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Verbraucherpreise Inflation steigt auf fast vier Prozent – Ökonomen zeigen sich alarmiert

Die Teuerungsrate ist im Juli in Deutschland sprunghaft angestiegen. Ökonomen prognostizieren für die Verbraucherpreise einen weiteren Anstieg bis zum Jahresende.
29.07.2021 Update: 29.07.2021 - 18:09 Uhr 7 Kommentare
Im November lag die Inflationsrate in Deutschland bei 5,2 Prozent. Quelle: dpa
Ein Supermarkt in Hamburg

Im November lag die Inflationsrate in Deutschland bei 5,2 Prozent.

(Foto: dpa)

Düsseldorf, Frankfurt Die deutsche Inflationsrate ist im Juli so stark gestiegen wie seit fast 30 Jahren nicht mehr. Die Verbraucherpreise legten um 3,8 Prozent zum Vorjahresmonat zu, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte. Im Vormonat lag die Rate des Verbraucherpreisindexes (VPI) bei 2,3 Prozent.

Das nährt die Angst vor einer stärkeren, länger anhaltenden Inflation, nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Industriestaaten. So stieg die Inflationsrate in den USA zuletzt um 5,4 Prozent und übertraf damit nicht nur das Ziel der US-Notenbank Fed bei Weitem, sondern auch die Erwartungen des Markts. Die Bundesbank prognostiziert im weiteren Jahresverlauf für Deutschland vorübergehend Inflationsraten, die Richtung fünf Prozent gehen.

Ökonomen sind alarmiert: „In den nächsten Monaten dürfte Deutschland den stärksten Inflationsschub seit drei Jahrzehnten erleben“, warnt Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Ifo-Chef Clemens Fuest mahnt „höchste Wachsamkeit und eine permanente Risikoabwägung“ durch die Notenbanken an.

Die Europäische Zentralbank (EZB) dagegen beschwichtigt: „Unsere Situation ist völlig anders als in den USA. Dort liegt die Inflation deutlich über fünf Prozent. Für den Euro-Raum erwarten wir den Höhepunkt im November mit etwa 3,0 Prozent“, sagte EZB-Vizechef Luis de Guindos dem Handelsblatt.

Tatsächlich ist der Preisanstieg in Deutschland zu einem Teil auf den Basiseffekt der vorübergehenden Mehrwertsteuersenkung vor einem Jahr zurückzuführen. Weitere Ursachen sind die starke Verteuerung bei Rohstoffen sowie Lieferengpässe bei wichtigen Vorleistungen. Goldman Sachs erwartet für November 4,4 Prozent Inflation in Deutschland gemessen am auf EU-Ebene üblichen harmonisierten Verbraucherpreisindex, der im Juli um 3,1 Prozent gestiegen ist, also unter dem nationalen VPI liegt. Goldman geht für 2022 von einem deutlichen Rückgang der Inflation aus.

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In den USA gibt es schon seit Monaten eine hitzige Diskussion über die Inflation. Dort stieg zuletzt die Inflationsrate auf 5,4 Prozent und übertraf damit nicht nur das Ziel der US-Notenbank Fed bei Weitem, sondern auch die Erwartungen des Marktes. Der frühere Finanzminister Larry Summers wirft der Regierung unter Präsident Joe Biden vor, mit zu hohen Staatsausgaben eine Überhitzung der Konjunktur herbeizuführen.

Ähnlich äußerte sich Olivier Blanchard, der ehemalige Chefökonom des Internationalen Währungsfonds (IWF). Und Mohamed El-Erian, der die Allianz berät und Präsident des Queens College in Cambridge ist, warnt beinahe täglich, die US-Notenbank (Fed) vertraue zu stark darauf, dass die Inflation nur ein vorübergehender Effekt sei.

