IPO Erfolgreiches Börsendebüt des Zalando-Konkurrenten About You – Aktie legt zu

Sebastian Betz, Tarek Müller und Hannes Wiese (von links nach rechts) sind mit ihrem Unternehmen auf zahlreichen Märkten in Europa aktiv.
Düsseldorf Die Aktie des Online-Modeportals About You ist erfolgreich an der Frankfurter Börse gestartet. Der erste Preis der Neuemission wurde mit 25,60 Euro festgestellt und lag damit 11,3 Prozent über dem Ausgabepreis von 23 Euro. Im weiteren Handelsverlauf notierte die Aktie bei mehr als 26 Euro.
Am Montagabend war der Ausgabepreis auf 23 Euro festgelegt worden. Er lag damit deutlich unter der Obergrenze der Preisspanne von 21 bis 26 Euro. About You ist nun nach Zalando vor sieben Jahren und der Global Fashion Group vor zwei Jahren das dritte Online-Modeportal, das den Börsengang in Frankfurt wagt. 842 Millionen Euro sind hereingekommen, die Marktkapitalisierung liegt damit bei rund 3,9 Milliarden Euro.
In der vergangenen Woche hatte About You mit einer Bewertung zwischen 3,9 und 4,4 Milliarden gerechnet. Rund 660 Millionen Euro Bruttoerlös sollen in das weitere Wachstum des 2013 gegründeten Unternehmens fließen, bei dem Michael und Benjamin Otto als größte Gesellschafter an Bord sind. Firmenchef Tarek Müller ist erleichtert, dass die Erstnotiz erfolgreich war: „Ich bin seit 17 Jahren Unternehmer, aber das war jetzt mein erster Börsengang, und es war schon ein neues Gefühl für mich, nicht genau zu wissen, was da heute auf uns zukommt.“
Der About-You-Börsengang ist der viertgrößte in diesem Jahr in Frankfurt, hinter dem Gebrauchtwagenportal Auto1, dem Funkmastenbetreiber Vantage Towers und dem Software-Anbieter Suse.
Die offenen Fragen: Wird About You ähnliche Erfolge erzielen wie Zalando? Wie groß ist das Wachstumspotenzial?
Was Aktionäre jetzt wissen müssen:
Bei der Neuemission von About You handelt es sich um eine Privatplatzierung. Das heißt, zunächst werden die mehr als 36,6 Millionen stimmberechtigten Aktien, die mehrheitlich aus einer Kapitalerhöhung stammen, institutionellen Anlegern angeboten.
Am Montagabend hatte das Unternehmen mitgeteilt, dass sich nach Abschluss des Angebots der erwartete Streubesitz der neuen Aktionäre auf 21 Prozent belaufen könne. Sind die Aktien erst einmal im Handel, dann können auch Privatanleger zugreifen.
Alle Aktien sind stimm- und dividendenberechtigt. Der Wermutstropfen: Laut bisherigen Ankündigungen und dem Börsenprospekt beabsichtigt About You allerdings nicht, in nächster Zeit Dividenden auszuzahlen. Damit befindet sich About You in guter Gesellschaft, denn auch der größere Konkurrent Zalando sowie die Global Fashion Group setzen zunächst auf Wachstum und verzichten auf Dividenden.
Vor dem Börsengang hielten die Familienunternehmer Michael und Benjamin Otto zuletzt zusammen 52,4 Prozent, nach der Platzierung werden es 43,5 Prozent sein. Die drei Mitgründer Hannes Wiese (Vorstand Operations & Finance), Tarek Müller (Vorstand Marketing & Brand) und Sebastian Betz (Vorstand Tech & Produkt) hielten zuvor noch 10,7 Prozent am Unternehmen, nach der Platzierung sind es noch 7,3 Prozent.
Ein weiterer größerer Aktionär ist mit 19,7 Prozent Anders Holch Povlsen, CEO und Inhaber der Bestseller Group. Ihm gehören auch rund zehn Prozent an Zalando, außerdem ist er am Konkurrenten ASOS beteiligt.
Welches Potenzial steckt in der Aktie?
Der europäische Modemarkt generierte im Jahr 2019 rund 400 Milliarden Euro Umsatz. Der Onlineanteil betrug vor der Pandemie 19 Prozent laut Euromonitor. Während der Pandemie ist der Anteil der Onlinekäufe Schätzungen zufolge auf 27 Prozent angestiegen.
Zum Vergleich: Der Elektrohandel lief bereits 2019 zu 35 Prozent digital. Laut Euromonitor wird der Online-Modehandel bis 2022 um zehn Prozentpunkte weiter steigen.
About You ist in insgesamt 23 Märkten in Europa aktiv, allerdings bislang von Deutschland aus mit rund 1050 Mitarbeitern. Dabei unterscheidet das Unternehmen zwischen dem deutschsprachigen Raum und den Märkten im restlichen Europa.
Während das Unternehmen in Deutschland, Österreich und der Schweiz ein bereinigtes Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen von knapp 40 Millionen Euro ausweist, ist es in den restlichen europäischen Ländern noch nicht in der Gewinnzone.
Viel Hoffnung setzt About You auf das margenträchtigere B2B-Geschäft, das unter den drei Buchstaben TME zusammengefasst ist. TME steht für Tech, Media und Enabling. In diesem Geschäftsfeld erwartet das Unternehmen ein Wachstum von rund 50 Prozent bis Ende 2022. Das B2B-Geschäft treiben auch die großen Konkurrenten Zalando und Amazon voran.
