Immobilien Vonovia sichert sich mehr als 60 Prozent an Deutscher Wohnen

Am Donnerstag legte der Immobilienkonzern das Endergebnis vor, wie viele Anleger nach Ablauf der Angebotsfrist ihre Aktien angeboten haben.
Frankfurt Die größte Übernahme in der Geschichte der deutschen Immobilienbranche ist besiegelt: Der Dax-Konzern Vonovia hat sich bei der Offerte für die Deutsche Wohnen eine deutliche Mehrheit am Dax-Rivalen gesichert.
Nach dem Ende der ersten Annahmefrist des milliardenschweren Übernahmeangebots besitzt Vonovia 60,3 Prozent der Stimmrechte, wie der Bochumer Konzern am Donnerstagmorgen mitteilte. Folglich wird Vonovia Mehrheitsgesellschafter des Konkurrenzunternehmens.
Der Erfolg der Übernahme war zuletzt kaum mehr fraglich. Bereits Anfang vergangener Woche hatte Vonovia verkündet, dass es einen Anteil von 50,49 Prozent an der Deutschen Wohnen halten würde. Die erste Frist der bis zu 19 Milliarden Euro schweren Übernahmeofferte endete am 4. Oktober um Mitternacht. Vonovia bietet 53 Euro je Deutsche-Wohnen-Aktie.
Dennoch könnte der Anteil der Vonovia noch etwas steigen. Denn Anleger können auch weiterhin ihre Deutsche-Wohnen-Aktien an Vonovia verkaufen. Obwohl die erste Frist des Übernahmeangebots beendet ist, sieht das Übernahmerecht eine zweite, zweiwöchige Nachfrist vor, die vom 8. bis zum 21. Oktober um Mitternacht läuft.
In dieser Phase haben unentschlossene Investoren noch die Gelegenheit, ihre Anteile zum festgesetzten Preis von 53 Euro anzudienen. Die Fachleute der US-Bank Jeffries mutmaßen, dass Vonovia am Ende wahrscheinlich sogar auf einen Anteil von 60 bis 70 Prozent an der Deutschen Wohnen kommen könnte.
Es entsteht der größte Immobilienkonzern Europas
Mit dem Zusammenschluss entsteht der mit Abstand größte Immobilienkonzern in Europa. Den beiden im Leitindex Dax gelisteten Immobilienriesen gehören zusammen rund 550.000 Wohnungen im Wert von mehr als 80 Milliarden Euro, der größte Teil davon in Deutschland.
Das Immobilienportfolio der Deutschen Wohnen liegt vor allem in Berlin. Der Konzern steht in der Hauptstadt stark in der Kritik: Die Berliner sprachen sich am Wahlsonntag Ende September in einem Volksentscheid für eine Vergesellschaftung von Wohnungen großer Konzerne aus. Das Votum ist indes rechtlich nicht bindend.
Vonovia-Boss Rolf Buch sprach sich für konstruktive Lösungen in Berlin aus. Vonovia stehe bereit, um mit einer neuen Landesregierung und den relevanten gesellschaftlichen Akteuren der Stadt die Herausforderungen auf dem Berliner Wohnungsmarkt kraftvoll anzugehen, erklärte der Konzern.
Vonovia und Deutsche Wohnen hatten im Zuge ihrer Fusionspläne bereits 14.750 Wohnungen an kommunale Wohnungsunternehmen in Berlin verkauft. Im nächsten Schritt wollen sie ihre Mieten in Berlin freiwillig für die nächsten fünf Jahre begrenzen. Darüber hinaus sind sie bereit, rund 13.000 neue Wohnungen in Berlin zu bauen. Buch sprach sich für ein „neues Bündnis für das Wohnen“ aus.
Erfolg im zweiten Anlauf
Gemeinsam wollen die beiden Unternehmen nun zum größten privaten Entwickler von Wohnungen in Deutschland werden. Das Bundeskartellamt hatte die Pläne bereits freigegeben. Die letzte Übernahmeofferte Vonovias für Deutsche Wohnen war Ende Juli noch an der Mindestannahmeschwelle von 50 Prozent gescheitert. Die Bochumer hatten nur 47,6 Prozent der Anteile einsammeln können.
Beim nunmehr erfolgreichen Anlauf hatte Vonovia dagegen diese Schwelle kurz vor Ende der Angebotsfrist gestrichen, weshalb die Transaktion nicht an den Bedingungen scheitern konnte. Die Entscheidung der Berliner Bürger, den Senat eine Enteignung großer Vermieter prüfen zu lassen, setzt den neuen Riesen jedoch unter Druck.
Das Vorgehen der beiden Konzerne bei der Übernahme stieß in den vergangenen Tagen auch bei Investoren auf deutliche Kritik. Im Streit mit dem Londoner Hedgefonds Davidson Kempner konnten die Konzerne nun aber einen Punktsieg verbuchen.
Der Hedgefonds zog am Mittwoch einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung gegen die Deutsche Wohnen zurück. Die Kläger begründeten den Schritt damit, dass der Immobilienkonzern dem Finanzinvestor schriftlich versichert habe, von den umstrittenen Optionen keinen Gebrauch mehr machen zu wollen. Die Deutsche Wohnen bestätigte, dass der Antrag zurückgezogen worden sei. Der Anwalt des Hedgefonds betonte jedoch, dass man den Sachverhalt weiter aufmerksam verfolge und sich weitere juristische Schritte vorbehalte.
Eine rasche Entscheidung im Streit zwischen dem Hedgefonds und dem Konzern ist damit vorerst abgewendet. Davidson Kempner hatte Ende September beim Landgericht in Berlin eine einstweilige Verfügung gegen Deutsche Wohnen beantragt.
Damit wollte der Hedgefonds ursprünglich verhindern, dass die Nummer zwei unter den deutschen Wohnungskonzernen der größeren Vonovia über eine Kapitalerhöhung und den Verkauf von eigenen Aktien zu weiteren sechs Prozent der Deutsche-Wohnen-Anteile verhelfen kann. Der Hedgefonds hält nach eigenen Angaben 3,2 Prozent an Deutscher Wohnen und wirft dem Vorstand einen Interessenkonflikt bei der 19 Milliarden Euro schweren Übernahme vor.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.