Fertighäuser und Nachhaltigkeit Wohnen mit Ökosiegel

Zertifikat für besonders gute Raumluft.
Quelle: PR
Berlin Ein ganz besonderes Einfamilienhaus steht im badischen Rheinau-Linx. Nicht nur, dass das von Weber Haus entwickelte Passivhaus extrem wenig Energie verbraucht; es darf sich auch mit dem Prädikat „wohnmedizinisch empfohlen“ schmücken, da es gemäß einer Untersuchung des Privatinstituts für Innenraumtoxikologie über hervorragende Werte in Sachen Raumluft verfügt.
Ein Einzelfall ist das Vorzeigeprojekt nicht. Der Bau von fast 18.000 Fertighäusern ist im vergangenen Jahr in Deutschland genehmigt worden – und bei immer mehr von ihnen spielt Nachhaltigkeit eine Rolle.
„Seit 2014 lassen wir unsere Häuser nach dem DGNB-System zertifizieren“, sagt etwa Stefan Meurer, Leiter Marketing bei Okal Haus. Gemeint ist das Zertifizierungssystem für kleine Wohngebäude, das die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) 2013 auf den Markt gebracht hat und das neben ökologischen auch wirtschaftliche und soziale Aspekte der Nachhaltigkeit bewertet. Noch allerdings stellt das DGNB-System, das bei großen Gewerbegebäuden längst etabliert ist, bei Ein- und Zweifamilienhäusern eine Ausnahme dar: Laut DGNB-Sprecher Felix Jansen ist bisher nur rund ein Dutzend Zertifikate vergeben worden.
Grünes Bewusstsein
Okal-Marketingchef Meurer sieht in einer Zertifizierung vor allem den Vorteil, „dass sie den Kunden eine hohe Qualität bescheinigt und ihnen dadurch Sicherheit gibt“. Deshalb hat das Unternehmen ein Musterhaus in Wuppertal noch nach einem zweiten System untersuchen lassen, nämlich nach dem vom Bundesbauministerium entwickelten Bewertungssystem Nachhaltiger Kleinwohnhausbau (BNK). Auch dieses geht über ökologische Kriterien weit hinaus. So berücksichtigt es beispielsweise die Barrierefreiheit, den sommerlichen Wärmeschutz, die Kosten im Lebenszyklus und die sogenannte Prozessqualität, zu der auch das Beratungsgespräch mit den Kunden gehört.
Ebenfalls an der Entwicklung des BNK mitgewirkt hat Weber Haus. „Es war uns ein Anliegen, aktiv an der Forschung beteiligt zu sein“, begründet dies Marketingleiter Klaus-Dieter Schwendemann. „Indem unabhängige Instanzen unser Produkt beurteilen, stellt sich heraus, was wir noch verbessern können.“
Doch interessieren sich die Kunden überhaupt für solche Ansätze? „Unsere Bauherrschaft zeichnet sich durch ein hohes ökologisches Bewusstsein aus“, versichert Schwendemann. Auch Stefan Meurer von Okal Haus ist überzeugt, „dass für viele Menschen Nachhaltigkeit eine immer wichtigere Rolle in ihrem Leben spielt“.
Und Christoph Windscheif, Sprecher des Bundesverbands Deutscher Fertigbau (BDF), berichtet, dass sich viele Interessenten in den Musterparks der Hersteller nach der Energieeffizienz erkundigen – ungeachtet der derzeit niedrigen Energiepreise. „Ob die Kunden bereit sind, dafür mehr zu bezahlen, wird man am Markt sehen“, schränkt Windscheif allerdings ein.
Ein Haus für jede Generation
Nachhaltig wollen die Anbieter aber nicht nur in Bezug auf Energieeffizienz und Wohngesundheit sein. Okal Haus, sagt Stefan Meurer, beziehe den Begriff der Nachhaltigkeit auch auf soziale Zusammenhänge. „Durch unterschiedliche Häusermodelle, -größen und -schnitte ermöglichen wir generationsübergreifendes Wohnen“, nennt er ein Beispiel.
Die Fertighausbranche sei überzeugt von der Relevanz des Themas – trotz aller Abnutzungserscheinungen, die der Begriff mittlerweile aufweist, versichert Dirk-Uwe Klaas, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Deutscher Fertigbau (BDF). Er definiert Nachhaltigkeit schlicht als Basis allen zukunftsfähigen Bauens und Wohnens.
Die Holz-Fertighaushersteller reklamieren dabei für sich einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil: Die Nachhaltigkeit liege schließlich schon in der Natur des Baumaterials, aus dem Fertighäuser hauptsächlich bestehen, ergänzt BDF-Sprecher Christoph Windscheif. Holz sei ein nachwachsender Rohstoff und ermögliche zudem eine hohe Energieeffizienz, da er eine geringe Wärmeleitfähigkeit habe. Für den BDF ist es deshalb nicht verwunderlich, dass beinahe alle neuen Fertighäuser als KfW-Effizienzhäuser errichtet werden. Solche Effizienzhäuser haben einen hohen energetischen Standard und werden von der staatlichen KfW-Bank besonders gefördert.
Die Wortführer der Fertighausbranche sehen hier einen weiteren Vorteil ihrer Bauweise: Fertighäuser lassen sich schnell errichten und bieten so anpassungsfähige Lösungen. Das gilt zum Beispiel für das von der TU Darmstadt und der Deutschen Fertighaus Holding entwickelte Konzept „Cubity“ – und dieser flexibel nutzbare Würfel mit zwölf Studentenapartments schaffte es beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2015 immerhin in die Endausscheidung der drei besten Projekte.