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Trendviertel 2017 – Frankfurt Luftige Höhen

Die Frankfurter Skyline wächst in die Höhe. Doch Wohnen in den neu geplanten Türmen dürfte teuer werden. Der Preisanstieg in der Stadt hat sich im vergangenen Jahr beschleunigt. Das nahe Offenbach gilt als Alternative.
02.07.2017 - 09:01 Uhr Kommentieren
Im Licht der untergehenden Sonne heben sich die Hochhäuser der Frankfurter Bankenskyline vor den Bergen des Taunus ab. Quelle: dpa
Skyline Frankfurt

Im Licht der untergehenden Sonne heben sich die Hochhäuser der Frankfurter Bankenskyline vor den Bergen des Taunus ab.

(Foto: dpa)

Frankfurt Gallus? Das ist doch eines dieser Viertel, in denen man lieber nicht leben möchte“, hat ihm ein Bekannter gesagt, als er von Georg Weidels Umzugsplänen erfahren hat. Der 32-jährige Softwareentwickler ist erst vor einem Monat in den Bezirk gezogen, der früher wegen seiner Industrie als unbeliebtes Wohngebiet galt. Heute bestimmt ein Mix verschiedenster Nationen das bunte Straßenbild und gibt dem Stadtteil einen besonderen Flair. Das gefällt nicht jedem, andere genießen die besondere Atmosphäre.

Softwareentwickler Weidel mag die Gegend, bevorzugt die zentrale Frankfurter Lage und zog mit seiner Freundin in das neue Stadtquartier Alea – eines von vielen Neubauprojekten, die das Bild des Viertels zwischen Hauptbahnhof und Griesheim derzeit stark verändern. Neben Döner-Imbissen entstehen trendige Burgerläden, neben grauen Wohnblöcken moderne Mehrfamilienhäuser.

Schon seit Jahren heißt es, dass dem Bahnhofsviertel, dem Gallus und dem Gutleutviertel der Durchbruch als trendige Viertel kurz bevorstehen. Doch der Durchbruch lässt auf sich warten, auch weil es im Bahnhofsviertel neben dem Rotlichtmilieu noch immer Probleme mit Drogen und Kriminalität gibt. Dort ausgehen ja, wohnen nein, so halten es die meisten Frankfurter.

Aber eine Entwicklung, wie sie im Frankfurter Zentrum geplant sei, brauche eben ihre Zeit, glaubt Oliver Gripp, geschäftsführender Gesellschafter von Engel & Völkers (EV) in Frankfurt. Vom Gallus ist er begeistert: „In Summe werden hier in den nächsten zwölf Monaten 15 Projekte realisiert werden. Dort lassen sich Verkaufspreise von bis zu 6.000 Euro ansetzen. Vor zwei bis drei Jahren waren solche Summen in dieser Gegend noch völlig utopisch.“

Mitten im Gallus entsteht außerdem das Europaviertel auf dem Gelände des 1998 stillgelegten ehemaligen Güterbahnhofs. Zuerst zog die Messe ein, nun sollen moderne Wolkenkratzer die Entwicklung krönen – und Leben in die bei vielen Frankfurtern als steril und unwohnlich verschrieene Gegend bringen. Die Zukunft des Gallus dürfte wohl wie in der gesamten Bankenmetropole verlaufen: Höher, moderner und teurer sind die entscheidenden Merkmale.

Der Preisanstieg in der Stadt hat sich im vergangenen Jahr beschleunigt. Laut Analysen von VDP Research verteuerten sich Eigentumswohnungen um 9,1 Prozent auf durchschnittlich 4.480 Euro. Ein Jahr zuvor betrug der Anstieg noch 6,3 Prozent. Bei den Mieten fiel der Anstieg geringer aus: Fünf Prozent ging es 2016 nach oben auf einen Mietpreis von im Schnitt 13,70 Euro pro Quadratmeter.

Für den anhaltenden Zuzug in die Stadt, wird in Frankfurt noch immer zu wenig gebaut, obwohl sowohl die Baugenehmigungen als auch die -fertigstellungen zuletzt gestiegen sind. Laut Schätzungen des Instituts der Deutschen Wirtschaft Köln müsste Frankfurt allerdings bis 2020 jährlich 7 800 Wohnungen neu bauen, um der Nachfrage gerecht zu werden. Fertiggestellt wurden 2016 aber nur 3.466.

