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Trendviertel 2016 – Bonn Stadt mit Aussicht

Die Bevölkerung wächst, Bauland fehlt, und Bürger blockieren Großprojekte – gute Voraussetzungen für steigende Preise in Bonn. Die ehemalige Hauptstadt kann aber auch mit ländlichem Charme punkten. Wo wohnen in der Bundesstadt am attraktivsten ist.
04.07.2016 - 10:17 Uhr Kommentieren
Im Vordergrund der UN-Campus. In dem markanten Hochhaus am Rheinufer waren bis zum Umzug des Deutschen Bundestags nach Berlin die Abgeordnetenbüros beheimatet. Quelle: dpa
„Langer Eugen“ am Rhein in Bonn

Im Vordergrund der UN-Campus. In dem markanten Hochhaus am Rheinufer waren bis zum Umzug des Deutschen Bundestags nach Berlin die Abgeordnetenbüros beheimatet.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Es wird zu wenig gebaut“, klagen die Bonner. Erstaunlich daran ist nur, dass sie es sich selbst mit dem Bauen so schwer machen. Lange Entscheidungswege, Bürgerproteste. Das Fachblatt „Immobilien Zeitung“ titelte über den Bonner Immobilienmarkt: „Wo der Wutbürger wieder wütet.“ Vergnügungssteuerpflichtig ist der Job von Helmut Wiesner, seit zwei Monaten als Stadtbaurat der ehemaligen Bundeshauptstadt im Amt, also gewiss nicht. Oberbürgermeister Ashok Sridharan (CDU) begrüßte ihn mit den Worten: „Ich bin froh, dass mit dem Amtsantritt des neuen Planungsdezernenten jetzt vor allem die Fortentwicklung und Aktualisierung von Bebauungsplänen vorankommen, damit neues Baurecht geschaffen werden kann und sich in Bonn die Kräne drehen können.“

Auf Wohngrundstücken bewegten sich die Kräne in den vergangenen Jahren viel zu wenig. In den letzten vier Jahren entstanden im Schnitt nur 1000 Wohnungen pro Jahr. Es hätten wesentlich mehr sein müssen, sagt Wiesner.

Auf eine Zahl für den jährlichen Neubaubedarf will er sich nicht festlegen, denn auf Bevölkerungsprognosen gibt er nicht mehr viel. Je nach Statistik sollten mal 1000 Wohnungen pro Jahr genügen, ein anderes Mal wäre der Bedarf erst mit 5000 gedeckt. Eines weiß er sicher: „Wir haben massiven Bevölkerungszuwachs in Bonn und der Region.“ Bonn allein hat zurzeit rund 321.000 Einwohner, doch zählt man die Flüchtlinge hinzu, sind es 325.000.

Je attraktiver, desto stärker der Zuzug

Die Zukunft der Stadt erscheint in den Augen der Analysten der Ratingagentur Feri rosig. Die Experten vergaben in ihrer Studie „Investmentchancen auf den rheinischen Immobilienmärkten“ für Bonn bessere Noten als für Köln, Düsseldorf, Leverkusen und angrenzende Kreise. Fast in jedem Kriterium erhielt die Stadt die Bewertung „A“ – gleichbedeutend mit „weitaus besser als der Durchschnitt“. Wenn es in dem von „A“ bis „E“ reichenden Notensystem kein „A“ gab, dann doch ein „B“, was „leicht besser als der Durchschnitt“ bedeutet.

Für Deutschlands Städte gilt eine einfache Formel: je attraktiver, desto stärker der Zuzug. Weiteres Bevölkerungswachstum ist für Bonn also programmiert – und damit auch, dass Wohnraum knapp bleibt, wenn nicht sogar noch knapper wird. Bonn kann weniger als andere Großstädte auf große Industriebrachen und ehemalige Bahngelände zurückgreifen, um Bauplätze zu schaffen. Zumal es auch an Gewerbeflächen fehlt.

Steigende Mieten

Nicht nur die bebaubaren Flächen sind begrenzt. Auch die Kapazitäten der Stadtverwaltung seien es, sagt Stadtplaner Wiesner – und gibt unumwunden zu: „Es ist auf absehbare Zeit nicht möglich, genügend zu bauen.“

Das dürfte Mieten und Preise weiter hochtreiben. VDP Research, das Analysehaus der Pfandbriefbanken, hat exklusiv für das Handelsblatt ermittelt, dass die Mieten in Bonn im vergangenen Jahr im Schnitt um 4,6 Prozent gestiegen sind. In gleichem Maße nahmen die Preise für Einfamilienhäuser zu; Wohnungskäufer mussten vier Prozent mehr hinlegen. Damit ist Bonn, was die Steigerungsraten betrifft, nicht mehr weit weg von den zu den sieben deutschen Metropolen zählenden Rheinanliegerstädten Köln und Düsseldorf.

Bonns Bauverwaltung hat nicht nur zu wenig Personal, sondern dieses Personal musste sich in der Vergangenheit auch mit vielen strittigen Projekten herumschlagen. Mit den Skandalen um den Bau des World Conference Center Bonn (WCCB), das seit einem Jahr in Betrieb ist, schaffte es Bonn sogar in die überregionale Presse. Die Spanne der lokalen Dispute reicht vom Umbau eines Innenstadtkinos über den Bau des Beethoven-Festspielhauses, die Neugestaltung des schmuddeligen Bahnhofsvorplatzes, vor Ort nur „Bonner Loch“ genannt, bis hin zum wegen Bürgerprotesten zeitweise verzögerten Bau eines neuen Wohnquartiers im beliebten Stadtteil Kessenich.

Reagieren Bonns Bürger besonders kritisch auf Immobilienprojekte? „Das ist so! Das ist den Investoren bekannt“, antwortet Wiesner eindeutig.

Die Verwaltung arbeitet nun an einer Rangliste von Wohnungsprojekten. Priorität soll genießen, was sich am schnellsten verwirklichen lässt. „Diese Liste soll anschließend auch der Politik vorgelegt werden, damit für die notwendigen Beschlüsse auch die entsprechende Akzeptanz gegeben ist“, sagt Wiesner.

Autofreies Quartier

In Kessenich akzeptieren die Bürger inzwischen, was Entwickler Garbe vorhat, so dass im vierten Quartal 2017 das weitgehend autofreie Quartier „Südstadtgärten“ mit 230 Wohnungen auf dem ehemaligen Gelände eines Autohauses fertiggestellt werden kann. Autofrei bedeutet: Be- und Entladen ist auf der Straße erlaubt, geparkt wird in der Tiefgarage.

An anderer Stelle hakt es weiter. „Die Bonner Stadtverwaltung hat Desaster gelernt, wenn man die Projekte WCCB, Festspielhaus und Bahnhofsvorplatz betrachtet“, schimpft Kristian Golla, Vertreter der Ermekeil-Initiative und aufmerksamer Beobachter der Bonner Baupolitik. Wenn es nach Golla ginge, würden sich auf dem Gelände der Ermekeil-Kaserne in der Bonner Südstadt längst die Kräne drehen. Dem aktuellen Stadtbaurat macht Golla keine Vorwürfe, wohl aber jenen, die kein Konzept für die Bebauung in der Hand hatten, als die Bundeswehr 2013 aus der Ermekeil-Kaserne auszog. Als die Stadt später mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben über den Preis für das 25.000 Quadratmeter große Grundstück verhandelte, kam die Flüchtlingskrise dazwischen. Die Gespräche wurden abgebrochen. Nun sind Asylsuchende in der Kaserne untergebracht, und die Initiative muss warten.

Südstadt soll lebendiger werden
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