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Lebensmittel- und Energiepreise Türkische Inflation steigt immer weiter – und könnte auch die deutsche Wirtschaft treffen

Die Preise für Öl und Lebensmittel treiben die Inflation in der Türkei. Das birgt ein Risiko auch für diejenigen, die Produkte aus dem Land importieren wollen.
04.08.2021 - 14:07 Uhr Kommentieren
Die starken Preissteigerungen machen sich unter anderem bei Lebensmitteln besonders bemerkbar. Quelle: AP
Ein Markt in Istanbul

Die starken Preissteigerungen machen sich unter anderem bei Lebensmitteln besonders bemerkbar.

(Foto: AP)

Istanbul Die türkische Inflation ist erneut stärker gestiegen als prognostiziert. Nach Angaben des türkischen Statistikamts vom Dienstag ist der Jahreswert zwischen Juni und Juli von 17,53 auf 18,95 Prozent gestiegen. Von Bloomberg befragte Analysten hatten zwar ebenfalls mit einem Anstieg der Preissteigerungen gerechnet, allerdings lag der Median der Schätzungen bei 18,6 Prozent.

Die türkische Zentralbank strebt eigentlich einen Inflationswert von rund fünf Prozent an. Damit stehen für die türkische Wirtschaft die Zeichen weiter auf Überhitzung. Die Erholung der Wirtschaft nach den Corona-bedingten Lockdowns in Verbindung mit steigenden Preisen für Energie und Rohstoffe sind Gift für die Stabilität der Volkswirtschaft eines Schwellenlandes.

Die Türkei, die auch politisch immer wieder in die Schlagzeilen gerät, spürt das noch stärker als andere Länder. Aber auch Deutschland könnte die Folgen schon bald zu spüren bekommen – wenn die Importpreise aus der Türkei parallel weiter steigen.

Schon jetzt liegt die Produzenteninflation im Euro-Raum mit 10,2 Prozent auf einem hohen Niveau. Steigende Importpreise aus Ländern wie der Türkei könnten diesen Trend verstärken.

Doch in der Türkei sind die Preissteigerungen davon weit entfernt. Besonders Lebensmittel, Wohnen, Restaurantbesuche und Hotelübernachtungen wurden teurer. Energiepreise stiegen mit über 21,5 Prozent stärker als der Durchschnitt. Im Vormonat lag der Inflationsanstieg in diesem Bereich bei 17,3 Prozent.

Gründe für Preisanstieg undurchsichtig

Besonders der stark gestiegene Ölpreis wird dafür verantwortlich gemacht. Lebensmittel, die rund ein Viertel des statistischen Warenkorbs in der Türkei ausmachen, haben sich den Berechnungen zufolge auf Jahressicht sogar um knapp 25 Prozent verteuert. Im Vormonat hatte dieser Wert bei rund 20 Prozent gelegen, die Zentralbank strebt hier 15 Prozent bis zum Jahresende an.

Die Gründe für den starken Preisanstieg in der Türkei sind einfach zu identifizieren, bleiben aber in der tatsächlichen Analyse dennoch etwas diffus. Offensichtlich ist, dass die weltweite wirtschaftliche Erholung von Produzenten dazu genutzt wird, über Preisanstiege verloren gegangene Einnahmen der vergangenen Monate wettzumachen. So auch in der Türkei: Restaurantpreise sind ebenso angestiegen wie die Preise für Hotelübernachtungen oder Maschinen.

Teure Kredite sorgen für hohe Finanzierungskosten

Hinzu kommt, dass die türkische Volkswirtschaft sich noch stärker über Bankkredite finanziert als andere. Die Leitzinsen sind jedoch schon seit mehreren Monaten recht hoch, was wiederum mit der steigenden Inflation zu tun hat. Inzwischen liegen sie mit 19 Prozent so hoch wie fast nirgends sonst auf der Welt.

Ein Teufelskreis: Unternehmer und Konsumenten kaufen gern auf Pump, und sie müssen wegen der hohen Leitzinsen immer mehr für ihre Kredite bezahlen. Im Gegenzug verlangen die Unternehmer noch höhere Preise, die Konsumenten wiederum verlangen höhere Löhne – beides treibt die Inflation weiter an.

Die Zentralbank hatte auf diese Entwicklungen schon Ende Juli reagiert, indem sie ihre Inflationsprognose zum Jahresende anhob. Die Verbraucherpreisinflation wird 2021 bei 14,1 Prozent enden, verglichen mit einer früheren Prognose von 12,2 Prozent, sagte Notenbankgouverneur Kavcioglu.

Er prognostizierte jedoch einen deutlichen Rückgang des Preiswachstums im Schlussquartal, der ein Fenster für eine Zinssenkung später im Jahr öffnen könnte. Eine aktive Strategie, wie er dieses Ziel erreichen möchte, blieb Kavcioglu den Zuhörenden schuldig.

Geldpolitik: Die Inflation bleibt hoch – die Zinsen auch

Durch die stark steigenden Preise wächst der Druck auf die Zentralbank, ihren Leitzins vorerst nicht zu senken. Dieser liegt mit 19 Prozent nur minimal über der Inflationsrate. Die Zentralbank hat sich dazu verpflichtet, die Zinsen über der Teuerungsrate zu halten.

Nihan Ziya Erdem, Chefökonom bei Garanti BBVA Securities, sagte der Nachrichtenagentur Bloomberg, die Inflation werde erst zum Jahresende auf 16 Prozent sinken. „Wir gehen davon aus, dass sich ab Oktober mit nachlassenden Inflationsrisiken Spielraum für eine Lockerung der Geldpolitik ergeben könnte“, sagte sie und prognostizierte eine Leitzinssenkung um insgesamt 150 Basispunkte im letzten Quartal.

„Ich gehe davon aus, dass die Inflation im September ihren Höhepunkt erreichen wird“, äußerte sich ähnlich Can Ayan, ein in Istanbul ansässiger Ökonom bei der Aktifbank. „Ich erwarte keine Zinssenkung vor Dezember, da eine frühere Senkung die Inflationsaussichten unter Druck setzen würde.“

Deutsche Wirtschaft: Opfer der hohen türkischen Inflation?

Die hohen Preissteigerungen in der Türkei könnten auch für die deutsche Wirtschaft zum Problem werden. Denn deutsche Firmen importieren viele industrielle Zwischengüter und zunehmend auch Obst und Gemüse aus der Türkei. 

Wenn die Preise für diese Importprodukte wegen der Inflation in türkischer Lira gestiegen waren, dann ging in der Regel damit ein Währungsverlust einher. Das heißt: In Euro blieb der Importpreis für türkische Produkte in der Regel mehr oder weniger stabil.

Das ist derzeit nicht der Fall. Die türkische Lira ist seit Monaten stabil bei ungefähr zehn Lira pro Euro, während die Inflation ebenso lange bei über 15 Prozent verharrt. Das erhöht den Importpreis für deutsche Firmen proportional – und könnte damit zumindest teilweise die Inflation hierzulande anheizen.

Mehr: Ein türkisches Start-up könnte die Zehn-Milliarden-Marke knacken

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