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Börsengang Toniebox-Hersteller Boxine geht per Spac an die Börse

Der Anbieter von Musikfiguren wird durch eine Fusion mit dem Börsenmantel 468 Spac I in Frankfurt notiert. Das umstrittene IPO-Schnellverfahren steht unter intensiver Beobachtung.
31.08.2021 - 12:26 Uhr Kommentieren
Das Unternehmen Boxine wächst sehr dynamisch mit Hörfiguren namens Tonies und Würfeln unter der Bezeichnung Toniebox. Quelle: PR
Boxine-Gründer Marcus Stahl (li.) und Patric Faßbender

Das Unternehmen Boxine wächst sehr dynamisch mit Hörfiguren namens Tonies und Würfeln unter der Bezeichnung Toniebox.

(Foto: PR)

Düsseldorf Die Tonie-Spielfiguren sollen schon in 2,4 Millionen Kinderzimmern stehen. Jetzt will Boxine, die Düsseldorfer Technologiefirma dahinter, ihre Popularität bei Familien nutzen, um an der Frankfurter Börse Geld einzusammeln. Dazu wählen die Gründer das Schnellverfahren per Spac. Es ist ein in Deutschland noch ungewöhnliches Verfahren für eine in mancher Hinsicht außergewöhnliche Firma.

Boxine soll mit der Börsenhülle der Wagniskapitalfirma 468 Capital fusionieren. Das gaben beide Firmen am Montagabend bekannt. „Wir bringen als innovative Technologiefirma ein Produkt an den Markt, das es vor fünf Jahren noch nicht gab“, sagt Gründer und Co-Geschäftsführer Marcus Stahl dem Handelsblatt. Nach dem Zusammenschluss soll die Firma Boxine SE heißen und mit 870 Millionen Euro bewertet werden.

Der Deal steht noch unter Vorbehalt der Zustimmung durch die Hauptversammlung der Spac-Aktionäre im Herbst. An der habe Stahl aber keine Zweifel. So dürfte der Börsengang noch in diesem Jahr vollzogen werden.

Spac steht für Special Purpose Acquisition Company. Es geht also um eine Zweckfirma. Diese wird nur gegründet, um an der Börse zunächst Geld einzusammeln und dann eine junge Firma zu übernehmen. Der Übernahmekandidat steht allerdings nicht von Anfang an fest und kann von den Aktionären auch abgelehnt werden.

Alexander Kudlich, der Chef des Börsenmantels 468 Spac I, glaubt jedenfalls fest an eine Erfolgsgeschichte: „Wir sehen hier ein Netflix fürs Kinderzimmer“, sagt er. Im Vergleich zu der beliebten Videostreaming-Plattform hätten die Tonies aber einen großen Vorteil: Die Kinder würden nicht die ganze Zeit vor dem Bildschirm sitzen. Die Debatte darüber wird mit den zahlreichen neuen Geräten immer häufiger geführt: „Die chinesische Regierung hat gerade entschieden, dass Kinder nicht mehr über drei Stunden pro Woche am Bildschirm sein dürfen“, sagt Kudlich.

Er setzt auf einen anhaltenden Hype um das Spielzeug: Schon Kleinkinder können Figuren wie Pippi Langstrumpf, das Sandmännchen oder Benjamin Blümchen eigenständig auf eine Box stellen und damit ihre Lieblingslieder, Hör- oder Lernspiele abspielen.

Das funktioniert unter anderem mithilfe von WLAN und RFID-Technologie, die die Figuren automatisch erkennt. 25 Millionen dieser Figuren soll Boxine schon verkauft haben, seit das Unternehmen 2013 von den beiden Co-Geschäftsführern Marcus Stahl und Patric Faßbender gegründet wurde und drei Jahre später die erste Figur herausbrachte. Die beliebteste Figur ist eine Eigenproduktion: Der kleine Hund spielt 30 bekannte Kinderlieder ab und wurde über 700.000 Mal verkauft.

