Verbraucherpreise Goldman-Sachs-Studie: Kriege treiben Inflation, Seuchen aber nicht

Seuchen haben auch in der Vergangenheit Menschen geschadet, aber nicht unbedingt durch Inflation.
Frankfurt Gerade in Deutschland liegt die Frage nahe: Treibt die Corona-Pandemie die Inflation? Die Tatsache, dass die Produktion zum Teil gebremst und gleichzeitig eine Menge Geld produziert wird, legt diesen Schluss nahe.
Zwar sind sich die meisten Ökonomen einig, dass Inflation in absehbarer Zeit allenfalls in den USA ein Thema sein wird, nicht in Europa. Aber die kollektive Erinnerung an die Zeiten nach den Weltkriegen, vor allem in den Jahren bis 1923, sitzt tief.
Goldman Sachs hat einen interessanten Vergleich angestellt. Das Investmenthaus hat jeweils die verlustreichsten zwölf Kriege und zwölf Seuchen seit dem Jahr 1300 zusammengestellt und errechnet, wie sie sich auf die Preise auswirkten. Das Ergebnis lautet zusammengefasst: Kriege treiben die Inflation, Seuchen tun es nicht.
Die Studie bezieht sich auf die mittleren Werte (Mediane) der Inflationsdaten im Zusammenhang mit je zwölf Kriegen und Seuchen. Dabei zeigt sich: Rund ein bis zwei Jahre nach großen Kriegen erreichte die Inflation im Mittel den Höhepunkt mit etwa acht Prozent.
Nach Seuchen sank sie dagegen sogar etwas unter null. Ganz ähnlich ist die Rendite von Anleihen während Kriegen im Mittel deutlich gestiegen, bei Seuchen dagegen stabil geblieben.
Zwei Gründe sprechen gegen Seuchen-Inflation
Die Goldman-Ökonomen nennen plausible Gründe für die unterschiedlichen Entwicklungen. Kriege bringen meist hohe Ausgaben für die Rüstung und früher auch für die Söldner mit sich sowie im Nachhinein für den Wiederaufbau. Zugleich zerstören Kriege häufig physisches Kapital.
Bei Seuchen ersetzen dagegen höhere staatliche Ausgaben meist nur das, was an privater Nachfrage ausfällt. Außerdem zerstören sie meist kein physisches Kapital.
Diese Darstellung ist konsistent damit, dass einige Ökonomen wie Olivier Blanchard und Larry Summers heute in den USA Inflation befürchten, weil die geplanten Regierungsausgaben dort höher sind, als zur Behebung der Unterauslastung der Wirtschaft nötig wäre. In der Euro-Zone dagegen reichen die Mehrausgaben nicht einmal, um diese Lücke zu schließen – daher drohe keine Inflation, sagt etwa Blanchard.
Der nach Menschenleben verlustreichste Krieg war nach der Aufstellung von Goldman der Zweite Weltkrieg mit 150 bis 250 Millionen Toten, gefolgt vom Ersten Weltkrieg mit 80 bis 120 Millionen und dem gleichauf liegenden Dreißigjährigen Krieg mit geschätzt 70 bis 130 Millionen.
Originale Zahlen auf heutige Verhältnisse umgerechnet
Bei dieser Aufstellung haben die Ökonomen die originalen Zahlen allerdings auf heutige Verhältnisse umgerechnet: Wenn sich seit dem Ereignis die Weltbevölkerung zum Beispiel verdreifacht hätte, wären die Opferzahlen auch dreimal höher als tatsächlich überliefert.
Die Pest im 13. Jahrhundert veranschlagen sie nach dieser Rechnung auf fiktiv zwei bis drei Milliarden Tote, damit steht sie bei den Seuchen an erster Stelle vor der Spanischen Grippe mit 150 bis 200 Millionen.
Die Zahlen sind durch die Umrechnung auf heutige Verhältnisse verwirrend hoch. Klar ist, dass in Deutschland die Pest und der Dreißigjährige Krieg für einen großen Prozentsatz der damaligen Bevölkerung tödlich verlaufen sind, wobei in dem Krieg von 1618 bis 1648 viele Menschen auch an Unterernährung und Krankheiten gestorben sind.
Und dann ist noch zu berücksichtigen, dass vor dem massenhaften Gebrauch von Banknoten die Möglichkeiten der Regierungen, durch Inflationierung ihre Ausgaben zu finanzieren, auf Münzverschlechterung beschränkt war.
Mehr: Der Bundeshaushalt entwickelt sich zum Inflationsturbo.
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