Leiter des Frankfurter Blockchain Center erwartet starken Anstieg des Bitcoin-Preises
Benachrichtigung aktivierenDürfen wir Sie in Ihrem Browser über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts informieren? Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Fast geschafftErlauben Sie handelsblatt.com Ihnen Benachrichtigungen zu schicken. Dies können Sie in der Meldung Ihres Browsers bestätigen.
Benachrichtigungen erfolgreich aktiviertWir halten Sie ab sofort über die wichtigsten Nachrichten des Handelsblatts auf dem Laufenden. Sie erhalten 2-5 Meldungen pro Tag.
Jetzt Aktivieren
Nein, danke
Anzeige
Interview mit Philipp SandnerKrypto-Experte Sandner: „Ein Bitcoin-Preis von mehr als 200.000 Dollar ist gut möglich“
Der Leiter des Frankfurter Blockchain Center glaubt an den Krypto-Siegeszug – und erklärt, warum sich Bitcoin und Gold so sehr ähneln.
Einer der besten Kenner der Kryptowelt ist Philipp Sandner, Leiter des Blockchain Center der Frankfurt School of Finance. Er sieht sowohl das innovative Potenzial von Bitcoin und Co. als auch die Probleme der neuen Anlageklasse. Im Handelsblatt-Interview erklärt Sandner, mit welchem Bitcoin-Preis er in den kommenden zwei Jahren rechnet, welche Trends Investoren auf dem Schirm haben müssen – und, warum Aktien als Nächstes in die Blockchain wandern.
Lesen Sie hier das gesamte Interview:
Herr Professor Sandner, vor wenigen Tagen lag der Bitcoin bei knapp 60.000 Dollar. Dann ging es um rund 15.000 Dollar abwärts. Woher kommen diese starken Kursschwankungen? Der Bitcoin ist ein globales Asset. Menschen in Asien, Amerika, den Schwellenländern steigen genauso ein wie Anleger in Deutschland. Und erstmals sind Großunternehmen am Markt aktiv, darunter Paypal, Tesla und Co. Das sorgt für enorme Volatilität. Wir dürfen nicht vergessen: Im weltweiten Vergleich ist die Marktkapitalisierung von Bitcoin immer noch relativ klein. Neue Nachrichten beeinflussen den Preis stark. Der jüngste Absturz erklärt sich zum Beispiel mit skeptischen Äußerungen der neuen US-Finanzministerin Janet Yellen.
Im März 2020 lag der Bitcoin noch bei 4600 Dollar. Seitdem hat sich der Preis verzehnfacht. Ist das noch rational zu erklären? Wichtig ist, sich die langfristige Entwicklung anzuschauen. Der Bitcoin ist über alle Hochs und Tiefs hinweg seit über sieben Jahren im Aufwärtstrend. Das dürfte auch noch eine Weile so bleiben. Früher nutzten IT-Profis den Bitcoin, heute steigen Millionen Privatanleger und erste große professionelle Investoren ein.
Was mögen die neuen Investoren denn alle am Bitcoin? Es gibt zwei Hauptgründe für die Nachfrage. Der Bitcoin bietet den Vorteil, weltweit Transaktionen binnen einer Stunde abzuwickeln, ohne dass es jemand unterbinden kann. In Schwellenländern, in Staaten mit hoher Inflation, in Ländern ohne legitimiertes demokratisches Regime erkennen immer mehr Menschen den Vorteil, per Bitcoin Werte ungehindert zu besitzen und möglicherweise zu transferieren.
Aber die neuen Investoren aus den USA und Europa kommen doch aus einem politisch stabilen Umfeld ohne Inflation. Richtig. Für sie bietet sich der Bitcoin als Wertaufbewahrungsmittel an. Viele Anleger im Westen eint die Sorge, dass die Inflation wegen der Corona-Pandemie und der staatlichen Schuldenexzesse steigt. Immobilien, Aktien, aber eben auch Bitcoin bieten sich als Alternative an. Das ist auch das Kalkül von Firmen wie Tesla oder Microstrategy, einen Teil ihres Konzernvermögens in Bitcoin umzuschichten: um die Kaufkraft des eigenen Kassenbestands zu schützen.
Vita Philipp Sandner
Philipp Sandner ist Professor für Digitalwirtschaft und Betriebswirtschaftslehre an der Frankfurt School of Finance and Management. Dort leitet er das im Februar 2017 gegründete Blockchain Center. Sandner gilt als Deutschlands „Kryptopapst“: Nur wenige kennen die Welt der digitalen Währungen so gut wie er. In Forschungsrankings ist er prominent vertreten.
Das Blockchain Center der Frankfurt School of Finance and Management fungiert seit 2017 als Kaderschmiede der deutschen Kryptoszene. Viele Start-up-Gründer haben hier studiert oder vorgetragen. Die wichtigste deutsche Branchenmesse, die „Crypto Assets Conference“ , findet jährlich an der Frankfurt School statt und gilt quasi als Klassentreffen der Branche.
Tesla-Gründer Elon Musk bewegt mit einem Tweet die Kryptopreise. Ist das nicht Marktmanipulation? Natürlich ist das, was Musk macht, kritisch zu sehen. Mit Tweets treibt er zum Beispiel den Kurs des Dogecoin: ein reines Scherzprojekt, keine ernsthafte Kryptowährung. Aber man kann davon ausgehen, dass seine Anwälte ein genaues Auge darauf haben, dass er nichts Unrechtmäßiges tut. Und immer gilt: Jeder, der in Kryptowährungen investieren will, sollte sich erst einmal selbst mit dem Thema beschäftigen, statt auf Gurus wie Musk zu hören. Vor dem Investieren muss das Nachdenken stehen.
