Anders als viele Beobachter gedacht haben, rauschte der Dax nicht dauerhaft in den Keller, sondern erholte sich nach dem ersten Schock über das Wahlergebnis in Italien wieder. Zwar verlor der wichtigste deutsche Aktienindex zum Wochenausklang etwas an Boden, fuhr aber auf Wochensicht ungeachtet der Turbulenzen in Rom ein Plus von 0,60 Prozent ein.
Hier könnte einmal mehr eine alte Börsenweisheit zum Verständnis beitragen: „Politische Börsen haben kurze Beine.“ Diese Regel dürfte sich abermals bewahrheitet haben. „Letztlich wird es eine neue Regierung geben, wenngleich Zweifel bestehen, ob diese die längerfristigen Probleme der italienischen Wirtschaft lösen wird“, heißt es im Wochenausblick der Landesbank Hessen-Thüringen (Helaba), die aber auch gleich hinterherschickt: „Aber welche Regierung Italiens war damit schon erfolgreich?“
So ganz ohne Risiko ist die Lage in Italien nicht: Große Unsicherheit bei der Regierungsbildung in dem Euro-Krisenland galt schon im Vorfeld als Gift für die Märkte. Schließlich droht Rom von dem unter dem bisherigen Regierungschef Mario Monti eingeschlagenen Spar- und Reformkurs abzukommen. Da war es nicht allzu verwunderlich, dass sich nach der Auszählung der Stimmen auch gleich wieder die Bonitätswächter der Ratingagenturen zu Wort meldeten. So erwägt Moody's, die Kreditwürdigkeit des Landes weiter herabzustufen. Das Wahl-Patt zwischen den Bündnissen von Mitte-Links und Mitte-Rechts erhöhe die politische Ungewissheit, argumentierte die Agentur.
Die Regierungsbildung wird angesichts des politischen Patts schwierig - eine längere Hängepartie droht. Die Commerzbank erwartet daher auch keine schnelle und nachhaltige Entspannung an den Anleihe- und Devisenmärkten. In den kommenden Wochen wollen sich die Euro-Krisenländer Spanien und Italien am Anleihemarkt frisches Geld besorgen. Bereits am Mittwoch musste Rom für frisches Kapital schlagartig wieder mehr Zinsen bezahlen. Auch der Euro geriet nach der Italien-Wahl unter Druck. „Wer mit einem schnellen Abklingen der Unsicherheit gerechnet hatte, wurde bisher enttäuscht“, meinen die Commerzbank-Ökonomen.
Sollte Rom heftig ins Kreuzfeuer der Finanzmärkte geraten, müsste die Europäische Zentralbank (EZB) mit dem Italiener Mario Draghi an der Spitze eigentlich zum Kriseneinsatz ausrücken. Die EZB könnte mit dem Kauf von Staatsanleihen für Entlastung sorgen, doch die Währungshüter haben die Latte dafür selbst hoch gelegt: Erst wenn ein Land einen Hilfsantrag beim Euro-Rettungsfonds ESM stellt und somit politische Reformauflagen akzeptiert, wäre die EZB prinzipiell bereit zum Kauf von Bonds des betreffenden Staates.