Fed-Chef Jerome Powell sprach am Mittwoch immerhin sehr vorsichtig eine mögliche Straffung der Geldpolitik an, ohne sie direkt anzukündigen: Man habe im geldpolitischen Ausschuss der Fed darüber diskutiert. Für Europa sehen Ökonomen wie Blanchard eine geringere Inflationsgefahr als in den USA, weil hier die Ausgaben der Regierungen vom Volumen her nicht zu einer Überauslastung der Wirtschaft führen können.

IfW-Präsident Gabriel Felbermayr sieht bei Preissteigerung in Deutschland auch „strukturelle Kräfte“ am Werk. „Dies zeigt die im Vergleich mit dem Vormonat mit 0,9 Prozent hohe Zuwachsrate der Preise. Ich gehe davon aus, dass nach Überwindung der Sondereffekte die Inflationsrate langfristig etwas höher liegen wird, als vor der Krise.“ „Zunehmender Protektionismus, die Effekte der Klimapolitik und stark expansive Geld- wie Fiskalpolitiken in vielen Ländern werden dafür sorgen“, so Felbermayr.

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Auch Ifo-Chef Clemens Fuest hält die Prognose, dass die hohen Inflationsraten nur vorübergehender Natur sind und dass eine geldpolitische Straffung nicht nötig ist, für gewagt. Er warnt davor, „die Risiken der monetären Expansion zu unterschätzen und die geldpolitische Straffung zu lange hinauszuzögern“. Denn: „Falls eine Straffung der Geldpolitik erforderlich werden sollte, wird sie um so drastischer ausfallen, je später man damit beginnt.“ Vor allem die Fed habe bereits „starke Signale dafür gegeben, höhere Inflationsraten zu akzeptieren. Diese Signale sollte man nicht noch verstärken.“

„Die Europäische Zentralbank wird ihre sehr moderaten Inflationsprojektionen für 2021 (1,9 Prozent) und für 2022 (1,5 Prozent) aufgrund des derzeitigen Preisanstiegs in Deutschland und anderen Euro-Ländern wohl anheben müssen“, erwartet ganz ähnlich Michael Heise, Chefökonom von HQ Trust.

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Entscheidend für den weiteren Verlauf sind einmal die Inflationserwartungen. Eine wichtige Rolle dabei spielt die Frage, wir groß das Vertrauen der Bürger ist, dass die Notenbanken bei wachsenden Inflationsgefahren rechtzeitig mit der geldpolitischen Straffung beginnen.

In den USA sind die Inflationserwartungen laut Umfragen schon deutlich angestiegen. Mindestens ebenso wichtig ist die Frage, ob sogenannte Zweitrundeneffekte eintreten. Hierbei ist vor allem daran zu denken, dass höhere Preise zu höheren Lohnforderungen führen könnten.

EZB-Vize de Guindos sieht diesen Effekt noch nicht, hält in dem Punkt aber große Wachsamkeit für wichtig, damit „aus der vorübergehenden nicht eine strukturelle Inflation“ wird. Die Gewerkschaften stehen bereit: „Wir brauchen gerade auch wegen der anziehenden Preise kräftige Lohnsteigerungen für die Beschäftigten“, sagte die stellvertretende Verdi-Vorsitzende Andrea Kocsis am Donnerstag.

Mehr: Gerechtfertigte Warnungen oder „übliche Paranoia“? Ökonomen streiten über die Inflationsgefahr

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7 Kommentare zu "Verbraucherpreise: Inflation steigt auf fast vier Prozent – Ökonomen zeigen sich alarmiert"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Das ist nur die Inflation für Verbraucherpreise.

    Die Menschen sollten sich mal den Index für Vermögenswerte anschauen, wo es auch um Immobilien geht und die Mieten, die in dem bekannten Index stecken und nicht in den Verbraucherpreisen.

    Ebenso werden uns Menschen in Deutschland die sog. implitziten Schulden vorenthalten, die mit der uns bekannten Verschuldungsuhr nichts zu tun haben. Ich wette, keiner weiß überhaupt wie hoch diese impliziten Staatsschulden gegenwärtig sind. Sicher mehr als doppelt so hoch oder deutlich mehr wie die expliziten.