Investoren sehen einen neuen Milliardenmarkt

Um die Tonies anbieten zu können, muss Boxine zunächst die Nutzungsrechte an den Figuren und Audioinhalten erwerben. Dann verdient das Unternehmen unterschiedlich hohe Margen, die unter anderem von Lizenzkosten und Absatzzahlen abhängen. So konnte 2020 ein Umsatz von 137 Millionen Euro erzielt werden. 2021 sollen es 170 Millionen werden. Stahl geht von einem ähnlich starken Wachstum von 40 Prozent in den nächsten Jahren aus.

Das gesamte Marktpotenzial vermögen Unternehmen und Investoren noch nicht abzuschätzen. „Der Markt ist mehrere Milliarden Euro groß und er wird erst durch Boxine neu geschaffen“, sagt Kudlich. Mit dem Erlös aus dem Börsengang soll vor allem die Expansion vorangetrieben werden. Nach dem deutschsprachigen Raum werden gerade die Märkte USA, Großbritannien und Irland erschlossen.

Das alles gelang dem Gründerduo mit zehn Millionen Euro Kapital, einem in der Start-up-Welt geringen Betrag. Durch die Transaktion kommt Boxine voraussichtlich ein Bruttoerlös von 400 Millionen Euro zu. Der setzt sich zusammen aus 300 Millionen Euro, die 468 Capital in der Börsenhülle bei Aktionären eingesammelt hat, und weiteren 100 Millionen Euro, mit denen sich private Investoren wie die bekannten Technologie-Investoren BIT Capital und Baillie Gifford beteiligen (die bei Spacs übliche Pipe-Finanzierung).

Für Marcus Stahl, für den Boxine genau wie für Mitgründer Faßbender die Erstgründung ist, ist der Spac als Weg an die Börse „sehr schnell und effizient“. Der studierte Elektrotechniker hat 15 Jahre bei Nokia gearbeitet, davon vier Jahre das Automobilgeschäft verantwortet und später einen MBA gemacht. Aber Erfahrung mit einem solchen Wachstumsunternehmen hätten weder er noch sein Co-Geschäftsführer.

Spacs als boomende Vehikel umstritten

Genau in solchen Konstellationen bringen sich Spac-Sponsoren gern ins Spiel: „Unser Versprechen ist, Expertise bei Internationalisierung und Wachstum einzubringen“, sagt Kudlich. Er selbst war unter anderem Vorstandsmitglied bei Rocket Internet und hat in dieser Funktion sieben Unternehmen beim Börsengang begleitet. Darunter Hellofresh, Home24, Westwing und Delivery Hero.

Trotz Vorteilen bei der Schnelligkeit des Spac-Verfahrens und zusätzlicher Expertise für die Firmen ist das zuletzt boomende Vehikel inzwischen umstritten. In den USA ist der Hype um die neuen Investmentvehikel längst abgeflaut. Je nach Konstruktion verdienen die Initiatoren des Spacs direkt bei der Übernahme und haben deshalb auch Anreize, wenig aussichtsreiche Firmen, die noch nicht börsenreif sind, zu übernehmen.

In Deutschland wollen die Pioniere – allen voran der Promi-Investor Klaus Hommels von Lakestar und die Investoren von 468 Capital – die IPO-Form erst etablieren.

Sie betonen dabei auch die Unterschiede zwischen dem überhitzten US-Markt, auf dem Spac-Initiatoren derzeit kaum noch gute Kandidaten für die Übernahme finden können, und dem europäischen Markt. Hier stehe eine große Zahl aussichtsreicher Börsenaspiranten einer sehr geringen Zahl an Börsenhüllen an den europäischen Handelsplätzen gegenüber.

Die ganz große Hoffnung ist, dass sich mit den Börsenhüllen das Wagniskapitalloch schließen lässt, das für reifere Start-ups in Europa auf dem Weg zu einem klassischen IPO oft immer noch fehlt. Sie sind auf amerikanisches oder asiatisches Geld angewiesen. Die großen Geldgeber im Ausland sind dann meist auch eine Brücke zu den dortigen Börsenplätzen.

Mehr: Nach Hometogo-Deal: „Der ganze Markt schaut jetzt auf den Spac von Klaus Hommels“

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