VW-Aktie Volkswagen – Vom Diesel-Sünder zum Elektro-Pionier

Auch der Kurs der VW-Aktie zeigte sich im Zuge der Coronakrise volatil.
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Düsseldorf Während des Corona-Crashs im März 2020 kostete die Vorzugsaktie von Volkswagen kurzzeitig knapp 82 Euro. Ein gutes Jahr später – im April 2021 – erreichte sie dann Spitzenwerte von mehr als 240 Euro.
Selbst wenn sich der Aktienkurs inzwischen wieder auf niedrigerem Niveau eingependelt hat: Der Automobilhersteller aus Wolfsburg steht gut da. Allerdings bereitet der weltweite Mangel an Computerchips Volkswagen Probleme. Und im mit Abstand wichtigsten Markt China läuft es nicht rund. Insgesamt ergibt sich dennoch ein optimistisches Gesamtbild.
So steht es aktuell um die Volkswagen-Aktie:
Die Volkswagen-Vorzugsaktie hat zuletzt etwas an Schwung verloren. Nach einem erneuten Zwischenhoch im Juni dieses Jahres, als der Kurs noch einmal bis auf rund 240 Euro kletterte, schwankt er nun seit einigen Wochen mit kleinen Ausschlägen um etwa 200 Euro. Hier finden Sie den aktuellen Kurs der Volkswagen-Aktie. Die Vorzugsaktie gehört zum Frankfurter Aktienindex Dax und steht deshalb im Fokus der Analysten. Die VW-Stammaktie findet hingegen weniger Beachtung.
Die Verkaufszahlen speziell für Elektroautos waren in China – mit Abstand Volkswagens wichtigster Markt – zuletzt schwach. Nach dem Corona-bedingten Einbruch im vergangenen Jahr liegt der erwartete Gewinn pro Aktie für 2021 inzwischen wieder bei fast 30 Euro, Tendenz steigend. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis war 2020 mit neun noch verhältnismäßig hoch, wird aus Sicht der meisten Analysten für das laufende Jahr aber deutlich sinken.
Das sagen die Analysten zur Volkswagen-Aktie:
Analysten haben Volkswagen zuletzt häufig gelobt. Juan Perez-Carrascosa von UBS etwa hat als Kursziel stolze 300 Euro ausgerufen. Neben dem aus der Fusion der Automobilkonzerne Groupe PSA und Fiat Chrysler Automobiles hervorgegangenen Stellantis-Konzern sei Volkswagen für ihn ein „Top Pick“ der Branche.
Die britische Investmentbank Barclays siedelt das Kursziel mit 295 Euro ähnlich weit oben an. Barclays hält Marken wie die Sportwagentochter Lamborghini für unterschätzte Assets des Volkswagen-Konzerns.
Selbst Analysten, die Volkswagen kritischer bewerten, sind grundsätzlich positiv gestimmt. Die NordLB zum Beispiel hat das Kursziel für die Aktien von Volkswagen nach den enttäuschenden Auslieferungszahlen für die ersten sieben Monate des Jahres zwar von 270 auf 250 Euro gesenkt, behält aber die Empfehlung „Kaufen“ bei.
Das durchschnittliche Kursziel für Volkswagen beträgt „finanzen.net“ zufolge knapp 268 Euro, der Abstand zum aktuellen Kurs liegt somit bei mehr als 36 Prozent. Die Volkswagen-Aktie hat also noch Luft nach oben.
Das sind die Chancen der Volkswagen-Aktie:
Volkswagen – gebeutelt von den Nachwirkungen des Dieselskandals – hat den Wechsel in Richtung Elektromobilität viel schneller betrieben als die meisten anderen traditionellen Automobilhersteller. Den Vorsprung des US-Newcomers Tesla haben die Wolfsburger bislang allerdings noch nicht einholen können.
