Dax aktuell Dax schafft Schlussspurt ins Plus – US-Börsen geben Auftrieb

Die Frankfurter Benchmark hat in diesem Jahr bereits mehrfach eine neue Bestmarke erreicht.
Düsseldorf Ein bisschen was von dem Schub der fulminanten Tagesrally vom Vortag hat der Dax in den Mittwoch retten können – allerdings nicht alles. Zwar hatte der deutsche Leitindex am Vormittag um 4,5 Prozent zugelegt und kletterte schließlich am späten Vormittag auf das Tageshoch von 10.137 Punkten.
Doch anschließend rutschte das Börsenbarometer in kurzer Zeit um mehr als 650 Punkte ab – ein Absturz wie zu den größten Crashzeiten Mitte des Monats. Das Tagestief liegt bei 9460 Punkten. Kurz vor Handelsschluss aber schaffte es der Leitindex doch wieder deutlich ins Plus und schloss mit einem Gewinn von 1,8 Prozent bei 9874 Zählern.
Der Grund dafür, dass der Dax im Tagesverlauf abrutschte: Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich in den vergangenen Tagen wegen der Viruskrise weiter eingetrübt. Der endgültige Geschäftsklimaindex des Münchener Ifo-Instituts für März fiel auf 86,1 Punkte von 96,0 Zählern im Februar und lag damit so tief wie seit Juli 2009 nicht mehr.
„Es ist davon auszugehen, dass es mindestens zwei Quartale lang eine schwere Rezession geben wird“, sagte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe. Das Bruttoinlandsprodukt könne zwischen fünf und 20 Prozent einbrechen, je nach Länge des Shutdowns.
Sehr problematisch seien die schlechten Exporterwartungen der Industrie: „Selbst wenn die Nachfrage da ist: Die Industrie bekommt Waren logistisch derzeit oft nicht in die Länder, in die sie sollen“, sagte der Ifo-Experte. „Die Industrie kämpft mit einem Logistikproblem.“
Der wohl wichtigste Grund, warum die deutschen Börsen am Mittwoch zum Handelsauftakt zuerst nach oben kletterten, kam aus den USA: Die US-Regierung hatte sich in der Nacht nach eigenen Angaben mit den Senatoren auf ein Hilfspaket zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie geeinigt, das noch am Mittwoch die finale Zustimmung im Repräsentantenhaus erhalten soll. Umfang: zwei Billionen Dollar.
Das gab zuerst den US-Börsen und in der Folge auch dem deutschen Leitindex Auftrieb: Der Dow Jones eröffnete am Nachmittag deutscher Zeit 300 Punkte im Plus an der New Yorker Wall Street. Nach leichten Verlusten setzt er derzeit seinen Aufwärtstrend fort.
Blick auf andere Assetklassen
Auch der Ölpreis stürzte nach einer anfänglich deutlichen Erholung wieder ab. Die US-Sorte WTI fiel um 1,54 Prozent auf 23,63 Dollar pro Barrel, der Kurs lag am frühen Abend aber wieder auf dem Niveau des Vortags.
Ähnlich verlief es für die Nordseesorte Brent, die am Abend allerdings noch einen Verlust von 1,1 Prozent verbucht hatte, 26,86 Dollar pro Barrel. Das Schreckgespenst der einbrechenden Nachfrage weltweit und eine sich rasch ausbreitende Ölschwemme machen Experten zufolge auch eine nachhaltige Erholung der Preise unwahrscheinlich.
Obwohl große Teile der Weltwirtschaft stillgelegt wurden, um die Ausbreitung des Coronavirus zu stoppen, fördern sowohl Saudi-Arabien als auch Russland weiterhin mehr Öl, um Marktanteile zu gewinnen. Das große Handelshaus Gunvor Group schätzt den weltweiten Rohölüberschuss auf 14 bis 15 Millionen Barrel pro Tag.
Nach zwei Handelstagen mit deutlichen Gewinnen legt der Goldpreis im frühen Handel eine Verschnaufpause ein. Eine Feinunze kostet rund 1615 Dollar und damit etwa so viel wie am Vortag.
