Währung Zinssenkung in der Türkei erwartet – Lira fällt auf Rekordtief

Der türkische Präsident fordert niedrigere Zinsen.
Düsseldorf Die Erwartung einer weiteren Zinssenkung durch die türkische Zentralbank schickt die Währung des Landes erneut auf Talfahrt. Im Gegenzug markieren Dollar und Euro mit 9,30 beziehungsweise 10,79 Lira neue Rekordhochs. Dabei sei es gleichgültig, wie stark die Notenbank TCMB den Leitzins am Donnerstag senke, sagt Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann – um 50 oder 100 Basispunkte.
Für ihn steht fest: „Die Message wird klar sein: Die TCMB nimmt keine Rücksicht mehr auf die Folgen ihrer Zinspolitik für Wechselkurse, Inflation und letztendlich für die Stabilität der türkischen Volkswirtschaft.“ Denn die Entscheidung über die Geldpolitik fälle allein Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan, ein erklärter Gegner hoher Zinsen.
Präsident Erdogan ist der Annahme, niedrigere Zinsen würden gegen die hohe Inflation wirken. Experten argumentieren dagegen: Bei einer hohen Inflation müsste die türkische Zentralbank die Zinsen anheben. Nur das könnte den Kurs der Landeswährung stützen. Zuletzt senkte sie den Leitzins jedoch von 19 auf 18 Prozent, bei einer derzeitigen Inflation von 19,6 Prozent. Die liegt weit entfernt von dem offiziellen Ziel, das bei fünf Prozent liegt.
Manche Marktteilnehmer wundern sich, warum die türkische Lira nach all den Ereignissen nicht bereits mit viel höherer Geschwindigkeit abwertet. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen ist die Lira aufgrund der hohen Zinssätze begehrt. Für eine sechsmonatige türkische Staatsanleihe gibt es aktuell eine Rendite von 17,7 Prozent. Anleihen im Zeitraum von zehn Jahren erreichen eine Rendite von 20,6 Prozent.
Zum anderen verhindern Maßnahmen wie die Erfassung von Lira-Verkäufen an den Wechselstuben und die Begrenzung der Absicherungsgeschäfte für ausländische Banken am Bosporus einen schnelleren Verfall. Nach Meinung von Leuchtmann verhindern diese Maßnahmen aber den Lira-Verfall nicht, sondern schieben die Sache nur auf. „Solange man dort glaubt, niedrige Zinsen würden disinflationär wirken, ist der Kurs der Notenbank vorhersehbar“, meint der Devisenanalyst.
Erdogan reagiert auf den seiner Ansicht nach viel zu hohen Zinssatz mit immer neuen Personalentlassungen der türkischen Notenbank. Zuerst traf es den Zentralbankchef, dann die beiden Stellvertreter und ein erfahrenes Mitglied des geldpolitischen Ausschusses.
Mit Agenturmaterial
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