Trendviertel 2016 – München: Stadt der Wahnsinnspreise
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Trendviertel 2016 – MünchenStadt der Wahnsinnspreise
Bayerns Landeshauptstadt ist und bleibt der teuerste Wohnort Deutschlands. Der Neubau kann mit dem Zuzug nicht mithalten. Und der Wohnraummangel wird anhalten. Wo wohnen in München besonders attraktiv ist.
München München ist eine Stadt der Superlative – und damit sind an dieser Stelle einmal nicht die Titel-Rekorde des FC Bayern gemeint. Nein, es geht um den Immobilienmarkt, auf dem ebenso zuverlässig jedes Jahr neue Bestmarken erreicht werden und andere Städte mit weitem Abstand folgen.
So wechselte vergangenes Jahr eine Wohnung am angesagten Gärtnerplatz im Glockenbachviertel mit 340 Quadratmeter Wohnfläche für stolze 6,5 Millionen Euro den Besitzer – das entspricht einem Quadratmeterpreis von über 19.100 Euro. Fast genauso viel musste der Käufer zahlen, der 2015 das teuerste Einfamilienhausgrundstück mit etwa 860 Quadratmetern Fläche im edlen Herzogpark erwarb.
Zahlen, die Münchener Makler und Immobilienbesitzer ins Schwärmen bringen – viele Wohnungssuchende aber zur Verzweiflung. Mieten und Preise liegen in Bayerns Landeshauptstadt weit über dem Bundesdurchschnitt und steigen unaufhörlich. In den Biergärten wird mittlerweile vom „Wohnwahnsinn“ gesprochen.
Ein schönes Einfamilienhaus in guter Lage für unter einer Million? In München kommt das einem Lottogewinn gleich. Denn im Schnitt kostet ein freistehendes Einfamilienhaus im Münchener Stadtgebiet 1,23 Millionen Euro. Haus-Angebote sind selten und Eigentumswohnungen finden ruck, zuck neue Besitzer. 2015 sind die Wohnungspreise in München um durchschnittlich 8,7 Prozent auf 6.400 Euro pro Quadratmeter gestiegen, für Einfamilienhäuser um 8,2 Prozent auf 5.540 Euro pro Quadratmeter, ermittelte VDP Research, das Analysehaus der Pfandbriefbanken, exklusiv für das Handelsblatt.
Trotz rasant steigender Preise kommt der Markt nicht zur Ruhe. Transaktionen mit einem Volumen von 12,6 Milliarden Euro wurden im vergangenen Jahr abgeschlossen, hat der hiesige Gutachterausschuss hochgerechnet, 20 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Dies, obwohl die Zahl der beurkundeten Geschäfte sogar unter der des Vorjahres lag. Dennoch ist Thomas Aigner von Aigner Immobilien, der auch Mitglied im Münchener Gutachterausschuss ist, überzeugt: „Eine Blase haben wir nicht: Es wird nicht auf Vorrat gebaut und die Banken sind sogar eher restriktiv, was die Kreditvergabe angeht.“
Das Angebot wächst nicht im gleichen Maße wie die Nachfrage. Denn München lockt nicht nur mit den nahen Bergen und Seen, sondern vor allem mit Arbeitsplätzen. Schließlich haben sieben der 30 Gesellschaften des obersten Börsensegments Dax ihren Sitz in München. Die Wirtschaft floriert, die Arbeitslosenquote liegt unter dem Bundesschnitt von 6,7 Prozent. Deshalb sind Münchener Einwohner ungewöhnlich gut situiert. In Zahlen: Die Kaufkraft liegt mit 29.037 Euro pro Kopf deutlich über dem Bundesdurchschnitt von 21.865 Euro.
Wohnraummangel hält an
Der Wohnraummangel wird anhalten. Bis 2030 wird die Zahl der Einwohner Schätzungen zufolge auf mehr als 1,65 Millionen steigen, nachdem im Mai mit der Geburt der kleinen Amelia die Marke von 1,5 Millionen Einwohnern erstmals überschritten wurde. Was dies bedeutet, erklärt Heike Piasecki vom Marktforschungsunternehmen Bulwiengesa: „Rein rechnerisch kommen jeden Tag 60 Menschen neu nach München. Diese 60 Personen sind auf der Suche nach 35 Wohnungen. Jeden Tag werden aber nur 16 Wohnungen gebaut.“
Im Münchener Rathaus hat man reagiert. Mit „Wohnen in München V“ gebe es das größte kommunale Wohnungsbauprogramm mit einem Volumen von 800 Millionen Euro, heißt es. Insgesamt wurden 2015 die Voraussetzungen für die Errichtung von knapp 8.000 Wohneinheiten geschaffen, in den nächsten Jahren sollen über 8.500 Wohnungen in Freiham, der Messestadt Riem, im Domagkpark sowie im Prinz-Eugen-Park entstehen.
Trendviertelerhebung: So wurde gerechnet
Für die Trendviertel-Erhebung wurden die realen Kaufpreise für Eigenheime und Eigentumswohnungen herangezogen, die von einem der 37 Mitgliedsinstitute des Verbands deutscher Pfandbriefbanken (VDP) finanziert wurden. Die Banken übermitteln die anonymisierten Immobilien-Verkehrswerte, die sie ihren Kreditgutachten zugrunde legten, an das Analysehaus VDP Research. Die Berliner Experten werteten jeden Postleitzahlbereich der ausgewählten Städte exklusiv für das Handelsblatt aus. Sie wenden bei ihren Analysen statistische Verfahren an, um Unterschiede zwischen Objekten, die aus Qualität und Lage resultieren, herauszurechnen.
Trendviertel sind nach der Definition der VDP-Analysten all jene Stadtteile, in denen die Preise für Wohneigentum und die Wohnungsmieten zwischen 2012 und 2015 stärker gestiegen sind als im Durchschnitt der gesamten Stadt.
Zugleich sind überall in der Stadt auch private Immobiliengesellschaften aktiv: In Obersendling etwa, auf einem ehemaligen Siemens-Gelände sind 1.000 Wohnungen in Planung, sogar auf dem Grundstück der ehemaligen CSU-Parteizentrale wird gebaut. Doch die vielen Baustellen täuschen: „Wir haben in München einen rechnerischen Bedarf von 11.700 Wohnungen pro Jahr, tatsächlich gebaut werden aber nur rund 6.000“, rechnet Bulwiengesa-Expertin Piasecki vor. Mit 4,3 gebauten Wohnungen je 1.000 Einwohner liege München aber deutlich vor Hamburg (3,4) oder Berlin (2,3).
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