Der Planungsdezernent der Stadt, Mike Josef (SPD), ist sich des Mangels bewusst. Um das Wohnen in der Stadt auch Geringverdienern zu ermöglichen, steckt Frankfurt jährlich 45 Millionen Euro in den Wohnungsbau. „Hinzu kommen jährlich fünf Millionen Euro für den Ankauf von Belegungsrechten“, sagt Josef. Dabei entstehen zum Teil ganz neue Quartiere. Anfang Juni erklärte die Stadt, dass sie im Nordwesten zwischen den Stadtteilen Praunheim und den Städten Steinbach sowie Bad Vilbel einen komplett neuen Stadtteil entwickeln möchte. 550 Hektar soll er groß sein, 190 Hektar entfallen auf Bauland – bis zu 12.000 Wohnungen können neu entstehen.

Bis aber die ersten Mieter und Eigentümer einziehen werden, dürften ein paar Jahre vergehen. „Wenn der Riedberg 2020 tatsächlich fertiggestellt wird, sind seit der ersten Planung mehr als dreißig Jahre vergangen“, beschreibt Sven Carstensen, Niederlassungsleiter Frankfurt beim Immobilienanalysehaus Bulwiengesa, die Zeitspanne bei Großprojekten dieser Art. „Aus dem aktuellen Preisgefüge nimmt das keinen Druck.“

Am deutlichsten ist der spürbar in den traditionell bei Frankfurtern und Zuzüglern beliebten Stadtteilen wie Sachsenhausen oder dem Nordend. Für Frankfurter Verhältnisse günstiger wohnen – und kaufen – lässt es sich hingegen in Vierteln wie Niederrad oder Preungesheim am Stadtrand.

In der Mainmetropole wohnt man gern gehoben

Doch nicht jedes Neubaugebiet ist auch schon ein Trendviertel. Dass ein solches nicht einfach per Baumaßnahme geschaffen werden kann, zeigt das Europaviertel, das seit der Jahrtausendwende auf dem ehemaligen Güterbahnhof im Gallus entsteht. Geht es nach den Erwartungen von Thomas Zabel, soll nun endlich der „Grand Tower“ Leben in das noch immer recht leblose Entwicklungsgebiet bringen. Sein Unternehmen Zabel Properties, das vom Immobiliendienstleister JLL übernommen wurde, vermarktet die exklusiven Wohnungen im mit 172 Metern bald größtem Wohnturm in Deutschland. Mitte 2019 soll er fertiggestellt werden. Schon heute seien rund 80 Prozent der 401 Wohnungen verkauft. Erworben werden können nur noch die teuersten Wohnungen jenseits von 100 Metern Wohnhöhe.

In luftigen Höhen lässt es sich allerdings auch andernorts leben. Derzeit entstehen in Frankfurt zahlreiche Hochhäuser wie etwa der direkt gegenüber dem Grand Tower gelegene „Tower 90“, der zwar nur knapp halb so hoch ist, dafür aber mit hängenden Gärten aufwarten kann. In Sachsenhausen ist der neue Henninger Turm nahezu fertiggestellt, die 209 Wohnungen können ab Sommer bezogen werden.

Rund zwanzig Hochhausprojekte sind bis 2020 in Planung oder im Bau. Das jüngste Großprojekt wird auf dem ehemaligen Deutsche-Bank-Areal an der Junghofstraße im Bankenviertel angestoßen. Unter dem Namen „Four Frankfurt“ entwickelt die Groß & Partner Grundstücksentwicklungsgesellschaft dort bis 2022 vier Hochhäuser auf einer Fläche von 215.000 Quadratmetern. Mit 228 Metern wird einer der Türme der dritthöchste Frankfurts werden.

Die Investitionssumme von rund einer Milliarde Euro ist auch für die Frankfurter Innenstadt rekordverdächtig. Eine Mischnutzung ist geplant: Büros und Wohnungen für mehr als 1.000 Menschen – dabei gut 80 der 650 geplanten Wohnungen mietpreisgedämpft. Ein weiteres Bauvorhaben: In der Stiftstraße nahe der Einkaufsstraße Zeil entsteht ein Ensemble aus drei Hochhäusern mit bis zu 300 Wohnungen, 51 davon mietpreisgedämpft.

Doch auch die geplanten Hochhäuser lösen das Grundproblem nicht: Egal, ob die Türme nun im Europaviertel, an der Zeil oder wie das „160 Park View“ im Westend am Grüneburgpark entsteht, billig ist das Wohnen nicht. Im Schnitt liegen die Preise in den Türmen bei rund 7.500 Euro je Quadratmeter. In der Spitze liegen sie bei 19.000 Euro.

