Anleger Krasser Vertrauensverlust: Studie zeigt Spätfolgen der T-Aktie für Aktienkultur

Sommer zeigt am 17. November 1996 vor der Deutschen Börse in Frankfurt auf den Erstausgabepreis der Telekom-Aktie.
Frankfurt Manfred Krug hat vielen Deutschen keinen Gefallen getan. Der populäre Schauspieler machte Mitte der 1990er-Jahre Werbung für die T-Aktie. Das Papier der Deutschen Telekom sollte, ähnlich wie Jahrzehnte vorher das von VW, zu einer neuen Volksaktie werden. Stattdessen wurde es für viele zum Flop, weil der Kurs in die Höhe schoss und anschließend in sich zusammenfiel.
Der Börsengang im Jahr 1996 fand seine Fortsetzung in mehreren Kapitalerhöhungen. Die Aktie geriet dann in den Strudel der Verwerfungen um die Jahrtausendwende, als international die Blase der Tech-Werte platzte.
Der Schaden ist allerdings nicht auf die damaligen Käufer beschränkt. Der Schatten dieses legendären Börsengangs liegt bis heute auf der Aktienkultur der Deutschen, wie sich aus einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin ergibt. Basierend auf Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP), einer jährlichen Haushaltsbefragung, kommt das DIW zu dem Ergebnis: „Demnach halten Haushalte, die die Ereignisse rund um die T-Aktie miterlebt haben, 20 Jahre nach dem ersten Telekom-Börsengang zu 60 Prozent weniger Aktien an der Börse als diejenigen, die während des Absturzes der T-Aktie jünger als 20 Jahre alt waren.“
Und mehr noch: „Haushalte, die damals in T-Aktien investiert haben, investieren 20 Jahre später nicht nur zwölf Prozent weniger in Aktien als Haushalte, die zwar das Telekom-Ereignis miterlebt haben, aber nicht aktiv investiert hatten. Sie steigen auch mit einer um 18 Prozentpunkte geringeren Wahrscheinlichkeit in den Aktienmarkt ein.“
Rund 1,9 Millionen Kleinanleger investierten in 285 Millionen T-Aktien im Wert von umgerechnet 4,2 Milliarden Euro, heißt es in der Studie. Zunächst hielten die Kleinanleger sogar im Krisenjahr 2001 der Aktie die Treue, während die Profis schon vorsichtiger wurden.
Den krassen Vertrauensverlust brachte dann die Nachricht, dass der Konzern seine Immobilien mit überzogenen Werten bilanziert hatte. Im Juli 2002 musste Telekom-Chef Ron Sommer das Unternehmen verlassen.
Dass die Telekom als Staatskonzern zunächst besonderes Vertrauen genoss und es später verspielte, hat tiefe Spuren hinterlassen: An vielen Anlegern ist so auch der Aktienboom der letzten Jahre vorbeigegangen. Als Konsequenz fordert das DIW eine entschiedene Finanzaufsicht und die Einbeziehung des Börsengeschehens in den Schulunterricht.
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