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Vonovia und Deutsche Wohnen Der Häuserkampf dauert an

Die Übernahmeschlacht zwischen Vonovia und Deutsche Wohnen verlängert sich – weil der Aufkäufer noch einmal in die Trickkiste greift. Doch woher kommt überhaupt diese Fusionitis? Ihren Ursprung hat sie in einem Irrtum.
26.01.2016 - 11:12 Uhr
Von hier wird der erste Immobilienkonzern im Dax gesteuert. Quelle: dpa
Vonovia-Zentrale in Bochum

Von hier wird der erste Immobilienkonzern im Dax gesteuert.

(Foto: dpa)

Düsseldorf Ganz Deutschland fragt sich angesichts der Flüchtlingswelle derzeit, wer die vielen dringend benötigten neuen Wohnungen bauen wird. Eines ist dabei sicher: Die großen börsengelisteten Wohnungskonzerne werden es nicht sein. Denn statt auf den Bau neuer Wohneinheiten konzentrieren sich Vonovia & Co. lieber auf eine Übernahmeschlacht, die nun erst am 9. Februar um Mitternacht endet. Denn kurz vor dem Höhepunkt hat Vonovia-Chef Rolf Buch die Annahmeschwelle für das feindliche Übernahmeangebot für den Erzrivalen Deutsche Wohnen (DW) gesenkt.

Willkommen in der bizarren Welt der großen deutschen Wohnungskonzerne. Einer Welt, in der die Dealmaker und Besitzstandswahrer das Sagen haben – und nicht die Bauherren. Wo der Wohnungshandel wertschöpfend sein soll – und nicht der Wohnungsbau. Für deren Topmanager vermietete Wohneinheiten zählen – nicht neu errichtete. Die sich gegenseitig die Bestände abjagen, und denen Größe alles zu sein scheint. Und deren Manager auf einem Jahrmarkt der Eitelkeiten dem anderen immer einen Schritt voraus sein wollen.

Ob mit Vonovia und Deutscher Wohnen der ultimative Zusammenschluss der Branche – der einen Giganten mit einer halben Million Wohneinheiten kreieren würde – gelingt, entscheidet sich in zwei Wochen. „Es wird eng werden, denn das Vonovia-Angebot ist nicht so sexy, dass Deutsche-Wohnen-Aktionäre mit Freude zugreifen müssten“, sagt Anwalt Oliver Beyer, Transaktionsexperte in der Kanzlei Simmons & Simmons. Vonovia bietet sieben eigene Aktien für elf Aktien des Kontrahenten plus 83,14 Euro in bar und braucht 50 Prozent plus eine Aktie für die Übernahme.

Kenntnis der Konkurrenz-Bestände

Die ruppige Übernahmeschlacht der Branchenriesen ist ungewöhnlich, weil die Fusionitis in der Branche bislang zumeist freundlich ablief. Das liegt vor allem daran, dass die gute Handvoll börsennotierter Großvermieter anders als in anderen Branchen keine direkten Konkurrenten sind. Anders als Produzenten von Konsum- und Investitionsgütern müssen sie sich nicht gegenseitig Kunden abwerben. Es gibt genug Wohnungssuchende.

Hinzu kommt, dass die Topmanager der Branche die Bestände ihrer Wettbewerber aus dem Effeff kennen. Vonovia-Chef Rolf Buch wie seine Vorgänger und Deutsche-Wohnen-Boss Michael Zahn sind sich bei zahlreichen Transaktionen über den Weg gelaufen, haben in die gleichen Bilanzen geschaut und versucht, einander die Deals wegzuschnappen. Immer, wenn es etwas Größeres zu verkaufen gab, saßen alle, wenn auch zu verschiedenen Zeiten, mit dem Verkäufer an einem Tisch.

Und mehr als einmal schnappte zum Schluss der eine dem anderen ein Portfolio vor der Nase weg. Wie etwa 2008, als die Vonovia beim Verkauf der LEG gegenüber Whitehall den Kürzeren zog. Oder 2012, als beim Verkauf der heute als Südewo firmierenden LBBW-Wohnungen Patrizia die Vonovia ausstach. Da war DW-Chef Zahn bereits ausgestiegen, weil ihm der Deal zu teuer wurde. Später kaufte Vonovia Patrizia die Wohnungen zu einem weit höheren Preis wieder ab.

Auch über Megadeals wurde in der Branche nicht erst seit der feindlichen Attacke Vonovias vor ein paar Monaten gesprochen. So sollen Buch und Kontrahent Zahn schon vor einem Jahr ausgelotet haben, ob eine Fusion beider Gesellschaften vernünftig sei, was offiziell nie bestätigt wurde. „Zumindest aus Kapitalmarktsicht könnte ein Zusammengehen von Annington (heute Vonovia) und Deutscher Wohnen sinnstiftend sein. Im internationalen Vergleich sind deutsche Wohnungsgesellschaften noch zu klein“, sagte Zahn im Juni 2015 im Handelsblatt-Interview wohl doch nicht ganz so zufällig.

Eine Fehleinschätzung der Briten

Doch wie kam es überhaupt zu diesem immer ausgeprägteren Fusionsfieber der deutschen Vermieter, bei dem Größe auf einmal alles ist?

Rückblende. Seinen Ursprung hat das Übernahmekarussell der Branche in einem Irrtum: Anfang des Jahrtausends fiel angelsächsischen Private-Equity-Firmen die geringe Wohneigentumsquote in Deutschland auf. Sie glaubten, Wohnungen in großem Stil preisgünstig kaufen und deutlich teurer an Mieter und Kapitalanleger verkaufen zu können.

Portfolio-Verkäufer waren leicht zu finden: die öffentliche Hand, die knapp bei Kasse war, und Unternehmen, die sich von nicht betriebsnotwendigem Vermögen wie Werkswohnungen trennen wollten. Für damalige Verhältnisse niedrige Zinsen ermöglichten es, die Eigenkapitalrenditen durch hohe Schulden hochzuhebeln.

Doch die Rechnung ging nicht auf. Die Mieter dachten nicht daran, Schulden zu machen, um ihre Wohnungen zu kaufen. Den Gesellschaften gelang es nicht, schnell Kasse zu machen und wieder auszusteigen. So saßen Terra Firma, die die Vonovia-Vorläuferin Deutsche Annington gegründet hatte, und Fortress, die die im vergangenen Jahr von Vonovia übernommene und bereits börsennotierte Gagfah managte, auf riesigen Wohnungsbeständen. Gleichzeitig kam der Zeitpunkt für die Rückzahlung der Schulden immer näher.

Fast hätten die Schulden die Deutsche Annington und Gagfah im Jahr 2011 in die Pleite getrieben. Die Erholung der Finanzmärkte und sinkende Zinsen retteten sie und ermöglichten es den Finanzinvestoren, endlich auszusteigen. Nachdem die Schulden abgebaut worden waren, war der Weg für die Börsengänge frei – so entstand letztlich auch Vonovia.

Ein Kapitalmarktexperte gegen einen Immobilienmann
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