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Jacques Delors Centre Studie fordert mehr EU-Anleihen – Europa soll so Kreditaufnahme verstetigen

Befürworter hoffen, dass die neuen EU-Anleihen den Finanzmarkt in Europa stärken. Aus Sicht des Berliner Jacques Delors Centre sind dafür aber weitere Änderungen nötig.
23.08.2021 - 17:20 Uhr Kommentieren
Die Europäische Union wird einer der großen Schuldner am Anleihemarkt. Quelle: dpa
Europa-Flaggen

Die Europäische Union wird einer der großen Schuldner am Anleihemarkt.

(Foto: dpa)

Frankfurt Die EU hat in diesem Jahr einen historischen Schritt gemacht. Sie begibt in großem Umfang eigene Anleihen: Seit Jahresanfang sind es bereits vier Anleihen über insgesamt 45 Milliarden Euro – zuvor hatte sie sich auf ein sehr geringes Volumen beschränkt.

Bei Investoren kommen die Papiere bisher gut an. Sie gaben Kaufaufträge im Umfang von zusammen 409 Milliarden Euro ab, die Anleihen waren also im Schnitt neunfach überzeichnet. Auch im Handel waren die Anleihen begehrt, entsprechend sind die Kurse gefallen und die Renditen gesunken. Gefragt sind die Anleihen vor allem, weil sie als ähnlich ausfallsicher gelten wie die Bundesanleihen, aber eine höhere Rendite bieten.

Auch einige Ökonomen verbinden mit den Titeln große Hoffnungen. Die Bonds könnten aus ihrer Sicht ein sicheres Wertpapier (Safe Asset) für den Euro-Raum schaffen und den Währungsraum so krisenfester machen.

Das Berliner Jacques Delors Centre kommt in einer aktuellen Studie allerdings zu dem Ergebnis, dass die EU-Anleihen „noch nicht das lang ersehnte Safe Asset der Euro-Zone sind“. Es bestehe aber die Chance, sie durch weitere Reformen in diese Richtung zu gestalten, so Studienautor Sebastian Mack.

Ein wichtiges Kriterium für ein Safe Asset ist, dass es leicht handelbar ist. Die Papiere müssen in verschiedensten Laufzeiten verfügbar sein und hohe Transaktionsvolumina aufweisen. Bis 2026 will die EU für den Wiederaufbaufonds Anleihen im Umfang von maximal 807 Milliarden Euro platzieren. Hinzu kommen weitere Papiere zur Finanzierung anderer EU-Programme wie des europäischen Kurzarbeitergelds (SURE).

Damit könnte der Bestand an EU-Anleihen im Jahr 2026 auf bis zu eine Billion Euro anwachsen. „Die EU mischt den Anleihemarkt kräftig auf“, meint Christian Kopf, Anleihechef bei Union Investment. Aus Sicht von Studienautor Mack ist dies dennoch zu wenig.

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Zum Vergleich: Im ersten Quartal 2021 lag der Bestand an Bundesanleihen bei 1,5 Billionen Euro, der von französischen Staatsanleihen bei 2,1 Billionen Euro und der italienischer Staatspapiere bei 2,2 Billionen Euro.

Bisher liegen zudem fast 90 Prozent der EU-Anleihen in den Händen von Zentralbanken, Versicherern, Pensionsfonds und Banken. Diese Investoren handeln Anleihen weniger als zum Beispiel Fonds für private und institutionelle Investoren oder Hedgefonds. Von daher ist das Handelsvolumen geringer. Hinzu kommt: Es gibt anders als für Bundesanleihen für EU-Anleihen keine Terminkontrakte (Futures).

Dass die Anleihen der EU so gefragt sind, liegt vor allem an den Risikoaufschlägen. Die EU bot ihre Anleihen mit Laufzeiten von fünf, zehn, 20 und 30 Jahren mit Renditeaufschlägen zwischen 0,22 und 0,53 Prozentpunkten zu Bundesanleihen an, die zum großen Teil im Minus liegen.

Im Handel sind die Kurse so gestiegen, dass die EU-Anleihen mit zehn und fünf Jahren Laufzeit für Neukäufer inzwischen deutlich im Minus rentieren. Investoren zahlen bei Minus-Renditen quasi eine Gebühr dafür, dass sie ihr Geld bei der EU anlegen dürfen.

Kritik an zeitlicher Begrenzung

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die Laufzeit des Wiederaufbaufonds. Der Corona-Wiederaufbaufonds, für dessen Finanzierung die EU-Anleihen hauptsächlich vorgesehen sind, ist zeitlich begrenzt. Ab 2028 will die EU die hierfür ausgegebenen Anleihen schrittweise bis 2058 abbezahlen. Damit reduziert sich ab diesem Zeitpunkt der Bestand der Papiere.

Mack erwartet, dass dies irgendwann für Investoren zu Problemen führt, weil sie auslaufende Papiere nicht mehr durch neue ersetzen können. Der Experte fordert daher, die Kreditaufnahme zu verstetigen, damit die EU dauerhaft als Emittent am Anleihemarkt präsent bleibt.

Außerdem fordert er, die EU-Anleihen attraktiver zu machen, indem die Europäische Zentralbank (EZB) sie besser behandelt. Ein großes Problem in der Euro-Krise war die enge Verbindung von Banken und Staaten. Die Finanzinstitute im Euro-Raum sind in der Regel die wichtigsten Anleihegläubiger ihrer Heimatländer. Das hat zur Folge, dass die Finanzprobleme eines Staates direkt auf sein Bankensystem durchschlagen. Wenn Banken verstärkt EU-Anleihen halten, ließe sich diese problematische Verbindung eventuell lockern.

Laut Mack sind die EU-Anleihen aktuell aber vor allem für Banken aus Ländern mit schwächerem Rating weniger attraktiv, weil sie für heimische Staatsanleihen höhere Renditen bekommen. Der Delors-Experte schlägt daher vor, dass die EZB bei ihren Refinanzierungsgeschäften EU-Anleihen besser behandeln soll. Bisher akzeptiert die Notenbank die Papiere als Sicherheiten, nimmt aber einen höheren Abschlag vor als bei Anleihen von Staaten.

Zudem fordert Mack, dass die EZB ihre Limits für den Kauf von EU-Anleihen aufgibt. Aktuell dürfen nach den Regeln der Notenbank maximal zehn Prozent ihrer Anleihekäufe auf supranationale Emittenten wie die EU entfallen.

Mehr: Die EU macht sich für Mega-Anleihen bereit.

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