Wolkenkratzer-Wettstreit in Asien Im Rausch der Höhe

Nach seiner Fertigstellung wird er Thailands höchstes Gebäude sein.
Bangkok Wie ein gigantisches Mahnmal misslungener Immobilienprojekte thront der verlassene Wolkenkratzer „Sathorn Unique“ am Ufer des Chao-Phraya-Flusses in Bangkok. Die Wohnungen in dem 49 Stockwerke hohen Gebäude sollten zu den luxuriösesten der ganzen Stadt gehören. Doch die asiatische Finanzkrise Ende der 90er-Jahre machte den Entwicklern einen Strich durch die Rechnung: Der Rohbau war zwar schon fertig, beendet wurde das Projekt aber nie – abgerissen ebenfalls nicht. „Geisterturm“ nennen die Bewohner der thailändischen Metropole das verwaiste Hochhaus in bester Lage.
Gescheiterte Pläne für ambitionierte Hochhausprojekte sind in Südostasien keine Seltenheit. Besonders wenn es darum geht, neue Höhenrekorde aufzustellen, reihte sich seit der Eröffnung der Petronas Towers in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur im Jahr 1998 ein Fehlschlag an den nächsten. Nun nehmen Immobilienentwickler in den Metropolen der Region einen neuen Anlauf, die mit 452 Meter höchsten Gebäude Südostasiens zu übertreffen.
Zwölf Kilometer entfernt von Bangkoks Geisterturm soll nach dem Willen von Yothin Boondicharern der künftig höchste Turm der Stadt stehen. Der Chef des Immobilienentwicklers Grand Canal Land plant in Bangkoks neuem Geschäftsviertel ein 615 Meter hohes Gebäude mit 125 Stockwerken. Bescheiden ist Yotin nicht: „Der Wolkenkratzer wird Thailands neues Wahrzeichen werden“, sagte der 73 Jahre alte Tycoon bei der Vorstellung des Projekts im vergangenen Herbst. Bescheiden nimmt sich dagegen aus, was in Deutschland als Wolkenkratzer gilt, nämlich Gebäude, die mehr als 100 Meter hoch sind. Die Deutsche-Bank-Türme in Frankfurt erreichen nur ein Viertel der Höhe des von Yotin unter dem Arbeitstitel „Super Tower“ geführten Projekts. Der Super Tower sei „eine Weltklasseattraktion, die jeder zumindest einmal in seinem Leben besucht haben muss“, meint Yotin.
Design made in Dubai
Neben Büros sind ein Luxushotel, noble Eigentumswohnungen und eine Aussichtsplattform in dem Turm geplant, den das für das Design des Dubaier Burj Khalifa bekannte US-Architekturbüro Skidmore, Owings & Merrill entworfen hat. Mit Solarpaneelen an der Glasfassade soll das Projekt ein umweltfreundliches Image bekommen. Die Macher sind optimistisch: Bereits 2019 könnte der Bau ihrer Meinung nach fertiggestellt werden. Dass Thailand nach dem Putsch im vergangenen Jahr gerade von einer Militärjunta regiert wird, scheint Yotin nicht zu stören: „Was auch immer in der Politik passiert, die Geschäfte in Thailand laufen weiter.“
Kenner der Immobilienszene des Landes sind skeptischer: „Eine instabile Regierung ist bei dem Bau ein Risiko“, sagt Aliwassa Pathnadabutr, Thailand-Chefin des Immobiliendienstleisters CBRE. Damit sich der Bau sogenannter superhoher Wolkenkratzer überhaupt lohne, müssten Entwickler verglichen mit gewöhnlichen Hochhäusern deutliche Preisaufschläge verlangen. „Diese Aufschläge liegen in Bangkok womöglich über dem, was sich der Markt leisten kann“, sagt Aliwassa. Bei Wolkenkratzern mit Rekordambitionen gehe es aber nicht immer nur um Wirtschaftlichkeit, sondern ebenso ums Prestige: „Die Gebäude werden auch gebaut, wenn die Entwickler über viel Geld verfügen und ihnen die Rendite egal ist.“
Mehrere ambitionierte Bauideen erfüllten diese Voraussetzungen in den vergangenen Jahren nicht: Von Manila über Hanoi bis Phnom Penh träumten Stadtentwickler in Südostasien von Gebäuden, die mit mehr als 100 Stockwerken in den Himmel ragen. Umsetzen konnten sie ihre Visionen nicht.
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