Immobilienmarkt London Brexit macht Wohnungen billiger

Briten stellen Wohnungskäufe zurück.
Düsseldorf Londons Hausbauer übernehmen die Mehrwertsteuer, geben 20.000 Pfund für den Kauf von Möbeln dazu und bieten die Chance, einen Gratis-Parkplatz zu gewinnen. So reagieren die Unternehmen auf die sinkende Nachfrage am Immobilienmarkt nach der Entscheidung Großbritanniens, die Europäische Union (EU) zu verlassen.
Der Brexit werde die britische Wirtschaft beschädigen und könnte den Wert von Wohnimmobilien in London um mehr als 30 Prozent einbrechen lassen, warnten die Analysten der Bank Société Générale. Barclays-Immobilienexperte Jon Bell prognostiziert, dass die Umsätze britischer Hausbauer um fünf Prozent fallen werden. Der Immobilienmarkt der britischen Hauptstadt bietet ein Überangebot von Wohnungen, die sich die Londoner nicht leisten können.
Schon vor dem Brexit-Referendum hatten die Bewertungen gelitten, weil Vermieter sich von Objekten trennten. Ein Anstieg von Abgaben und neue Richtlinien bei der Kreditvergabe hatten ihren Ertrag fast auf null einbrechen lassen, stellten Analysten der Deutschen Bank noch vor der Volksabstimmung fest. Im Mai hatten die Eigenheimpreise um 1,4 Prozent nachgegeben – das größte Monats-Minus in rund fünf Jahren.
Junge Londoner sind verunsichert
Londonerinnen wie die 26-jährige Natalia Kopczynska sind vom Brexit-Votum verunsichert. Eigentlich wollte sie mit ihrem Partner eine Immobilie für 500.000 Pfund im Stadtbezirk Beckenham kaufen. Jetzt hat sie ihre Entscheidung auf Eis gelegt: „Wir wissen jetzt nicht, was mit den Zinsen passieren wird, falls das Land in die Rezession abrutscht und ob und in welchem Umfang die Immobilienpreise sinken werden.“
Um eigenen Kunden solche Sorgen zu nehmen, bietet der Wohnungsbauträger Galliard Homes Käufern, die selbst einziehen, einen Rabatt von drei Prozent. Und bei Interessenten, die eine Wohnung als Investment kaufen, übernimmt die Firma einen Teil der Steuern. Zudem veranstaltet sie beim Verkauf einer Drei-Zimmer-Wohnung im Marine-Wharf-East- Projekt eine Lotterie für zwei Parkplätze.
Barratt Developments bietet derweil Möbelgutscheine im Wert von 20.000 Pfund an. Bedingung: Der Kunde verpflichtet sich eine Wohnung mit einem Schlafzimmer im Aldgate Place nahe dem Londoner Finanzbezirk zu erwerben. Auf der Internetseite der Firma wird ein solches Apartment für mehr als 800.000 Pfund angeboten.
Eigenheimkäufe gingen um 33 Prozent zurück
Die Verkäufe neuer Eigenheime in London, wo die Preise rund 62 Prozent über dem Hoch von 2007 liegen, waren zuletzt gefallen – unter anderem wegen zusätzlicher Abgaben für ausländische Käufer und höheren Steuersätzen. Die Käufe gaben laut Marktforscher Molior im ersten Quartal um etwa 33 Prozent auf 5947 nach.
Immobilienmakler Knight Frank hatte zum Ende des ersten Quartals 2016 festgestellt, dass die Preise für hochwertige Londoner Wohnungen, unabhängig vom Alter, gegenüber dem gleichen Vorjahresquartal nur noch um 0,8 Prozent gestiegen waren. Das sei der niedrigste Wert seit Oktober 2009 gewesen. Damals waren die Preise infolge der Lehman-Pleite ein Jahr zuvor um 3,2 Prozent gesunken. Auf das Halbjahr zum Oktober 2015 zurückgerechnet gaben die Preise sogar um 0,6 Prozent nach.
Derzeit gibt es Pläne für 35.000 hochpreisige Wohnungen im Wert von fast 77 Milliarden Pfund für das kommende Jahrzehnt. Gleichzeitig jedoch drohen in der britischen Finanzbranche wegen der Brexit-Abstimmung bis zu 100.000 Arbeitsplätze verloren zu gehen, zeigen Hochrechnungen von PwC. Das würde die Nachfrage nach Immobilien schwächen.