Kryptowährungen: Häuser zum Bitcoin-Tarif locken Käufer
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Immobilienkauf mit KryptowährungenHäuser zum Bitcoin-Tarif locken Käufer
Der Bitcoin-Boom der hat Menschen reich gemacht. Nun versuchen einige, ihren virtuellen in realen Immobilienreichtum zu wandeln. Das hat seine Tücken.
Großes Interesse von Bitcoin-Eigentümern an Wohnung mit Parkblick.
(Foto: ddp images/U. Gernhoefer/Shotsho)
Frankfurt Für Felix Haas sollte es ein Experiment werden: Der Gründer und Tech-Investor wollte seine Zwei-Zimmer-Wohnung in München Bogenhausen verkaufen, und zwar gegen Bitcoin. Der Gründer von IDNow, einem Video-Ident-Verfahren, war nicht etwa in Geldnot geraten. Er wollte einfach herausfinden, ob es in Deutschland schon möglich ist, eine Wohnung gegen Kryptowährungen zu verkaufen.
Haas’ Wohnung befindet sich in einer der gefragtesten Lagen der bayerischen Landeshauptstadt, direkt am Englischen Garten. Inseriert war sie möbliert – mit Bett, Küche, Schrank und Fernseher, nur die Sitzgelegenheit auf dem Westbalkon fehlte in der Annonce.
„Ein paar Bitcoin zu viel rumliegen?“, fragte Haas im Dezember auf seiner Facebook-Seite mit einem Link zu seinem Wohnungsangebot. Kosten sollte die Immobilie entweder 550.000 Euro – oder 38,7 Bitcoin. „Der Post hat eine Welle ausgelöst. Bei mir haben sich Dutzende Interessenten gemeldet, viele Leute aus Asien“, berichtet Haas.
Jene, die mit Kryptowährungen in den vergangenen Jahren zu virtuellen Neureichen wurden, versuchen nun, ihr Vermögen in reale Werte wie Immobilien zu tauschen. Immobilienbesitzer erkennen zugleich in den Krypto-Vermögenden eine kaufkräftige Zielgruppe und bieten Häuser zum Bitcoin-Tarif an. In der Theorie klingt das Geschäft verlockend einträglich. Die Praxis erweist sich als Herausforderung, die von Währungsschwankungen bis Geldwäscheverdächtigungen reicht.
Dass heute überhaupt Immobilien gegen Bitcoin angeboten werden, liegt am Boom der Kryptowährungen. Dahinter verbergen sich weltweit verteilte, dezentrale Netze von Datenbanken. Bitcoin, Ethereum und andere basieren auf einer Blockchain, einer Kette, in der alle Transaktionen, gespeichert sind. Deshalb gelten Bitcoin als fälschungssicher.
Dies und der Reiz, dass es sich um eine Währung jenseits allen Einflusses von Zentralbanken handelt, haben den Kryptowährungen einen kometenhaften Aufstieg beschert. Kostete ein Bitcoin im August 2010 noch 0,06 US-Dollar, waren es im Dezember 2017 schon 20.000 Dollar. Mittlerweile hat sich der Kurs auf 7000 Dollar zwar wieder mehr als halbiert. Aber Professor Philipp Sandner von der Frankfurt School of Finance ist überzeugt, dass Kryptowährungen bleiben: „Das ist keine Kult-Manie. Kryptoassets – also auch Bitcoin und andere Ansätze – werden sich noch stärker etablieren.“
Anerkennung Bitcoins als Währung steigert Interesse am Tausch
Länder wie Japan, die Schweiz oder einzelne US-Bundesstaaten haben Bitcoin schon als offizielles Zahlungsmittel anerkannt. Dadurch dürfte das Interesse, virtuelle Reichtümer in Sachwerte zu tauschen, verstärkt haben. In Dubai haben zwei Briten 50 Apartments gegen Bitcoin verkauft. Auf der Internetplattform „Bitcoin Real Estate“ werden weltweit Wohnungen gegen Kryptowährungen feilgeboten, egal ob in der Schweiz, Panama oder Deutschland.
Selbst Makler großer Unternehmen sind begeistert. Thomas Zabel, Leiter von JLL Residential Developments, sagt, ihm würden regelmäßig Bezahlungen gegen Bitcoin angeboten. „Ich finde das Thema hochspannend“, schwärmt er. Es gäbe jede Menge Vorteile, vor allem in der dahinterliegenden Technologie der Blockchain, die Prozesse vereinfachen und Kosten reduzieren könnte. Aber: „JLL darf keine Zahlungen in Bitcoin anbieten, da sie in Deutschland kein offizielles Zahlungsmittel sind“, sagt Zabel.
Furcht vor Geldwäsche
Das Krypto-ABC
Bitcoins sind eine elektronische Währung, manchmal auch Kryptowährung genannt. Sie basiert auf einer Blockchain. Die Identität des Gründers, Satoshi Nakamoto, ist unbekannt.