Inzwischen hat Volkswagen die neue Unternehmensstrategie „New Auto“ verkündet und seine Elektrofahrzeuge der ID-Reihe auf den Markt gebracht. Der Konzern will von den großen Batteriezelllieferanten wie LG Chem und CATL unabhängiger werden und nimmt die Zellfertigung selbst in die Hand. Volkswagen plant inzwischen allein für Europa sechs eigene Standorte zur Batteriefertigung, mit Fertigungskapazitäten von insgesamt 240 Gigawattstunden pro Jahr.
Partner sind etwa der chinesische Batteriezellhersteller Gotion High Tech, an dem Volkswagen 26 Prozent hält und damit größter Anteilseigner ist. Vorbild bei der Zellfertigung ist Tesla, das US-Unternehmen produziert seine Zellen längst selbst.
Im vergangenen Jahr ist Volkswagen bei der Ford-Tochter Argo AI eingestiegen und hat dort einen Milliardenbetrag und AID eingebracht, die zuvor bei der Konzerntochter Audi angesiedelte Sparte für das autonome Fahren. Argo soll Software und Technologie für das autonome Fahren entwickeln.
Mit Ford läuft eine Reihe weiterer Kooperationen: Im Rahmen der Allianz wollen die beiden Konzerne gemeinsam leichte Nutzfahrzeuge bauen, Ford wird auf Basis des „Modularen E-Antriebs-Baukastens“ (MEB) von Volkswagen von 2023 an Elektroautos für Europa produzieren.
Marktbeobachter wie Fondsmanager Audun Wickstrand Iversen von DNB Asset Management gehen davon aus, dass Volkswagen in den kommenden drei bis vier Jahren zu einem der besten „Turnaround-Cases“ der Branche werden könnte.
Das sind die Risiken der Volkswagen-Aktie:
Volkswagen steckt in der Chinafalle: Rund 40 Prozent der Fahrzeuge verkauft der Konzern in der Volksrepublik, die Kernmarke VW verkauft jedes zweite Auto in China. Ausgerechnet dort ist der Absatzmotor nun ins Stottern geraten. Im Juni konnte Volkswagen von seinem neuen Elektroauto ID.4 offenbar gerade einmal 2900 Fahrzeuge verkaufen.
Der eigens für China entworfene ID.6 soll sogar nur 500 Mal verkauft worden sein. Chinesische Konkurrenten können deutlich bessere Zahlen vorweisen, US-Elektroautopionier Tesla setzte laut Zulassungsbehörde im zweiten Quartal fast 28.000 Fahrzeuge in China ab. In den vergangenen Wochen haben die VW-Verkaufszahlen der neuen E-Modelle in der Volksrepublik allerdings deutlich angezogen.
Kritiker meinen, dass Volkswagen mit seinen E-Autos nicht auf dem chinesischen Markt bestehen und erst recht nicht mit Tesla konkurrieren könne. Volkswagen sieht das anders, in diesem Jahr sollen 80.000 bis 100.000 Exemplare verkauft werden.
Auch die Verschuldung ist recht hoch – ein Tribut an die Neuerfindung als Elektroautopionier. Der Verschuldungsgrad liegt bei 286 Prozent, das ist etwas mehr als der Schnitt der deutschen Automobilhersteller, aber zumindest fast 14 Prozentpunkte unter dem Wert von 2019.
So ist das Branchenumfeld von Volkswagen:
Alle Automobilhersteller stecken in der schwierigen Transformation vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb. Sie müssen enorme Summen investieren, um Fertigungsstraßen umzurüsten, sie müssen Software entwickeln und sich um das Akkuthema kümmern.
Allerdings könnte sich all das bald auszahlen: Durch Skaleneffekte dürften Elektroautos schon bald günstiger als Verbrenner sein, erwarten Experten. Negativ: Alle Automobilhersteller leiden unter dem weltweiten Chipmangel. Volkswagen hat eine Taskforce eingerichtet, um die Chipversorgung sicherzustellen, und rechnet in den kommenden eineinhalb Jahren weiter mit einer leichten Unterversorgung bei Halbleitern auf dem Weltmarkt. Immerhin soll die Versorgung zum Ende des dritten Quartals wieder „bedarfsgerecht“ sein, hat Volkswagen kürzlich verkündet.
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