Viele Notenbanker sehen den Bitcoin kritisch. Braucht es einen staatlichen Krypto-Euro? Euro und Bitcoin sind zwei grundverschiedene Assets, so wie Euro und Gold. Wir haben Euro auf dem Bankkonto und Goldmünzen im Tresor – beide haben ihre Berechtigung. Beim Euro gilt das Ziel der Preisstabilität, deswegen ist die Geldmenge flexibel und die Zentralbank kann die Geldmenge verändern. Bei Gold und Bitcoin ist das Angebot fix, im ersteren Falle als natürliche Ressource, im zweiten Falls durch ein Computerprogramm. Euro und Bitcoin sind damit keine Konkurrenten. Und das wird auch für einen Euro auf Blockchain-Basis gelten, mit dessen Einführung durch die Europäische Zentralbank ich fest rechne.
Wenn sich Bitcoin und Gold so ähneln: Ist der Bitcoin das Gold der Zukunft? Das wäre grundsätzlich denkbar, denn der Bitcoin ähnelt in seiner Konstruktion Gold. Aber man darf nicht vergessen: Milliarden von Menschen schätzen Gold, seit Jahrtausenden. Bitcoin gibt es erst seit etwa zehn Jahren, noch verstehen viele Menschen seinen Wert nicht. Der Bitcoin hat nach dem jüngsten Aufschwung rund neun Prozent der Marktkapitalisierung des Goldmarkts erreicht. Nicht weniger, aber auch nicht mehr.
Welche Schwächen hat der Bitcoin? Der Bitcoin hat einen echten Makel: Es ist nicht der Engpass bei den Transaktionen, wenn das Netzwerk wächst, daran kann man arbeiten. Sondern der Stromverbrauch – er entspricht inzwischen dem ganzer Länder. Zwar kommt die Mehrheit des im Bitcoin-Netzwerk verbrauchten Stroms heute aus erneuerbaren Energien, und der Stromverbrauch sichert das Netzwerk. Aber der hohe Verbrauch bleibt problematisch.
Philipp Sandner
Der Professor leitet das Blockchain-Zentrum an der Frankfurt School of Finance and Management.
(Foto: Frankfurt School of Finance & Management)
Wird der Bitcoin eines Tages überflüssig, ersetzt durch eine noch bessere Kryptowährung? Das glaube ich nicht. Es wird verschiedene Kryptowährungen geben. Nicht 4000 wie aktuell, von denen ein großer Teil irrelevant oder betrügerisch ist. Aber eine kleinere Auswahl. Schon heute teilen sich die zehn größten Coins 95 Prozent des Marktes auf. Bitcoins größte Stärke ist, der Urvater des Kryptouniversums zu sein. Das zeigt unser Gespräch, das sich fast nur um den Bitcoin dreht. Seine „Brand Awareness“ ist schlicht am höchsten, wie die Werber sagen würden. Und immer mehr Banken und Investoren steigen gerade erst ein. Der Bitcoin ist in mehr als 200 Kryptobörsen rund um die Welt fest einprogrammiert. Ich denke, er wird noch viele Jahre, womöglich Jahrzehnte bei uns bleiben.
Was ist mit der sogenannten dezentralen Finanzwirtschaft, kurz Defi. Also Finanzdienstleistungen auf Basis dezentraler Blockchain-Technologie? Defi wird immer wichtiger. Vor allem die auf Ethereum basierenden Defi-Anwendungen erlauben es uns, Börsen, Kredite, ganze Teile des Finanzmarkts vollautomatisiert abzubilden. Noch ist das ein Thema für IT-Profis wie in einem kleinen Testlabor. Aber ich bin überzeugt, dass langfristig eine neue Form des Kapitalmarkts entsteht. In 15 Jahren werden Werte allerart, Währungen, Aktien, Anleihen, komplett auf Blockchain-Basis abgebildet sein.
Nehmen wir an, Sie behalten recht. Welche Regulierung braucht es für diese Zukunft? Deutschland hat in Europa mit dem Kryptoverwahrgesetz vorgemacht, wie es geht. Seriöse Spieler stehen Schlange, um die entsprechende Bafin-Lizenz zu erhalten. Nicht ganz optimal ist das geplante elektronische Wertpapiergesetz: Leider ermöglicht es nur Schuldverschreibungen auf Blockchain-Basis und klammert Aktien und GmbH-Anteile völlig aus. Die Schweiz und Liechtenstein sind da schon wesentlich weiter. Deutschland muss aufpassen, das Momentum nicht zu verlieren.
Zum Abschluss die Standardfrage: Wie hoch steigt der Bitcoin noch? Einen Bitcoin-Preis von mehr als 200.000 Dollar binnen der nächsten zwei Jahre halte ich für gut möglich. Der Preis bildet sich aus Angebot und Nachfrage. Und die Nachfrage nach Bitcoin steigt, das Angebot neu erzeugter Bitcoin fällt: Aktuell werden nur noch 900 neue Bitcoin pro Tag geschürft. Vor zwei Jahren waren es 1800 pro Tag, in zwei Jahren werden es nur noch 450 pro Tag sein. Die Verknappung könnte den Preis durchaus nach oben treiben.
Herr Professor Sandner, vielen Dank für das Interview.
Das Kommentieren dieses Artikels wurde deaktiviert.