Aktienprognosen Dem Bullenmarkt drohen nach der Dax-Rally Rückschläge

Die Bewertungen der Aktien im Dax sind deutlich gestiegen.
Frankfurt Hat der Dax noch Potenzial oder ist er nach der rasanten Rally ausgereizt? Diese Frage treibt viele Anleger um. Zu diesem Thema hat der Bundesverband öffentlicher Banken (VÖB) jetzt fünf seiner Mitgliedsbanken befragt. Deren Dax-Prognosen sind auf den ersten Blick recht unterschiedlich.
Am optimistischsten ist die Dekabank. Sie rechnet damit, dass der Dax in zwölf Monaten bei 16.300 Punkten steht. Das entspräche aus aktueller Sicht einem Plus von fast sieben Prozent. Auf der anderen Seite prognostiziert die Helaba mit einem Dax-Stand von 14.300 Punkten einen Verlust von mehr als sechs Prozent. Doch so weit wie es scheint, liegen die Ansichten der Banken gar nicht auseinander.
Zum einen rechnet auch Joachim Schallmayer, leitender Kapitalmarktstrategie bei der Dekabank, mit zwischenzeitlich deutlichen Korrekturen an der Börse. Solche Rückschläge sind laut Schallmayer „marktüblich“ und könnten den Dax bis Oktober auf 14.500 Punkte sinken lassen.
Zum anderen betont Markus Reinwand, Aktienstratege bei der Helaba, dass der Bullenmarkt bei Aktien noch nicht beendet ist. Das heißt: Derzeit ist Reinwand zwar etwas vorsichtig, sieht aber längerfristig Potenzial für Aktien, wenn „ein bisschen von der Überhitzung“ abgebaut ist.
Kursrückschläge bei Aktien aushalten
Einig sind sich die Strategen auch darin, dass es schwierig ist, den Zeitpunkt der Korrektur abzupassen. Schallmayer sagt deshalb: „Anleger, die zwischenzeitliche Kursverluste aushalten können, stehen besser da als Anleger, die nur von der Seitenlinie aus zuschauen.“
Das sehen auch die anderen Banken so, die der VÖB am Dienstag zur Aktienprognose-Konferenz eingeladen hatte. Auf Sicht von zwölf Monaten rechnen dabei die NordLB, BayernLB und die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) mit Dax-Gewinnen zwischen gut einem Prozent (NordLB) und knapp fünf Prozent (LBBW). Das bedeutet: Die Aktienmärkte haben auf Sicht von einem Jahr noch Potenzial, aber die Aufwärtsdynamik lässt deutlich nach.
Nachvollziehbar ist das. Nach dem Einbruch zwischen Mitte Februar und Mitte März vergangenen Jahres hat der Dax schließlich 80 Prozent zugelegt. In diesem Jahr hat er ein Rekordhoch nach dem anderen markiert und zwischenzeitlich die Marke von 15.500 Punkten geknackt. Und das inmitten der dritten Corona-Welle mit einem erneut verschärften Lockdown in Deutschland.
Die Banken sind sich einig, dass die Märkte damit viel vom erwarteten Aufschwung vorweggenommen haben. Das gilt nicht nur für den Dax, sondern noch mehr für die USA. An der Wall Street liegen die Kurse schon länger als in Deutschland auf Rekordkurs. Für den Dow Jones Index der 30 größten Industriewerte sehen die Banken dabei weniger Potenzial als für den Dax.
Zu weit sind die Börsen der Konjunktur aber nur nach Ansicht der Helaba vorausgelaufen. Reinwand rechnet mit einer deutlicheren und längeren Korrektur als die Kollegen der anderen Banken. Als warnendes Beispiel verweist er auf China: Die Volksrepublik hat sich von der Corona-Pandemie am schnellsten erholt, und die Aussichten für die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft sind gut. Dennoch hat der breite chinesische Aktienindex CSI 300 seit Februar rund 15 Prozent verloren.
Dekabank, BayernLB und LBBW betonen dagegen, dass hierzulande vor allem die Gewinne der Unternehmen die Börsen noch steigen lassen werden. Frank Klumpp, Aktienstratege bei der LBBW, sagt dazu: „Schon im vierten Quartal haben die Unternehmen – sowohl im Euro-Raum als auch in den USA – die Investoren und Analysten mit besser als erwarteten Gewinnen überrascht.“ Dieser Trend scheine sich in der derzeit laufenden Berichtssaison fortzusetzen und stütze die Börsen.
Steigende Unternehmensgewinne stützen die Aktien
Auch für Manfred Bucher, Aktienstratege der BayernLB, ist es ein gutes Zeichen, dass sich die Unternehmensgewinne vielfach besser entwickeln als erwartet. Volker Sack, Aktienstratege bei der NordLB, ist etwas skeptischer: Auch er rechnet zwar damit, dass die Unternehmen im ersten und zweiten Quartal ihre Gewinne deutlich steigern werden. Allerdings seien die Erwartungen an die Unternehmensgewinne schon sehr hoch und entsprechend auch die Bewertungen. Von daher rechnet Sack mit temporären Rückschlägen, die den Dax in den nächsten drei Monaten auf 14.100 Punkte fallen lassen könnten – bevor es dann wieder aufwärtsgehen sollte.
Dass die Bewertungen hoch sind, ist auch laut Schallmayer von der Dekabank unstrittig. Gemessen an den Kurs-Gewinn-Verhältnissen (KGVs) lägen die Bewertungen in allen Märkten über dem Niveau von vor der Coronakrise. Die Aktien im Dax werden demnach mit dem 16-Fachen ihrer für die kommenden zwölf Monate erwarteten Gewinne bewertet. Im Januar 2020 lag das KGV noch bei 14.
Im breiten US-Index S&P 500 sind die Bewertungen mit einem Anstieg des durchschnittlichen KGV von 18,3 auf 22,8 noch deutlicher gestiegen. Beides liege über dem Durchschnitt, aber am breiten Markt erkennt Schallmayer keine Bewertungsexzesse wie zum Beispiel zur Jahrtausendwende vor dem Platzen der Dotcomblase.
Entscheidend für die hohen Bewertung an den Börsen ist aber nicht nur die Entwicklung der Wirtschaft und der Unternehmensgewinne, sondern auch die Geld- und Fiskalpolitik. „Die Märkte haben ihren Impfstoff schon bekommen“, sagt Sack von der NordLB mit Blick auf die billionenschweren Hilfspakete der Staaten und der Zentralbanken zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie.
Die Fed könnte für Rücksetzer bei Aktien sorgen
Die fünf öffentlichen Banken gehen davon aus, dass die Notenbanken ihre lockere Geldpolitik noch fortsetzen und auch die Staaten die Wirtschaft weiter stützen. Sie erwarten aber, dass im zweiten Halbjahr Diskussionen über das „Tapering“, ein Zurückfahren der Anleihekäufe, der US-Notenbank (Fed) aufkommen werden. Das wird auch nach Einschätzung der LBBW ein potenzieller Auslöser für kurzfristige Korrekturen sein.
Diese Rückschläge spiegeln sich allerdings nicht in der Dax-Prognose der LBBW wider, weil die Experten der Bank erwarten, dass die Anleger sie schnell wieder zum Einstieg in den Aktienmarkt nutzen werden. Denn im Niedrigzinsumfeld fehlen nach wie vor Alternativen zur Aktienanlage.
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