Opec: Präsident Suhail Mohamed Al Mazrouei im Interview
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Opec-Präsident Suhail Mohamed Al Mazrouei„Wir brauchen Milliarden-Investments für die Förderung von Öl“
Der Energieminister der Vereinigten Arabischen Emirate und Präsident des Opec-Kartells hat großes Interesse an einem hohen Ölpreis. Doch er schaut auch über den Tellerrand hinaus auf erneuerbare Energien und Elektroautos.
„Wir streben keinen bestimmten Preis an. Wir wollen Marktstabilität.“
(Foto: Bloomberg)
BerlinVon Berlin aus geht es weiter in die saudische Hafenstadt Dschidda, wo an diesem Freitag die Organisation Erdöl exportierender Länder (Opec) mit Russland und anderen Nichtmitgliedern des Förderkartells über die künftige Ölpreisentwicklung verhandelt. Da ist Suhail Mohamed Al Mazrouei als Opec-Präsident besonders gefragt. In Berlin hat der Energie- und Industrieminister der Vereinigten Arabischen Emirate zuvor über Kooperationen bei den erneuerbaren Energien geredet.
Herr Minister, der Ölpreis ist zuletzt sehr gestiegen. Saudi-Arabien will wegen des geplanten Börsengangs von Saudi Aramco – dem weltgrößten Ölproduzenten – einen weitaus höheren Preis. Wo sehen Sie den Wert in einem Jahr? Niemand kann den Ölpreis dirigieren. Die Ölpreisentwicklung ist sehr kompliziert. Auch weil er extrem wichtig für die Weltwirtschaft ist. Als Präsident der Opec habe ich das Ziel, den Markt auszubalancieren und Schocks auf der Angebots- oder der Nachfrageseite zu vermeiden.
Und wie soll das gehen? Wir müssen extreme Überproduktion genauso vermeiden, wie wir adäquate Investitionen in die Ölindustrie sicherstellen müssen. Nach der Idee zu bohren und zu investieren, dauert es fünf Jahre, bis die geförderten Barrel Öl am Markt sind. Und in den Jahren 2015/16 ist eindeutig zu wenig investiert worden in neue Produktionskapazitäten. Allein in diesen beiden Jahren sind die Investitionen jährlich um 25 bis 30 Prozent geringer ausgefallen Das macht uns Sorgen.
Warum? Wenn sich das fortsetzt, werden wir nicht genug Öl am Markt haben für den für uns prognostizierten steigenden Bedarf. Allein 2017 ist die Nachfrage um 1,6 Millionen Fass täglich gestiegen, und für dieses Jahr rechnen wir mit dem gleichen Anstieg. Und wir sehen in einigen Ländern eine Reduzierung ihres Ausstoßes, etwa in Venezuela oder Mexiko.
Was bedeutet das aus Ihrer Sicht? Produktionsrückgang einerseits und wachsende Nachfrage andererseits erfordern jetzt deutlich höhere Investitionen in zukünftige Förderung. Wir brauchen Milliarden Dollar an Investments, nicht die Hunderte Millionen, die wir momentan sehen.
Aber gerade in den USA wird doch in die Schieferölproduktion investiert. Kurzfristige Investments nützen nichts. Und Shale Oil kann schnell an den Markt kommen, aber allein kann es die Gesamtlage nicht wirklich verändern. Wir brauchen entschlossene Investoren, die große Mengen Geld in die Produktion stecken, weise und ausdauernd.
Was tun Sie dafür? Wir arbeiten hart, um den Markt auszugleichen, und wir, die VAE, intensivieren unsere Investments. Wir weiten unsere Förderkapazitäten aus und wollen auf eine Produktionskapazität von 3,5 Millionen Barrel täglich kommen. Derzeit fördern wir gut drei Millionen Fass pro Tag. Und wir haben eine Opec-Förderquote von 2,86 Millionen Barrel. Kuwait, Saudi-Arabien und der Irak bauen auch aus.
