Devisen Schweizer Franken steigt gegenüber dem Euro auf den höchsten Wert seit 2015

Die Währung fiel unter eine Marke, die die Notenbank zuletzt verteidigt hatte.
Zürich Auf der Suche nach sicheren Anlageklassen kaufen immer mehr Investoren Schweizer Franken. Dadurch verteuert sich die eidgenössische Landeswährung weiter gegenüber dem Euro. Erstmals seit der Freigabe des Franken-Euro-Wechselkurses im Januar 2015 notierte die Schweizer Landeswährung unter der Marke von 1,05 Franken pro Euro. Marc Brütsch, Chefökonom beim Versicherer SwissLife, spricht bereits von einem „Mini-Frankenschock“.
Als Grund für die Aufwertung sieht Ulrich Leuchtmann, Devisenmarktexperte der Commerzbank, die sinkende Risikobereitschaft an den Märkten. Angesichts neuer Lockdowns in Europa, beispielsweise in Österreich, befürchten die Investoren, dass die vierte Coronawelle die Wirtschaft in Europa stärker beeinträchtigt als beispielsweise in den USA. Das lasse auch Zinsanhebungen in der Euro-Zone in weite Ferne rücken, während diese in den USA bereits für das kommende Jahr erwartet werden, so Leuchtmann.
Die Folge: Auch der Dollar wertete zuletzt deutlich gegenüber dem Euro auf. Der Euro-Schwäche kann sich ebenso wenig der Schweizer Franken entziehen. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) könnte dadurch nach Einschätzung von Commerzbank-Experte Leuchtmann unter Zugzwang geraten.
Die Marke von 1,05 Franken pro Euro galt lange als implizite Schmerzgrenze der SNB. Die Notenbank versucht – unter anderem, um eine Deflation in der Schweiz zu vermeiden – die Landeswährung nicht zu stark werden zu lassen.
Zuletzt hatte der Schweizer Franken Anfang 2020 stark aufgewertet. Leuchtmann sagt: „Die SNB hat damals – das hat sie selbst ungewöhnlich klar kommuniziert – gegen eine weitere Franken-Aufwertung interveniert.“ Seinerzeit ließ die Notenbank nicht zu, dass der Franken unterhalb von 1,05 Franken pro Euro fiel. Diesmal hat sie die Marke jedoch nicht verteidigt.
Aus Sicht von Leuchtmann könnte das daran liegen, dass auch in der Schweiz die Inflationsraten steigen. Dadurch werden Interventionen zur Vermeidung einer Deflation weniger dringlich. Dennoch stecke die SNB in einem Dilemma, so Leuchtmann. Die Notierung unter 1,05 Franken pro Euro könnte Spekulanten anlocken, die darauf setzen, dass der Franken weiter aufwertet.
Sollte sich die Landeswährung schnell in Richtung Euro-Parität bewegen, könnte die SNB zu einer Intervention gezwungen sein. Denn eine weitere schnelle und kurzfristige Aufwertung des Frankens schwächt auch die stark auf Exporte ausgerichtete schweizerische Wirtschaft. Nachdem SNB-Chef Thomas Jordan seit Frühjahr 2020 kaum mehr im Euro-Franken-Markt eingreifen musste, könnten nun unruhigere Zeiten auf den Notenbanker zukommen.
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