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Ratgeber Immobilienkauf – Teil 6 Was Immobilienkäufer über die neue Kreditrichtlinie wissen müssen

Die neue EU-Kreditrichtlinie schreibt Banken vor, wie sie die finanzielle Belastbarkeit ihrer Kunden prüfen sollen. Kritiker bemängeln, dass dadurch Familien und Rentner benachteiligt werden. Die Politik hat reagiert.
10.11.2017 - 08:00 Uhr 1 Kommentar
Seit März 2016 müssen Banken strengere Richtlinien bei der Kreditvergabe an Bauherren beachten. Quelle: picture alliance / Westend61
Projekt Hauskauf

Seit März 2016 müssen Banken strengere Richtlinien bei der Kreditvergabe an Bauherren beachten.

(Foto: picture alliance / Westend61)

Berlin Nicht wenige private Haushalte wunderten sich, als sie im Laufe des ersten Halbjahrs 2016 versuchten, eine Finanzierung für den Kauf einer Wohnung oder eines Hauses bei ihrer Bank abzuschließen. Gerade junge Familien und ältere Menschen hatten es schwer, einen Kredit zu erhalten. Ein Beispiel von vielen: Der 64-jährigen Besitzerin eines schuldenfreien Hauses wurde ein Kredit in Höhe von 35.000 Euro für den Bau eines behindertengerechten Bades verwehrt. Sie könne den Kapitaldienst nicht leisten, hieß es mit Blick auf die statistische Lebenserwartung der Kundin, die eine monatliche Rente von 750 Euro bezieht.

Banken verwiesen auf die sogenannte EU-Wohnimmobilienkreditrichtlinie, die die Bundesregierung zum 21. März 2016 in deutsches Recht umgesetzt hatte. Nun müssten strengere Maßstäbe bei der Kreditwürdigkeitsprüfung angesetzt werden, argumentierten einige Banken. Das war aber nicht unbedingt so intendiert von der Politik. Was tun?

Die Politik besserte nach. Und zwar in Form einer Verordnung, die den Banken Leitlinien zu den Kriterien und Methoden der Kreditwürdigkeitsprüfung geben soll. Am 17. August 2017 haben das Bundesfinanz- und das Bundesverbraucherministerium einen entsprechenden Verordnungsentwurf vorgelegt, zu dem sich die Kreditwirtschaft jetzt äußern soll.

Letztlich bleibt es natürlich die Entscheidung jeder einzelnen Bank, einen Immobilienkredit zu vergeben. Doch mit der Verordnung soll auf jeden Fall vermieden werden, „dass Verbrauchern aus Gründen der Vorsicht Darlehen verweigert werden könnten, obwohl die bestehenden gesetzlichen Anforderungen an die Kreditwürdigkeitsprüfungen einer Darlehensgewährung nicht im Wege gestanden hätten“, heißt es im Entwurf.

Eingehende Prüfung ist Pflicht

Grundsätzlich ist klar: Die Kreditwürdigkeitsprüfung soll zeigen, ob es wahrscheinlich ist, dass der Darlehensnehmer seinen Verpflichtungen vertragsgemäß nachkommen kann. Der Darlehensgeber ist dabei verpflichtet, Informationen zu Einkommen und Ausgaben sowie anderen finanziellen und wirtschaftlichen Umständen eingehend zu prüfen.

Üblicherweise gehören die Lohn- und Gehaltsabrechnungen der letzten drei Monate dazu, der letzte Einkommensteuerbescheid, Eigenkapitalnachweis durch Konto- und Depotauszüge, Rückkaufswerte von Lebensversicherungen, Bausparverträge. Auf der anderen Seite sollte aufgelistet werden, was an monatlichen Belastungen anfällt. Bestehen Verpflichtungen für Ratenkredite, Leasingverträge, Unterhalt für Gatten oder Kinder? Mit einer ehrlichen Bilanz überzeugt man nicht nur die Bank. Damit wird auch sichergestellt, dass Zins und Tilgung für den Kredit so angesetzt werden, dass keine Überschuldung droht.

