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Mega-Immobilienprojekt in Düsseldorf Wohnen im Zeichen des „G“

Es ist ein Mammutprojekt mit Quartiercharakter: In Düsseldorf entstehen auf einer ehemaligen Industriebrache 1.400 Wohnungen für 3.000 Menschen, wo noch vor zehn Jahren die einstmals größte Glasfabrik Deutschlands stand.
14.04.2016 - 20:00 Uhr
Auf dem ehemaligen Gelände von Gerresheimer Glas sollen 2019 die ersten Mieter einziehen. Quelle: PR
Neubaugebiet in Düsseldorf

Auf dem ehemaligen Gelände von Gerresheimer Glas sollen 2019 die ersten Mieter einziehen.

(Foto: PR)

Düsseldorf Wenn Oma früher das Eingemachte öffnete, dann war auf dem Deckel des Einweckglases ein „G“ mit einer dreizackigen Krone zu sehen. Wenn die Enkel ihre Cola tranken, fehlte zwar das „G“ auf der Flasche, aber häufig kam die Flasche aus demselben Werk im Düsseldorfer Stadtteil Gerresheim. Zur Hochzeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts arbeiteten dort bei Gerresheimer Glas mehr als 8.000 Menschen. Die Zeit der Glasproduktion ist lange vorüber. Vor zehn Jahren schloss die einstmals größte Glasfabrik in Deutschland.

Inzwischen haben große Kräne mit Abrissbirnen und Bagger die Fabrikhallen der Gerresheimer Glas dem Erdboden gleichgemacht. Willkommen im Glasmacher Viertel, das den Charme einer Abraumhalde versprüht. „Es ist das größte Wohnungsneubauprojekt in Düsseldorf“, sagt Gudrun Piesczek, Projektmanagerin des Immobilienkonzerns Patrizia. Unter ihrer Regie wird aus der Industriebrache Bauland für ein Quartier mit 1.400 Wohnungen für rund 3.000 Menschen.

Baustelle mit System

Doch noch kippen Radlader mit mannshohen Reifen scheinbar planlos mal da, mal dort Schutt ab. Und trotzdem steckt dahinter ein System. In der Glashütte kamen beispielsweise Lösemittel in der Produktion zum Einsatz. Die Böden des Areals sind auch mit anderen Schadstoffen belastet und dies nicht überall gleich stark. Der Aushub wird untersucht, und die Maschinen tragen zusammen, was nach Art und Intensität der Belastung zusammengehört.

Bis das erste Fundament in dem neuen Quartier gegossen wird, werden 20.000 Lkw-Ladungen Schutt und Boden mit belastetem Material auf Sondermülldeponien gelandet sein. Patrizia hat dafür einen Betrag in zweistelliger Millionenhöhe kalkuliert – und beim Grundstückskaufpreis eingerechnet. Die Buddelei brachte nicht nur schadstoffbelastetes Material, sondern auch einen Schatz zutage. In einem unterirdischen Bunker wurden 3.000 Stück längst vergessene Musterflaschen gefunden. Aus deren in Massen produzierten Pendants flossen nicht nur Cola, sondern Granini-Säfte, der Magenschnaps Underberg, und es wurden Suppen mit Maggi gewürzt. Inzwischen ist der Schatz ausgelagert.

Denkmalämter verzögern die Bauarbeiten

In den vergangenen Jahren ist innerstädtischer Baugrund so knapp und teuer geworden, dass es sich nicht nur in Düsseldorf lohnt, verlassene Industriegelände zu entrümpeln, die Fabrikgebäude zu schleifen und die Böden von Umweltlasten zu befreien und dringend benötigte Wohnungen zu bauen. Museumsreife Funde spielen in der Kalkulation nirgendwo eine Rolle. Und auf erhaltenswerte Relikte, wie die im Rheinland immer wieder gefundenen Mauern alter Römersiedlungen, ist kein Projektentwickler scharf. Sie verzögern die Erschließung des Geländes. Zumal Denkmalämter nicht die Einzigen sind, die Bauarbeiten verzögern, wie auch Patrizia in Düsseldorf erfahren musste.

Der Boden des alten Fabrikgeländes muss teilweise ausgetauscht werden. Quelle: PR
Bagger auf der Brache

Der Boden des alten Fabrikgeländes muss teilweise ausgetauscht werden.

(Foto: PR)

Wenn alles gutgeht, werden im Jahr 2019 die ersten Möbelwagen im Glasmacherviertel ausgeladen. Die ersten Baugenehmigungen können im Frühjahr 2018 beantragt werden. Darauf haben sich Stadt Düsseldorf und Patrizia geeinigt, nachdem die Stadt das Bebauungsplankonzept geändert hatte. „Das hat uns richtig Zeit gekostet“, klagt Patrizia-Frau Piesczek. Was die Zeitverzögerung kostet, behält die Patrizia-Zentrale in Augsburg für sich. Jedenfalls hätten die ersten Bewohner ein Jahr früher einziehen sollen.

Patrizia wurde letztendlich Opfer eines Regierungswechsels in Düsseldorf. Als die Abrissarbeiten begannen, regierten noch ein CDU-Bürgermeister und eine CDU/FDP-Koalition. Seit dem Herbst 2014 hat eine Ampelkoalition aus SPD, FDP und Grünen unter SPD-Bürgermeister Thomas Gansel das Sagen. Die setzte verkehrspolitisch neue Akzente. Dass durch Straßenbahn und S-Bahn gut an den öffentlichen Personennahverkehr angeschlossene Quartier bekommt zusätzliche Straßenbahnhaltestellen. Gut für die künftigen Bewohner.

„Little Italy“ in Düsseldorf

Vielleicht ist es auch gut, dass sie wohl nie erfahren werden, um wie viel teurer das Wohnen im Glasmacherviertel durch die von der Stadt verursachte Planungsänderung geworden ist. Denn die Baukosten und die Marktpreise sind zwischenzeitlich weiter gestiegen. Eine Anfrage, warum sie trotz Wohnungsnot eine solche Bauverzögerung verursachte, ließ die Stadt bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

Patrizia will sich nicht mit Preis- und Mietindikationen für das Viertel hervortun. Die Augsburger verweisen darauf, dass das endgültige Lastenheft noch nicht feststeht. Ursprünglich lautete die Vorgabe: drei Kindertagesstätten und 400 sozial geförderte und preisgedämpfte Wohnungen nach dem „Handlungskonzept Wohnen“ der Stadt Düsseldorf sind zu errichten. Das deckelt die Monatsmieten pro Quadratmeter bei 8,50 Euro. So weit der Rahmenplan.

Gerresheim sei ein Stadtviertel, das als Käufer vor allem Familien und Menschen aus der Mittelschicht anziehe und nicht eine vornehme Klientel mit Extravaganzen im Kopf, meint Peter J. Wallisch, Geschäftsführer von Kö-Kreuz Immobilienmakler. Er erwartet für Eigentumswohnungen Quadratmeterpreise zwischen 4.000 und 4.500 Euro und Monatsmieten, kalt, um die zehn bis elf Euro je Quadratmeter.

Das Glasmacherviertel wird „Little Italy“, wie Gerresheim wegen der vielen noch heute dort lebenden Einwanderer aus Italien heißt, ein neues Gesicht geben. Aber der identitätsstiftende Glasturm mit dem gekrönten G, dem Markenzeichen der abgerissenen Fabrik, wird bleiben. Das hat Patrizia versprochen.

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