    Genauso wie gestern gemeldet, dass sich die Zahl der Arbeitslosen gesenkt hat. Schon klar, wenn ich alles nehme vom Eurojober, die über 58 -jährigen, die in Schulungen stecken, Flüchtlinge etc. pp. Dann haben wir nur um die 2,5 Millionen.

    Vielleicht rechnet man(n) mal so, dass es auch jeder nachvollziehen kann. Vermutlich arbeiten 7 bis 10 Millionen gar nicht in diesem Land, die arbeitsfähig wären.

    Und wenn man dann eines Tages in diesem Land nur noch 10 bis 15 Millionen sog. Nettosteuerzahler hat, fängt das Jammern an.

    Aber das interessiert keinen.Man schaut ja nur auf die nächste Legislaturperiode


  • Gestern war das noch gut für die Börsen, so die Börsengurus in den Interviews.

    Und heute?

    Soviel zum Blödsinn aus Mainhattan!

  • Das ist es doch, was politisch gewollt ist. Die überhöhte - in manchen Euro-Staaten kaum noch tragbare - Staatsverschuldung wird durch eine gesteuerte Geldentwertung abgeschmolzen.

  • Herrliche Kommentare! ;-)

    Da der Anstieg der Inflation aber selbstverstämdlich nur "temporär" ist (hhihi), würde ich als "Kompromiss" vorschlagen, dass Sie beide inflationsgeschützte Assets brauchen - und möglichst solche, die der Staat nicht mit einer Zwangshypothek belegen oder konfiszieren kann.
    Das Problem ist aber, dass man nicht sagen kann, wann sich der monetäre tektonische Druckaufbau spektakulär zu einer Seite entladen wird. Noch stehen den inflationären Kräften heftige deflationäre Gegenkräfte im Weg, welche vor allem sind: Rückgang des Kreditmultiplikators ( -> Kreditgeldschöpfung der Geschäftsbanken), den die Zentralbanken "kompensieren" müssen), Basel-III-Kaputtregulierung und (noch) geringe Umlaufgeschwindigkeit des Geldes. Es kann also immer noch starke deflationäre Einbrüche geben, weshalb man die inflationsgeschützten Assets hedgen muss!! Hätte der Herr Yu Zha nämlich ausgerechnet aus irgendwelchen Gründen große Ausgaben tätigen müssen, als der Bitcoin auf ca. 25k€ eingebrochen war, dann hätte er wahrscheinlich Verluste realisieren müssen.
    Es ist sehr sicher, dass die Zentralbanken irgendwann die Kontrolle über die monetäre Tektonik verlieren werden - und da sie immer Geld drucken können, dass sie die deflationären Gegenkräfte "endgültig" überwinden werden und eine Hyperinflation auslösen werden - aber es ist eben nicht sicher, wann das passieren wird. Und wenn Sie ihre inflationsgeschützen Assets nicht hedgen, dann könnten Sie eben doch außerordentlich viel verlieren!

  • Super, Inflation hoch, dann höhere Löhne, Ergebnis ist ein größeren Wettbewerbsnachteilen Deutschlands für die Zukunft.

    Danke der EZB für einen immer tieferen Schlamassel. Aussage: Bei uns ist mit der Inflation alles anders als in den USA... Aber die EZB folgt der USA 1:1... Also macht sie wohl was falsch.

    Alles was die EZB macht ist zum Nachteil Deutschlands. Macht man immer das Gegenteil der EZB oder arbeitet man gegenteilig ist man besser dran. Verrückte Welt.

  • Ich bin schon immer all out Bitcoin. Kryptowährungen ermöglichen und fördern kriminelle Geschäfte, ich nicht.

  • Ich bin all in Bitcoin, FIat Währungen stehen nach brutalem Missbrauch von Staaten und Zentralbanken vor dem Aus.

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