Blockchains sind elektronische Buchhaltungen, die jedem Nutzer dezentral in identischer Form zur Verfügung stehen.
DAO steht für „Digitale autonome Organisation“. Das Unternehmen existiert virtuell, und die Eigentümer lenken es durch elektronische Entscheidungsprozesse.
Ethereum ist ein Projekt, das dem der Bitcoins ähnelt. Die zugehörige Währung heißt Ether. Die zentrale Gründerfigur ist der russischstämmige Kanadier Vitalik Buterin. Eine besondere Rolle spielen dabei Smart Contracts.
ICO steht für Initial Coin Offering. Im Internet sammeln Firmen bei virtuellen Börsengängen Geld für Geschäftsprojekte ein, häufig in Form von Bitcoins. Im Gegenzug erhalten die Investoren Tokens. Oft befinden sich die Projekte in einem frühen, sehr experimentellen Stadium. Manchmal handelt es sich bei den Unternehmen um DAOs.
Kryptowährungen sind Zahlungsmittel, die allein auf einer Software basieren – auf einer globalen, praktisch fälschungssicheren Datenbank (der Blockchain). Die bekannteste Währung ist der Bitcoin. Elektronische Verschlüsselung stellt sicher, dass die digitalen Einheiten oder Münzen (Coins) nur ihren Besitzern zur Verfügung stehen.
Ripple ist eine Alternative zu Bitcoins, die für den Zahlungsverkehr unter Banken gegründet wurde. Die zugehörige Währung heißt XRP. Das wichtigste Unternehmen ist Ripple-Lab.
Smart Contracts bewirken automatisch Vorgänge, etwa Zahlungen, bei Erfüllung bestimmter Bedingungen.
Tokens werden im Rahmen von ICOs herausgegeben und sind keine Aktien. Sie ähneln eher digitalen Gutscheinen oder Einzahlungsbelegen, versprechen eine Beteiligung an künftigen Gewinnen oder Management-Entscheidungen, oder einen Zugang zum geplanten Service der Firma. Die Tokens sollen den Investoren die Teilhabe an dem Projekt garantieren, das mit ihrem Geld realisiert wird. Rechte für die Anleger sind mit ihnen aber meist nicht verbunden, teilweise deklarieren die Anbieter sie sogar als „Spenden“. Viele Anleger handeln sie wie Bitcoins – in der Hoffnung auf Spekulationsgewinne.
Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) hat sich auch schon mit dem Thema Kryptowährungen beschäftigt. Bafin-Chef Felix Hufeld warnte vor einem Totalverlustrisiko bei Bitcoin & Co. Als offizielles Zahlungsmittel sind die virtuellen Währungen hierzulande nicht zugelassen, von der Bafin jedoch als Rechnungseinheit eingestuft, also eine Art Finanzinstrument. Dadurch sind Immobilienverkäufe gegen Bitcoin nicht zwingend ausschlossen.
„Im Prinzip ist ein Verkauf gegen Bitcoin möglich“, erklärt Stefan Schmitz, Geschäftsführer des Deutschen Notarvereins. Denn Leistung und Gegenleistung für einen Kauf würden von den Vertragsparteien bestimmt. Sind sich also Käufer und Verkäufer einig, dass Bitcoin statt Euro überwiesen werden, kann der virtuelle Reichtum zu realem Wert gemacht werden.
Die Praxis gestaltet sich aufgrund der großen Kursschwankungen aber schwierig. In den meisten Fällen wird der Immobilienwert wie bei Haas in Euro oder Dollar bemessen. Erst am Tag der Wertstellung wird der Preis in Bitcoin umgerechnet. Nur so ließe sich auch die fällige Grunderwerbsteuer bemessen.
Darum wundert sich Thomas Schroeter, Co-Chef der Vermittlungsplattform Immobilienscout24: „Die Frage ist doch: Wo steckt der Vorteil bei einem Bitcoin-Verkauf?“ Er glaubt: „Solange dieser nicht erkenntlich ist, bleiben Angebote dieser Art eher ein Marketing-Gag der Anbieter.“ Das Thema Kryptowährungen habe zwar auch bei den Inserenten der Immobilienplattform zugenommen. Insgesamt handele es sich bei Bitcoin-Inseraten aber noch um Einzelfälle, berichtet er.
Bitcoin- Transaktion scheinen noch aus einem anderen Grund suspekt: Geldwäsche. Denn das virtuelle Geld ist auch bei Kriminellen beliebt, weil ihre Inhaber sich nicht an jeder Bitcoin-Börse identifizieren müssen. Bitcoin werden in einem digitalen Geldbeutel (Englisch: „wallet“) gespeichert. Der ist mit einer Nummer versehen. Mit einem Immobilienkauf, so die Befürchtung, könnte Geld aus kriminellen Machenschaften gewaschen werden.