Welche Risiken müssen Aktionäre kennen?
Klar ist, dass About You zunächst beweisen muss, dass das Unternehmen auch profitabel wachsen kann. Das kann noch etwas dauern, weil das Wachstum zunächst weiter im Fokus steht. Zu den Risiken zählt daher auch, und so steht es nicht nur bei About You im Börsenprospekt, dass man seit der Gründung erhebliche Betriebsverluste erlitten habe. Und: „Es gibt keine Garantie dafür, dass wir in Zukunft Rentabilität erreichen oder aufrechterhalten können.“
Weil About You nicht nur mit Otto und der Gesellschaft von Benjamin Otto zwei gepoolte Gesellschafter hat, sondern auch Dienstleistungen aus der Otto-Gruppe bezieht, steht bei About You im Börsenprospekt außerdem noch explizit, dass man bedeutende Geschäftsbeziehungen zu Otto unterhalte. Sollten sich diese oder die Bedingungen dafür ändern, müsse man Dienstleistungen ersetzen. Neue Vereinbarungen mit anderen Partnern könnten allerdings teurer werden.
Laut Otto-Geschäftsbericht erzielte die Gruppe im Geschäftsjahr 2019/2020 rund 136 Millionen Euro Umsatz mit Dienstleistungen für About You und verdiente damit 13 Millionen Euro.

Der Börsennewcomer hat ehrgeizige Ziele.
Firmenchef Tarek Müller sagte vor einigen Wochen im Gespräch mit dem Handelsblatt, About You sei im Wesentlichen unabhängig, ansonsten ein Otto-Kunde wie andere E-Commerce-Anbieter auch. Auch beim Versand setze das Unternehmen nicht allein auf den Hauslogistiker Hermes. Andererseits kann About You so auf etablierte Partner mit stabilen Familieneignern zählen.
Am ersten Handelstag zeigte sich Müller erfreut über große und kleine, vor allem auch langfristig engagierte US-amerikanische, britische und deutsche Investoren. „Wir legen nicht nur bei den Mitarbeitern und Kunden Wert auf Diversität, sondern auch bei unseren Investoren.“ Zudem hätten Otto und Heartland keine Aktien verkauft. „Es ist positiv, dass der weitaus größte Teil des Geldes direkt in das Wachstum des Unternehmens fließt.“
Wie schlägt sich About You im Vergleich mit der Konkurrenz?
Im vergangenen Jahr blickten viele Aktionäre auf das siebenmal größere Unternehmen Zalando mit rund acht Milliarden Euro Umsatz 2020. Es ist möglich, dass Zalando im September in den Dax aufsteigen wird. Davon ist About You weit entfernt. Dennoch ähneln sich die jeweiligen Börsenstartpunkte.
Auch Zalando hatte damals die Milliarden-Euro-Umsatzgrenze erreicht, war allerdings schon profitabel. Die Hamburger verfügen offenbar über eine etwas jüngere Zielgruppe, die noch digital affiner ist. Bei About You hat man schon sehr früh auf Personalisierung gesetzt. Laut Börsenprospekt ist die Retourenquote unter 50 Prozent gesunken.
Laut Börsenprospekt gehören neben Zalando und der Global Fashion Group auch Asos, Farfetch, Revolve, Boohoo und Boozt zu den wichtigsten Konkurrenten. Sie alle setzen auf das „Flanieren im Netz“. Dabei helfen About You auch 10.000 Influencer, mit rund 100 von ihnen gab es im Jahr 2020 eigene Kollektionen.
Und: Inzwischen stöbern und shoppen 83 Prozent der meist weiblichen Nutzer mobil bei About You. Bei Zalando sind es laut Statista rund 86 Prozent. Laut Euromonitor gaben 65 Prozent der Verbraucher an, dass sie auch nach der Pandemie weiter online shoppen werden.
Wie Zalando und die Global Fashion Group ist About You inzwischen ein Portal, das heißt, Markenpartner verkaufen über About You. Und davon hat About You inzwischen rund 2000, bei Zalando sind es rund 3500.
About You konkurriert im Softwaregeschäft für Shop-Anwendungen im Abomodell zwar ebenfalls mit Zalando, hinzu kommen aber noch andere namhafte Unternehmen, mit denen About You in diesem margenstärkeren Geschäft konkurriert. Dazu zählen Softwareriesen wie SAP und Salesforce. Kunden sind neben Onlineshops aus der Otto-Gruppe und Bestseller auch Marc O’Polo und der Einrichter Depot.
Was macht About You beim Thema Nachhaltigkeit?
Gerade bei der jungen Zielgruppe von About You gewinnen Themen wie Klimaschutz und Nachhaltigkeit an Bedeutung. Erst im September 2020 erklärte sich der Onlinehändler für CO2-neutral. Wie Zalando baut auch About You Second-Hand-Plattformen auf, um Mode in der Kreislaufwirtschaft zu erhalten.
Zuletzt seien es bei den Hamburgern rund 400.000 Kleidungsstücke gewesen, die aus zweiter Hand kamen. Allerdings sei das mehr ein Imagethema, sagte Tarek Müller vor einigen Wochen. Es sei erklärtes Ziel, die Gebrauchtplattform ohne Gewinnabsicht zu betreiben.
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