Auch der Iran hat nach dem Ende der Sanktionen die Förderung und den Export deutlich erhöht. Ja, aber die Staaten der Opec und anderer Förderländer haben ja alle einen Deal zur Exportbegrenzung gemacht. Wir tun alles, was wir können, um den Ölmarkt ausbalanciert zu halten. 90 Prozent des Jobs sind gemacht. Am Freitag treffen wir uns in Dschidda, um die Ölvorratsmengen zu analysieren, zu sehen, wie stark sie sich verringert haben. Und dann werden wir erklären, was wir nun weiter tun werden.
Und was erwarten Sie? Nur so viel: Opec-Mitglieder und Nicht-Opec-Förderer haben übererfüllt mit ihren vereinbarten Mengenkürzungen. Das hat dem Markt sehr bei seiner Erholung geholfen. Und am Freitag verkünden wir, wie stark die Vorräte, die lange über ihrem Fünfjahresdurchschnitt lagen, zurückgegangen sind, und wie es weitergehen soll mit der Ölproduktion in Opec- und Nicht-Opec-Ölförderländern. Wir müssen aber weitere Länder in unsere Vereinbarungen einbeziehen.
Am Ende erwarten Sie aber einen Preisanstieg, allein wegen der Haushaltseinnahmen, die die Golfstaaten mit ihren Ölexporten erzielen? Als Opec-Präsident kann ich versichern: Wir streben keinen bestimmten Preis an. Wir wollen Marktstabilität. Jeder, der ihnen eine Preisprognose gibt, irrt.
Aber der Staatshaushalt gerade der Golfstaaten hängt doch daran. Das ist das Problem der Finanzministerien. Wir können und wollen nicht den Markt manipulieren, um Budgetziele zu erreichen. Was in unserer Hand liegt, ist, die Ölmengen am Markt in Einklang mit der Nachfrage zu bringen. Also den Markt nicht überzuversorgen. Das können und werden wir tun. Wenn der Markt gut ausbalanciert ist, gibt es einen fairen Preis für alle. Wo der liegt, wissen wir nicht. Das entscheidet der Markt.
Suhail Mohamed Al Mazrouei – zur Person
Seit April 2013 ist der Ölingenieur Minister für Energie und Industrie der Vereinigten Arabischen Emirate. Davor war er beim nationalen Ölkonzern Adnoc. Er ist auch Aufsichtsratsmitglied beim Staatsfonds Mubadala.
Die VAE sind der viertgrößte Opec-Ölförderer mit täglich 3,08 Millionen Fass Rohöl.
Die 14 Staaten des 1961 gebildeten Opec-Kartells kontrollieren gut 40 Prozent der weltweiten Ölförderung.
Aber kann die Ölnachfrage überhaupt steigen, wenn immer mehr Elektroautos auf die Straßen kommen? Natürlich. Es gibt mindestens 1,3 Milliarden Autos. Wie viele davon sind E-Autos, wie stark wächst ihr Anteil?
Gerade China setzt sehr stark auf E-Mobilität. Klar, aber auch China hat doch ein riesiges Problem mit Batterien für Elektroautos. Wer entsorgt sie? Was wird mit dem Batteriemüll? Das erinnert mich an die Atommülldebatte.
Aber die VAE bauen gerade das größte Atomkraftwerk. Ja, denn wir sind überzeugt, dass wir einen bestimmten Anteil der Strom-Grundlast mit Atomkraft sichern müssen. Auch weil wir weniger Gas importieren wollen, da wir die Gaspreisentwicklung nicht kennen. Und niemand kennt auch die künftigen Preise für Batterien für E-Autos. Niemand weiß, was Lithium künftig kosten wird, wenn es massenhaft eingesetzt wird, und was es kostet, Lithium zu recyceln. Wir werden alle Energieformen brauchen. Wir müssen dafür sorgen, dass sie alle – egal ob fossile Brennstoffe oder nicht – sehr viel sauberer werden als heute. Erneuerbare Energien allein werden nie ausreichen, wenn wir nicht wieder in Höhlen leben wollen.