Anonymer Grundstückkauf ist auch mit Bitcoins unmöglich
Immerhin: „Ein anonymer Grundstückskauf ist in Deutschland auch bei einer Bezahlung in Bitcoin nicht möglich“, erklärt Christoph Enaux, Partner bei der Kanzlei Greenberg Traurig in Deutschland. Wer in Deutschland eine Immobilie kauft, muss sich ausweisen. Spätestens dann würde der anonyme Wallet-Besitzer identifiziert.
Allerdings ließe sich das leicht umgehen, zum Beispiel wenn ein Krimineller eine Immobilie über einen Strohmann kauft und die Bitcoin nicht auf einen Schlag überweist, erklärt Tech-Investor Haas. „Technisch ließe sich eine große Überweisung über Tausende Zwischenwallets und mit vielen kleinen Transaktionen verschleiern“, gibt er zu bedenken.
Das macht die Sache für Verkäufer und Banken kompliziert: Sie sind anhand der sogenannten „Know your customer“-Regeln (zu Deutsch: Kenne deinen Kunden) verpflichtet, die Herkunft des Geldes bei auffälligen Transaktionen nachzuforschen. „Für die Teilnehmer an einer Transaktion ist das unglaublich mühsam, weil sie tief in die Blockchain reinschauen müssten und selbst dann oftmals noch viele Fragezeichen bezüglich der Identität der anderen Partei verbleiben“, erläutert Philipp Sandner, der an der Frankfurt School of Finance das Blockchain Center leitet. Das Thema sei neu und darum noch vieles ungeklärt.
Entsprechend zurückhaltend ist die Branche. „Aufgrund der Know-your-customer-Standards sehen wir noch keine unmittelbaren, kurzfristigen Anknüpfungspunkte bei der Bezahlung von Immobilien“, sagt Kyrill Radev, Finanzchef bei Ziegert Bank- und Immobilienconsulting. Ziegert verkauft gehobene Immobilien in Berlin.
Ebenso schwer tun sich Banken und Baudarlehensvermittler mit Bitcoin. Der Kreditvermittler Interhyp ist überzeugt, dass ein Immobilienkauf direkt mit Bitcoin hierzulande nicht funktioniert. Marcus Rex, Geschäftsführer des Kreditvermittlers Planet Hyp, erklärt, dass Bitcoin innerhalb der „gängigen Prozesse“ bei Baufinanzierungen „aktuell noch nicht abbildbar“ seien, da es noch keine „,saubere‘ Datenbasis gibt, in der die Herkunft von Bitcoin einheitlich geprüft werden kann“.
Sparkassen bieten keine Bitcoin-Darlehen
Die Hamburger Sparkasse, die größte deutsche Sparkasse gemessen an ihrer Bilanzsumme, erklärt, dass sie für die Baufinanzierung keine Bitcoin-Darlehen anbietet, es aufgrund der hohen Kursschwankungen auch nicht empfehlen würde. Dem schließt sich die ING Diba an. Bitcoin als Eigenkapitalgrundlage für einen Immobilienkauf zu verwenden sei nicht möglich.
„Eigenkapital ist Bestandteil der Finanzierung und damit muss es zur Begleichung von Rechnungen wie Baukosten eingesetzt werden“, erläutert die Bank und ergänzt: „Mit Bitcoin lässt sich das aber nicht bezahlen, und von Bauunternehmen, die Bitcoin akzeptieren, haben wir bislang nicht gehört.“ Es sei aber möglich, Geld aus Bitcoin-Kursgewinnen als Eigenkapital einzubringen, also wenn aus Kryptowährungen Euro werden, erklärt die ING Diba. Besteht jedoch ein Geldwäscheverdacht, will sie gesondert prüfen.
Wer keine eigene Immobilie kaufen möchte, findet im Internet Konzepte, die Anteilserwerb an Gewerbegebäuden anbieten, ähnlich Immobilienfonds. Stefan Klaile von Xolaris, einem auf geschlossene Fonds spezialisierten Dienstleister, hat das mal erwogen. „Wir haben uns aber relativ bald dagegen entscheiden. Für uns ist das Geschäft zu risikoreich“, sagt Klaile.
Viele ausländische Investoren lehnten ein Kenne-deinen-Kunden-Verfahren ab. Hinzu kämen die großen Kursschwankungen, die kaum abzusichern seien. „Entgegen den Gewinnchancen, die Sie mit so einem Produkt hätten, sind die Risiken einfach zu groß“, fürchtet Klaile.
Der Münchener Tech-Investor Felix Haas tüftelt zwar weiter an einer Idee, wie er mit der Blockchain, der Technologie hinter dem Bitcoin, im Immobiliengeschäft arbeiten kann. Seine Wohnung hat er aber nicht gegen Bitcoin verkauft: Angebote habe er Dutzende gehabt. Doch viele Interessenten hätten bei der Überprüfung der Geldherkunft geblockt. Bitcoin aus dubiosen Quellen zu beziehen – das Risiko wollte Haas lieber nicht eingehen.
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