Anlagestratege Felix Zulauf „Es gibt keine Lösung“

Der Weltwirtschaft fehlt Dynamik.
Quelle: Axel Griesch/Finanzen-Verlag GmbH
Vermögensverwalter Felix Zulauf tritt nur noch selten öffentlich auf. Im Gespräch mit dem Handelsblatt aber breitet der generell häufig skeptische Experte sein Weltbild aus. Der Schweizer hält Anleihen für unattraktiv, erwartet keinen Griechenland-Schock an den Märkten. Von Engagements in Schwellenländern rät er ab. Er setzt lieber auf Aktien, obwohl er eine Marktkorrektur prophezeit, die am Ende 20 Prozent ausmachen könnte.
Herr Zulauf, es gibt praktisch nur ein Börsenthema: Griechenland. Wie schätzen Sie die Lage derzeit ein?
Das Land ist pleite. Zunächst müsste von den ausstehenden Schulden von rund 500 Milliarden Euro vielleicht die Hälfte gestrichen werden. Aber genau das können die Regierungen nicht machen. Dann würden auch die Spanier, Italiener, Portugiesen, Osteuropäer auf den Geschmack kommen.
Was ist die Lösung?
Es gibt keine Lösung. Griechenland wird seine Schulden einfach nicht bedienen. Die Gläubiger müssen dann sehen, wie sie sich organisieren. Die Griechen werden wohl nicht aus dem Euro austreten, falls es eine andere Möglichkeit gibt. Doch wenn die Europäische Zentralbank (EZB) keine Notfallkredite mehr gibt, dann muss Griechenland genau das tun und zu einer eigenen Währung zurückkehren.
Wie wird das auf die Finanzmärkte durchschlagen?
Vor allem die EZB, der Internationale Währungsfonds und der europäische Rettungsfonds ESM halten die Griechenland-Schulden. Die liegen also nicht mehr im Bankensystem. Deshalb werden die Verwerfungen an den Börsen im Rahmen bleiben.
Gilt das auch für die Anleihemärkte?
Die einzigen Ausnahmen erwarte ich bei den anfälligen EU-Ländern. Mit dem Griechen-Debakel könnten sich die Zinsaufschläge für Anleihen aus Spanien oder Italien gegenüber Bundesanleihen verdoppeln. Dann wären wir bei den zehnjährigen Staatstiteln aus beiden Ländern eben nicht mehr bei 2,3 Prozent, sondern bei fast vier Prozent. Grundsätzlich werden die Märkte die Kreditwürdigkeit in Zukunft wieder realistischer preisen.
Die Aktienhausse ist jetzt sechs Jahre alt. Wie lange hält der Aufschwung noch durch?
Sie ist in einer sehr reifen Phase. Vermutlich geht es noch ein bis zwei Jahre gut, bevor die nächste Krise und die nächste Baisse kommt, vielleicht ausgelöst durch geringes Wachstum oder durch steigendes Wachstum in Verbindung mit höherer Inflation und anziehenden Zinsen. Im Laufe des Sommers habe ich einen größeren Rückschlag von bis zu 20 Prozent an den Hauptmärkten erwartet, der wohl momentan abläuft. Aber das wird keine langanhaltende Baisse sein.
Weil die Notenbanken helfend eingreifen?
Die sind weiter sehr großzügig, denn sie haben gewaltige Angst, dass etwas schiefgeht. Es gibt jedenfalls Exzesse und große Ungleichgewichte. Bestes Beispiel sind viele Aktien an den chinesischen Inlandsbörsen, die auch nach den jüngsten Rückschlägen noch viel zu teuer sind. An den breiten Märkten weltweit sehe ich dagegen noch wenig Blasen.
Wie wird es wirtschaftlich in den Vereinigten Staaten und Europa weitergehen?
Für die USA lagen die Schätzungen zu Jahresbeginn für das laufende Jahr noch bei drei Prozent Wachstum, jetzt ist es nur noch die Hälfte. Die Europäer fühlen sich besser, aber das ist wohl ein Irrtum. In Deutschland stottert der Exportmotor, weil es in Asien schlechter läuft. Viele Schwellenländer leiden unter den fallenden Rohstoffpreisen. Insgesamt stottert die Weltwirtschaft auf niedrigem Niveau.
Was empfehlen Sie den Anlegern im Moment?
Keine Engagements in Aktien und Anleihen aus Schwellenländern oder den nationalen Währungen. Ein gutes aktuelles Beispiel ist die Türkei. Früher war es ein Boomland, heute ein Problemfall. Viele andere Länder haben Schwierigkeiten, Südafrika, Brasilien, Indonesien, auch Osteuropa.
Wie attraktiv sind Aktien relativ zu Anleihen?
Anleihen taugen bei den jetzt tiefen Zinsen nicht mehr als Anlage. Da sind Aktien mit einem guten Geschäftsmodell relativ attraktiver. Aber nur bis zur nächsten Krise. Und die kommt bestimmt.
Und was sollen die Anleger dann tun?
Anleihen lohnen nicht mehr. Gold funktioniert als Absicherung auch nicht mehr. Vielleicht taucht der Unzenpreis sogar unter die 1000 Dollar ab – die Stunde des Goldes schlägt erst später. Immobilien sind bei schrumpfender Bevölkerung keine Alternative, oder man kauft dort, wo die Reichen wohnen. Es bleiben nur noch Aktien. Langfristig sind Qualitätsaktien besser als andere Anlagealternativen.
Herr Zulauf, vielen Dank für das Interview.
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