„Bis 2022 werden rund 4.000 dieser hochpreisigen Wohnungen auf den Markt kommen. Es besteht die Gefahr, dass aufgrund des hohen Projektvolumens nicht alle Vermarktungserwartungen der Entwickler erfüllt werden“, vermutet Carstensen von Bulwiengesa. Die Vermarkter hoffen dagegen auf liquide Kundschaft – vor allem durch den erwarteten Zuzug aus London nach dem Brexit-Votum der Briten. Wie viele Banker aber an den Main umsiedeln werden, ist noch völlig offen. Bislang schwanken Schätzungen um mehrere Tausend.

Offenbach wird auch für Frankfurter immer verlockender

Wie schwer das hochpreisige Geschäft ist, zeigte jüngst das „Onyx“ im Westend: Kurz vor der Fertigstellung des Objekts, die meisten Wohnungen waren bereits verkauft, rutschte die KSW Verwaltungs GmbH in die Insolvenz. Die Kosten des Projekts hatten sich im Laufe der Bauzeit auf 87 Millionen Euro fast verdreifacht.

Bis Frankfurt braucht man nur etwa eine halbe Stunde. Das schlägt sich in den Wohnungspreisen der Stadt nieder. Quelle: picture alliance / ZB/euroluftbi
Blick auf Offenbach

Bis Frankfurt braucht man nur etwa eine halbe Stunde. Das schlägt sich in den Wohnungspreisen der Stadt nieder.

(Foto: picture alliance / ZB/euroluftbi)

Wohnungssuchende, die die hohen Frankfurter Preise nicht zahlen wollen oder können, sehen sich zunehmend in Offenbach um. Studenten, die vor einigen Jahren zum Studieren nach Frankfurt kamen, erzählen, dass die Bankenmetropole etwa vor sieben Jahren schon zu teuer gewesen sei. Damals galt aber Offenbach noch als Geheimtipp und lag in zumutbarer Reichweite: Die Fahrt mit S- und U-Bahn bis zum Campus Westend dauert rund eine halbe Stunde.

Der Magnet Frankfurt zieht heute so viele Menschen an, dass zunehmend auch Offenbach davon profitiert. Wo sich die Studenten umschauen, schießen an fast jeder Ecke Neubauten empor. Im Zentrum locken Verkäufer mögliche Kapitalanleger mit den noch günstigen Preisen und „Toprenditen“. Im Durchschnitt liegt der Preis für Wohnungen bei 2.630 Euro je Quadratmeter – gut 40 Prozent weniger als in Frankfurt.

„Für Zuzügler dürfte Offenbach eine Alternative sein“, sagt Gripp von Engel & Völkers. „Gerade am Main ist eine Menge entstanden.“ So wurde die komplette Hafeninsel in den vergangenen Jahren neu bebaut. Ein schickes Mehrfamilienhaus reiht sich an das nächste. Auch die ABG Holding Frankfurt, deren Mehrheitsgesellschafter die Stadt Frankfurt ist, hat hier gebaut. Nur noch wenige der Wohnungen sind noch zu verkaufen, so etwa eine Vier-Zimmer-Wohnung auf 130 Quadratmetern. Die Kaltmiete liegt bei etwas weniger als zehn Euro pro Quadratemeter - andere Neubauprojekte in direkter Nachbarschaft liegen deutlich darüber.

Marktbeobachter wie Gripp und Carstensen gehen davon aus, dass der Offenbacher Preisdurchschnitt in den kommenden Jahren weiter steigen wird. Die Liste der Projektentwicklungen ist lang – ob im Senefelder Quartier in der Stadtmitte, im fast schon ländlichen Bieber im Süden oder am großen Kreisel in Kaiserlei, wo die CG Gruppe ein Großprojekt plant.

Wo heute noch die alten Bürotürme der Siemens Kraftwerkssparte stehen, sollen künftig die „New Frankfurt Towers“ entstehen. Der Projektentwickler plant auf einer Fläche von 121.000 Quadratmetern eine Mischung aus Gewerbe und Wohnen, unter anderem 569 Apartments. Gerne betont er die Nähe zur Frankfurter Innenstadt, die nur 15 Minuten entfernt liegt. „Die Offenbacher mögen das sicher nicht gern hören, aber die Grenzen zwischen den beiden Städten werden verschwimmen“, sagt Gripp (EV).

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