Bundesanleihen DZ Bank sieht Risiken für deutsches Toprating

Eine Ausweitung der EU-Transfers könnte laut DZ Bank unter bestimmten Umständen die Bestnote der Ratingagenturen für Bundesanleihen gefährden.
Frankfurt In einem Punkt hat es Bundesfinanzminister Olaf Scholz leichter als seine Amtsvorgänger. Der deutsche Staat kann sich in den vergangenen Jahren so günstig finanzieren wie nie. Aktuell liegt die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen bei fast minus 0,2 Prozent. Der Staat bekommt also für Schulden sogar eine Prämie. Das liegt auch an seinem Toprating.
Die Experten der DZ Bank sehen dieses jedoch unter bestimmten Umständen in Gefahr. „Steigende Risiken für Deutschlands Schuldentragfähigkeit und damit die Bonitätsnote sind zu befürchten, wenn ein System dauerhafter EU-Transfers eingerichtet werden sollte“, schreiben die Autoren Sebastian Fellechner und Daniel Lenz.
Hintergrund sind die Corona-Hilfen der EU. Um die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie zu lindern, hat die Staatengemeinschaft verschiedene Finanzhilfen beschlossen. Das wichtigste Instrument ist der EU-Wiederaufbaufonds im Umfang von 750 Milliarden Euro, aus dem Transfers und Kredite an die Mitgliedsländer fließen.
Der Fonds soll durch die Ausgabe gemeinsamer europäischer Anleihen finanziert werden, für die die Mitgliedsländer gesamtschuldnerisch haften. Gesamtschuldnerisch bedeutet, dass die Staaten nicht nur für einen Teil der Schulden, sondern jedes Land in letzter Konsequenz für die Gesamtschulden haftet. Die Verschuldung soll zeitlich begrenzt sein, die EU will sie von 2027 bis 2058 zurückzahlen.
Haftungsrisiken und EU-Transfers ändern das Bild
Auch für das Programm zur Finanzierung von Kurzarbeit in den Mitgliedstaaten (Sure) vergibt die EU Kredite von 94 Milliarden Euro, die sie durch die Ausgabe von Anleihen finanziert. Hinzu könnten noch weitere Haftungsverpflichtungen Deutschlands für den EU-Rettungsfonds ESM kommen. Diese Haftungsrisiken und EU-Transfers fließen aber nicht in die nationalen Schuldenquoten ein.
Laut den Berechnungen der DZ Bank könnten diese aber das deutsche Toprating gefährden. In ihren Berechnungen gehen die Analysten der Bank davon aus, dass die nationale Verschuldung in Deutschland bald wieder sinkt. Im Zuge der Pandemie wird sie demnach in diesem Jahr auf etwa 75 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen. Danach soll sie bis zum Jahr 2028 auf 63 Prozent sinken.
Berücksichtigt man Deutschlands Haftungsverpflichtungen für die EU-Corona-Hilfen, fällt die Schuldenquote laut den Berechnungen der Analysten merklich höher aus. Hierfür haben sie mehrere Szenarien betrachtet.
Im ersten würden die Corona-Hilfen wie jetzt geplant gewährt und Deutschland würde für die EU-Schulden mit einem Anteil von 25 Prozent haften. In diesem Fall würde nach ihren Berechnungen die deutsche Schuldenquote im Jahr 2028 mit 67 Prozent um rund vier Prozentpunkte höher ausfallen.
Es gibt jedoch auch Stimmen, die dauerhafte EU-Transfers fordern. In Deutschland haben zum Beispiel Politiker der Grünen einen Vorschlag für eine dauerhafte EU-Fiskalkapazität vorgestellt, die teilweise durch die Ausgabe von EU-Anleihen finanziert werden soll.
Extremszenario sieht Schuldenquote von 83 Prozent
In einem zweiten Szenario haben die Analysten daher berechnet, was passieren würde, wenn ab 2024 dauerhafte EU-Transfers in Höhe von einem Prozent der Wirtschaftsleistung geleistet würden. In diesem Fall würde nach ihren Schätzungen die Schuldenquote in Deutschland bis 2028 auf etwa 70 Prozent der Wirtschaftsleistung steigen.
Zudem haben die Analysten auch den Fall modelliert, dass der Haftungsanteil Deutschlands in beiden Szenarien deutlich höher als 25 Prozent ausfällt. Zum Beispiel weil die Bonität anderer EU-Staaten wie Italiens deutlich schlechter ist. Wenn im Extremfall nur die EU-Staaten mit bisheriger Bestnote der Ratingagenturen für die Schulden einstehen, würde sich die implizite Schuldenquote Deutschlands im ersten Szenario bis 2028 auf 75 Prozent der Wirtschaftsleistung erhöhen und im zweiten Szenario sogar auf 83 Prozent.
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