
Der 140-Zeichen-Dienst soll zum Verkauf stehen.
Die Spekulationen halten sich fast so lang, wie es Twitter gibt: Ein großer Player der Tech- oder Internetbranche könnte sich den Emporkömmling schnappen. Facebook wurde immer wieder gehandelt. Vor Jahren sogar Apple. Nun taucht Googles Name als möglicher Käufer auf, wie das Techblog BGR berichtet.
„Google ist ziemlich chancenlos im Social-Media-Bereich”, erörtert der renommierte Fondsmanager Dan Niles gegenüber dem Finanznachrichtensender CNBC die Plausibilität des Gerüchts. „Wer nutzt noch Google+? Der Dienst ist ziemlich tot. Google könnte versuchen, sein Wachstum mit Twitter zurückzugewinnen”, mutmaßte der Alpha-One-Capital-Fondsmanager.
Niles argumentiert, dass Google und Twitter gut zueinander passen würden – nicht zuletzt, weil Google auf diese Weise Echtzeitsuche nach Tweets anbieten könnte. Der 140-Zeichen-Dienst wiederum würde durch die Integration in die Google-Suche einen Schub beim notorisch langsamen Nutzerwachstum bekommen, der Achillesferse des bereits neun Jahre alten Internet-Unternehmens.
Twitter war zunächst nicht mehr als ein Nebenprodukt der Firma Odeo, die eine (allerdings wenig erfolgreiche) Podcasting-Plattform entwickelte. Die Macher suchten 2006 nach Alternativen – und entwickelten den Dienst mit seinen 140 Zeichen kurzen Texthäppchen. In den ersten Monaten gewann er zwar kaum Nutzer, doch nach einem erfolgreichen Auftritt auf der Technologiekonferenz SXSW hob Twitter ab.
Anfangs standen vier Freunde hinter Twitter: Evan Williams, der dank des Verkaufs seiner Plattform Blogger.com an Google auch Geldgeber war; außerdem Jack Dorsey, Biz Stone sowie Noah Glass. Letzterer wurde allerdings wegen seiner schwierigen Art schon bald aus der Firma gedrängt.
Die kurze Geschichte der Firma ist geprägt von Machtkämpfen zwischen den einstigen Freunden. Der erste Chef Jack Dorsey musste auf Veranlassung des Mitgründers Evan Williams sowie des Verwaltungsrates seinen Posten verlassen. Williams selbst hielt sich auch nicht dauerhaft an der Spitze – bei seiner Entmachtung im Oktober 2010 hatte Dorsey seine Finger im Spiel. Auf ihn folgte Dick Costolo, zuvor bei Google tätig. Der wiederum verließ das Unternehmen im Juli 2015. Jack Dorsey kehrte als Interimschef zurück.
Bislang hat Twitter die Erwartungen der Börse noch nicht erfüllt. Das Unternehmen hat trotz steigender Umsätze noch nie Gewinn gemacht.
Die Gründer verzichteten in der Anfangszeit bewusst auf Werbung, um die Nutzer nicht zu verschrecken. Im Frühjahr 2010 starteten erste Versuche mit bezahlten Tweets. Inzwischen ist das Geschäft beträchtlich angewachsen, im zweiten Quartal 2015 auf 452 Millionen Dollar .
Twitter ist für die mobile Ära gerüstet. Ein Großteil der Werbeerlöse wird auf Smartphones und Tablet-Computern erwirtschaftet. Insgesamt hat Twitter im zweiten Quartal 2015 rund 304 Millionen Nutzer pro Monat.
Twitter versucht nicht, den Einfluss der Gründer durch eine Aktienstruktur mit zwei Klassen zu sichern. Andere Internet-Unternehmen wie Google oder Facebook haben bei ihren Börsengängen den Investoren Papiere angeboten, die weniger Stimmrechte haben als die Aktien von Gründern und Spitzen-Managern. Bei Twitter sind alle Anteilseigner gleich, die Ausgabe von Vorzugsaktien ist nur als Möglichkeit für die Zukunft vorgesehen.
Ins Rollen gekommen waren die neuen Übernahme-Spekulationen, nachdem am Dienstag an der Wall Street das Gerücht die Runde machte, dass der 140-Zeichen-Dienst Goldman Sachs damit beauftragt hätte, Kaufangebote abzuwehren. Wie das Finanzportal Briefing.com berichtet, wären „zwei Bieter mit ernsten Absichten” bereits an Twitter herangetreten – einer davon könnte Google sein.
This one chart shows why Twitter spiked.
Is Google trying to buy them? Yahoo? -> http://t.co/6prc7v5Mbj $TWTR pic.twitter.com/HvwdiBmRAb
— StockTwits (@StockTwits) 7. April 2015
Gerüchte über eine Akquisition von Twitter halten sich nicht zuletzt aufgrund der Achterbahnfahrt an der Börse hartnäckig. Die Twitter-Aktie debütierte im November 2013 furios an der Wall Street und konnte binnen Wochen ihren Wert verdreifachen. Dann jedoch folgte nach mehreren schwachen Quartalsberichten im vergangenen Jahr der freie Fall fast zurück auf den Ausgabekurs.
Seit Jahresbeginn erleben Twitter-Aktionäre nun wieder einen Höhenflug – das Papier notiert seit Januar um happige 47 Prozent im Plus. Anteil daran haben nicht zuletzt die anhaltenden Spekulationen um eine Ablösung des unglücklich agierenden CEOs Dick Costolo, gegen den etwa TheStreet.com-Gründer James Cramer eine regelrechte Kampagne startete.
If Dick Costolo, the ceo of this place, were to recognize that he needs to be a non-executive chairman with a new ceo, you have a $55 stock
— Jim Cramer (@jimcramer) 30. Oktober 2014
„Ich glaube, die Aktie würde wieder bei 55 bis 60 Dollar notieren, wenn der Aufsichtsrat einen anderen CEO berufen würde”, watschte Cramer Costolo mehrfach öffentlich ab.
Ironischerweise notiert die Twitter-Aktie nun bereits fast wieder auf diesem Niveau, obwohl Dick Costolo immer noch amtierender Vorstandschef des 140-Zeichen-Dienstes ist: Am Dienstag schloss das Papier nach einem Plus von vier Prozent im Zuge der Übernahmegerüchte bei 53 Dollar auf dem höchsten Stand seit Anfang Oktober vergangenen Jahres.
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