Viele Golfstaaten bereiten sich auf die Zeit nach dem Ölboom vor. Welche Rolle wird der Öl- und Gassektor in den VAE künftig spielen? Öl und Gas waren traditionell die Hauptsäule unserer Wirtschaft und für unsere Staatseinnahmen. Wir planen eine grundlegende Diversifizierung unserer Wirtschaft. Öl und Gas werden dann nur noch 30 Prozent unseres Brutto‧inlandsprodukts ausmachen, aber weiter eine wichtige Rolle für unsere Industrie spielen.
Inwiefern? Statt nur Rohöl zu exportieren, werden wir die Kohlenwasserstoffe als Rohstoff für unsere Industrie nutzen, neue Produkte daraus machen. Sie werden zur Grundlage einer neuen Industrialisierung.
Sie werden also die Rohölexporte reduzieren? Nicht unbedingt, denn wir bauen ja unsere Förderkapazitäten deutlich aus. Aber wir wollen künftig mehr Produkte als Rohwaren ausführen. Unser Ölkonzern Adnoc wird deshalb im Mai eine Verdoppelung unserer Raffineriekapazitäten sowie eine Verdreifachung unsere Petrochemieproduktion beraten.
Gibt es genug Raum für eine weitere Petrochemieproduktion, wo auch Ihre Nachbarn Iran und Saudi-Arabien diese Industrie massiv ausbauen? Es ist Platz für alle da. Die Nachfrage gerade nach hochtechnologischen Chemieprodukten wächst stark. Abu Dhabi hat viel in diesen Sektor investiert: Adnoc hat mit dem Wiener Chemiekonzern Borealis das Joint Venture Borouge zur Plastikproduktion gegründet. An Borealis besitzt Abu Dhabi durch seinen Investmentfonds Mubadala 64 Prozent. 36 Prozent gehören Österreichs Ölkonzern OMV, an dem wir 24,9 Prozent halten. Und wir besitzen die kanadische Kunststofffirma Nova Chemicals, den spanischen Ölkonzern Cepsa sowie einen Hersteller für Waschmittelgrundstoffe. Die VAE werden also eine führende Rolle bei der Expansion von Spezialchemie spielen können. Die Strategie dafür wird im Mai entschieden.
Noch stärker soll das Wachstum erneuerbarer Energien in Ihrem Land werden. In der Tat. Erneuerbare spielen eine Schlüsselrolle bei der Umorientierung unseres Energie-Mixes. Sie sollen einen Anteil von 44 Prozent des Energiebedarfs decken, hauptsächlich durch Solar. Bis 2050 werden wir 44 Gigawatt Photovoltaikanlagen errichten. Erneuerbare werden also zur am schnellsten wachsenden Energiequelle bei uns. Dabei setzen wir auf mehr Wettbewerb, um die Kosten weiter zu senken.
Was haben die VAE damit bisher erreicht? Wir haben einen ziemlichen Beitrag für die Welt geleistet: Wir haben die Kosten für Solarstrom heute schon auf 2,3 US-Cent pro Kilowattstunde gesenkt. Bei Sonnenwärmekraftwerken auf 7,3 Cent. Und wir sehen noch weiteres Potenzial für Kostensenkungen.
Warum bauen Sie Gaskraftwerke und setzen nicht noch mehr auf Sonne, Wind und Wasser? Unsere Energiestrategie 2050 sieht 44 Prozent erneuerbare Energien vor, sechs Prozent Atomstrom, 38 Prozent Strom aus Gas und zwölf Prozent aus besonders sauberer Kohle. Mit diesem Energie-Mix verringern wir unseren CO²-Ausstoß um 80 Prozent. Das setzt aber auch ein Reduzieren des Energieverbrauchs pro Kopf um 40 Prozent voraus.
Aber die Bevölkerung in den VAE wächst doch zweistellig und mit ihr der Strombedarf. Genau deshalb bauen wir ja intelligente und energiesparende Häuser, smarte Stromnetze und eine energieeffiziente Infrastruktur. Und wir sorgen dafür, dass die Energiepreise nicht mehr subventioniert werden, damit Strom nicht verschwendet wird. Aber wir brauchen noch viele Innovationen, um unsere Klimaschutzziele zu erreichen.
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