Weil Banken stets damit rechnen müssen, wegen falscher Beratung zur Rechenschaft gezogen zu werden, und entsprechend vorsichtig agieren, stellt der Gesetzgeber generell fest: „Bei der Prognose, welche künftigen Entwicklungen wahrscheinlich sind, kann der Darlehensgeber einen nach der Lebenserfahrung anzunehmenden Verlauf der Dinge unterstellen, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte für einen abweichenden Verlauf vorliegen.“

Mit anderen Worten: Die Bank soll die Anforderungen nicht übermäßig streng auslegen. Sie kann sich dabei auf Erfahrungswissen stützen. Auch wenn sich die Verhältnisse im Nachhinein anders entwickeln, sei entscheidend, ob der Darlehensgeber die Prognose aus Ex-ante-Sicht vernünftigerweise so treffen durfte, meint der Gesetzgeber – wahrscheinlich schon mit Blick auf mögliche gerichtliche Auseinandersetzungen in der Zukunft.

Nach den Leitlinien sind die Banken daran gehalten, zukünftige negative Ereignisse wie beispielsweise ein verringertes Einkommen für den Fall, dass die Vertragslaufzeit in die Zeit des Ruhestands hinreicht, ausreichend zu berücksichtigen. Dabei müssen die Banken aber nicht immer die Sterbetafel in der Hand haben. „Die Möglichkeit, dass der Darlehensnehmer während der Vertragslaufzeit verstirbt, kann unberücksichtigt bleiben, wenn wahrscheinlich ist, dass der Darlehensnehmer zu Lebzeiten den jeweils fälligen Verpflichtungen nachkommen wird“, heißt es. Gleichzeitig müsse der Immobilienwert aber hinreichende Gewähr für die Abdeckung der bestehenden Verbindlichkeiten und der möglichen Verwertungskosten bieten. Durch diese Klarstellung dürfte ein positiver Kreditbescheid für die Besitzerin des schuldenfreien Hauses, deren Fall am Anfang geschildert wurde, nichts mehr im Weg stehen.

Junge Familien im Blick

Ausdrücklich werden die Banken angehalten, bei der Kreditwürdigkeit auch „wahrscheinliche positive Ereignisse“ zu berücksichtigen. Dazu gehört beispielsweise eine Verlängerung oder Entfristung eines Beschäftigungsverhältnisses, die Wiederaufnahme einer Berufstätigkeit nach einer Elternzeit, die Aufstockung der Arbeitszeit nach Teilzeittätigkeit. Das soll nach Auffassung des Gesetzgebers gewährleisten, dass gerade junge Familien nicht benachteiligt werden, sofern sich ein Elternteil zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in Elternzeit befindet.

Generell gilt, dass die Kreditwürdigkeitsprüfung sich nicht hauptsächlich darauf stützen darf, dass der Wert der Wohnimmobilie den Darlehensbetrag übersteigt, oder auf die Annahme, dass der Wert der Wohnimmobilie zunimmt. Allerdings gibt es eine Ausnahme: Bei Darlehensverträgen, die dem Umbau oder einer Renovierung der Wohnimmobilie dienen, darf der entsprechende Wertzuwachs bei der Bonitätsprüfung berücksichtigt werden.

Sollte die vereinbarte Kreditsumme für die Immobilie nicht ausreichen und ein Nachschlag erforderlich sein, muss eine neue Kreditwürdigkeitsprüfung nicht unbedingt die Folge sein. Nach Vorstellungen der Bundesregierung ist das erst dann der Fall, wenn der Nettodarlehensbetrag sich um mindestens zehn Prozent erhöht. Anpassungen in dieser Größenordnung sind also unbürokratisch möglich.

Den vollständigen Ratgeber Immobilienkauf können Sie hier als PDF herunterladen.

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1 Kommentar zu "Ratgeber Immobilienkauf – Teil 6: Was Immobilienkäufer über die neue Kreditrichtlinie wissen müssen"

Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.

  • Die 64jährige Dame mit einer Rente von EUR 750,-- dürfte nach den dargestellten Regeln der Verordnung noch immer nicht das Darlehen für den Umbau des Badezimmers erhalten. Sie kann den Kapitaldienst aus der Rente heraus nicht leisten. Unabhängig vom Wert des Hauses. Insofern verstehe ich die Darstellung des Redaktuers in diesem Artikel nicht.

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