-Regierung für die amerikanische Wirtschaft, die sich auf über drei Billionen Dollar belaufen und deutlich umfangreicher sind als in Europa. Auch die Löhne dort sind zuletzt stärker gestiegen.

Der Chef des Washingtoner Peterson Institute, Adam Posen, erwartet, dass die US-Inflation auch 2022 über drei Prozent liegen wird. Erst ab 2023 rechnet er damit, dass der Wert wieder unter diese Marke sinkt.

Mehr: Stabiles Wachstum, robuster Arbeitsmarkt – Die Fed bereitet die geldpolitische Wende vor

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2 Kommentare zu "Verbraucherpreise: Auf 28-Jahres-Hoch: Deutsche Inflationsrate im August liegt nur noch knapp unter der Marke von vier Prozent"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Geldwertstabilität hat auch immer etwas mit Vertrauen zu tun. Am Ende führt das auch zu Frieden, die Bedürfnispyramide von Maslow sei hier einmal kurz angesprochen.

    Meine vergütete Arbeitsleistung wird jetzt nicht nur vom Dt. Fiskus weggesaugt, sondern auch noch von der Inflation.
    Ich finde das Verhalten der EZB beschämend!

    Die Staaten, welche nicht mit ihren Einnahmen - und Ausgaben hinkommen, werden unterstützt und ich als nachrechnender Unternehmer darf Insolvenz anmelden, weil ich die Preise ggf. nicht durchgesetzt bekomme.

  • Über importierte Inflation sollte man sich nicht länger aufregen und dies einfach hinnehmen. Einzelne Wirtschaftssubjekte können subjektbezogen darauf reagieren, die einen mehr die anderen weniger. Dass die damalige deutsche Bundesbank nach den zwei Ölpreis-Krisen den Leitzins erhöht hat, war ganz schön falsch, aber so denken Monetaristen nun mal, borniert bis zum Untergang.

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