Immobilien-Investments Wenn das Pflegeheim zum Anlageobjekt wird

Per Crowdinvesting finanziert.
Frankfurt Die Bauherren des neuen Pflegeheims „Am Klösterchen“ in Bad Breisig versprechen eine Rentneridylle: Die rheinland-pfälzische Kurstadt liegt eingebettet in Weinberge direkt am Rhein. Winzer laden zur Einkehr, die Natur zu ausgedehnten Wanderungen ein. Und von hier aus ist es nur eine halbe Stunde mit der Bahn nach Bonn. Wer ein Stück davon abhaben will, muss nicht erst einen Pflegegrad erreichen. Das Unternehmen Wirtschaftshaus hat das Pflegeheim mit einer Million Euro von Kleinanlegern finanziert – per Crowdinvesting auf der Internetplattform Zinsland. 6,75 Prozent Rendite wurden geboten. „In nur zweieinhalb Tagen war die Summe finanziert“, resümiert Raik Lubitz, Vertriebs- und Marketingmanager bei Wirtschaftshaus. Vor wenigen Tagen wurde das Fundament gelegt. Die 72 Einzelapartments wurden schon an Einzelpächter verkauft.
Das Beispiel vom Crowdinvestment in Bad Breisig zeigt einen Trend: Deutsche Pflegeimmobilien stehen hoch im Kurs. Großinvestoren wie Kleinanleger verführt die hohe Rendite auf ein vermeintlich sicheres Geschäft. Doch Anleger sollten aufpassen. Ein Investment ist zwar auf vielfältige Weise möglich. Der Rendite stehen aber auch eine Reihe von Risiken gegenüber.
Dabei sprechen die Statistiken für das Geschäft: Bis 2030 könne die Zahl der Pflegebedürftigen von 2,6 Millionen im Jahr 2015 um mehr als ein Drittel auf 3,5 Millionen Menschen ansteigen, prognostiziert das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung. Bis dahin erkennt der Immobiliendienstleister CBRE einen zusätzlichen Bedarf von 340.000 Pflegeapartments. Weitere 210.000 müssten modernisiert werden. Für Michael Held, Geschäftsführer des auf Sozialimmobilien spezialisierten Projektentwicklers Terragon, ist klar: „In Zukunft bekommen wir bei den Pflegeheimplätzen eine Unterversorgung.“
Bisher machen Pflegeheime aber am milliardenschweren Gewerbeimmobilienmarkt nur eine Nische aus. Selbst das Rekordjahr 2016 mit drei Milliarden Euro Umsatz kam nur auf einen Sechs-Prozent-Anteil. Doch Investoren reizt die Rendite: Während Büroimmobilien in den Metropolen nur noch etwa drei Prozent Rendite abwerfen, liegt sie laut CBRE im Marktdurchschnitt bei den Pflegeimmobilien bei 5,25 Prozent. Allerdings sind die Renditen binnen fünf Jahren bereits um zwei Prozentpunkte gesunken.
Grundsätzlich können sich Privatanleger auf vielfache Art beteiligen: per Crowdinvesting über Investments in geschlossenen Fonds bis hin zum Kauf einzelner Apartments in Pflegeheimen. Der Erwerb eines Einzelapartments ist mit einem Preis von mehr als 100.000 Euro für ein Apartment ab 40 Quadratmetern kostspielig. Im Unterschied zu einem Wohnungskauf gilt zu beachten, dass kein Eigentum, sondern nur ein Pachtrecht erworben wird, das oft über 20 Jahre läuft. Als Vorteil nennen Verkäufer neben dem gesicherten eigenen Pflegeplatz, dass sich der Käufer nicht um die Vermietung kümmern muss – das macht der Heimbetreiber. Und die Mieteinnahmen sind insofern abgesichert, als dass der Staat mit Sozialhilfe einspringt, wenn der pflegebedürftige Mieter den Betrag nicht mehr selbst stemmen kann.
Dennoch bleibt das Risiko von Einnahmeausfällen, wenn das Apartment leer steht. Markus Bienentreu vom Beratungsunternehmen Terranus mahnt zudem: „Meist sind die Instandhaltungskosten bei Pflegeimmobilien wesentlich höher als bei Wohnimmobilien, schon weil die Bewohner in der Regel 24 Stunden am Tag dort sind und die Nutzung durch das Personal hinzukommt.“ Die Kosten für Instandhaltung und Modernisierung werden auf die Pächter umgelegt. Hinzu kommt ein Betreiberrisiko, auch wenn bislang nur wenige Betreiber insolvent gingen.
Fokus auf wenige Immobilien
Achten sollten Anleger auch auf die Auslastung, den Standort und den Zustand eines Pflegeheims: Ein deutschlandweiter Mangel an Plätzen ist keine Garantie dafür, dass jedes Heim profitabel läuft. Das gilt für Apartmentkäufer wie für Fondsanleger. Gezielt auf Pflegeimmobilien lässt sich indes nur mit geschlossenen Fonds setzen. Doch die fordern, etwa bei der Immac-Reihe, einen Einstiegspreis ab 10.000 Euro. „Anleger sollten sich bei geschlossenen Fonds, die in nur ein oder wenige Objekte investieren, stets der Konzentrationsrisiken bewusst sein“, gibt Sonja Knorr von der Ratingagentur Scope zu bedenken.
Hinzu kommen staatliche Regularien. Für jedes Bundesland gilt ein eigenes Landesheimgesetz. In einigen Ländern werden die Vorschriften verschärft. So müssen in Baden-Württemberg ab 2019 alle Apartments Einzelbettzimmer sein. Pächter von Zwei- oder Mehrbettzimmern müssen ihre Einnahmekalkulation also völlig auf den Kopf stellen.
Unter dem Strich bleibt ein Investment in die Altenrepublik Deutschland, das sich lohnen kann, aber nicht muss. Wer ein Investment plant, sollte den Markt kennen. Das gilt auch für das Crowdinvestment, auch wenn der niedrige Einstiegspreis von 500 Euro mit hoher Verzinsung und geringer Laufzeit lockt. Terranus-Experte Bienentreu warnt jedoch vor den „sehr großen Risiken“ der Schwarmfinanzierung. Es handelt sich dabei meist um Nachrangdarlehen. Im Falle einer Insolvenz der Gesellschaft werden die Investoren zuletzt bedient. Schlimmstenfalls droht ein Totalverlust.
Die Anleger scheinen bereit zu sein, die Risiken einzugehen. Wirtschaftshaus hat nach dem Pflegeheim in Bad Breisig ein weiteres Objekt über die Plattform Exporo finanziert. In weniger als 24 Stunden waren die 1,7 Millionen Euro eingesammelt.
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