Eine Dollar-Schwäche wegen der Einigung auf das staatliche US-Konjunkturpaket im Kampf gegen die Coronakrise stützt den Euro. Die Gemeinschaftswährung wird bei 1,0822 US-Dollar gehandelt, nachdem der Kurs in der vergangenen Nacht noch unter 1,08 Dollar gelegen hat.
Auch der Dollar-Index, der das Verhältnis der Devise zu anderen wichtigen Währungen misst, fiel um 0,6 Prozent auf 101,44 Punkte. Börsianer blieben aber skeptisch, ob der Run auf die Weltleitwährung durch die Geldflut zur Abfederung der wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Pandemie nachhaltig abebbt.
Blick auf die Einzelwerte
Eon: Der Energiekonzern kann trotz Coronakrise mit höheren Gewinnen im Rücken die Integration der übernommenen Geschäfte des Konkurrenten Innogy vorantreiben. Die Aktionäre sollen eine Dividende von 46 Cent je Aktie nach zuvor 43 Cent erhalten.
Im laufenden Jahr peilt Vorstandschef Johannes Teyssen einen operativen Gewinn von 3,9 bis 4,1 Milliarden Euro an. Von 2020 bis 2022 soll der operative Gewinn jährlich um sieben bis neun Prozent steigen. Die Anleger freuen sich, die Aktie legt sieben Prozent zu und zählt zu den größten Dax-Gewinnern.
Thyssen-Krupp: Ein Grund, warum die Aktie am gestrigen Handelstag mit einem Plus von 26 Prozent der größte MDax-Gewinner war, wird am heutigen Mittwoch deutlich. Der Industriekonzern will sein Stahlgeschäft mit dem Abbau von 3000 Stellen sanieren. Dabei sollen betriebsbedingte Kündigungen vermieden werden.
Der Konzern einigte sich mit der IG Metall zudem auf einen bis Ende März 2026 laufenden Tarifvertrag und ein Sofortpaket zur Coronakrise, das unter anderem die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 80 Prozent beinhaltet.
Am heutigen Mittwoch legte das Papier zwischenzeitlich weitere 21,8 Prozent zu – das bedeutete zeitweise ein Plus von 47,8 Prozent in nur zwei Handelstagen. Ein erstaunlicher Wert für eine Industrie-Aktie. Am Abend beträgt der Zuwachs vom Mittwoch aber nur noch 3,6 Prozent.
Jenoptik: Der Technologiekonzern hat 2019 bei einem Umsatzplus von 2,5 Prozent auf 855,2 Millionen Euro einen Anstieg des operativen Gewinns (Ebitda) um fünf Prozent auf 134,0 Millionen verbucht. Wegen der bislang noch unklaren Auswirkungen der Coronakrise auf das Geschäft des Konzerns stellte der Vorstand die geplante Dividende von 0,35 Euro je Aktie unter Vorbehalt, ebenso wie die Prognose für 2020. Die Aktie verlor 3,5 Prozent.
Hamburger Hafen und Logistik: Der Hamburger Hafen rechnet wegen der Coronakrise 2020 mit starken Einbußen bei Umsatz und Ergebnis. Um in der Krise die Liquidität zu schonen, soll die Dividende um 12,5 Prozent auf 0,70 Euro je A-Aktie sinken, die um 4,5 Prozent steigt.
Sixt: Die Aktien sind nach Vorlage des Geschäftsberichts stark gefragt. Am Abend lagen sie 26 Prozent im Plus. Der Anbieter von Autovermietung, Carsharing und Fahrdiensten sieht sich gut gerüstet, um der Coronakrise zu trotzen.
Zooplus: Der Online-Tierfutter-Händler peilt trotz der Coronavirus-Pandemie für das laufende Jahr ein Umsatzwachstum auf Vorjahresniveau an. Für den Onlinehandel wird mit weniger Belastungen als im klassischen Vertrieb gerechnet. Wegen der Auswirkungen der Coronakrise auf die Logistik geht Zooplus für 2020 von einem niedrigeren Ergebnis aus, will aber noch die Gewinnschwelle erreichen.
Die Aktie ist extrem volatil, der Kurs hat sich innerhalb weniger Tage fast verdoppelt. Am heutigen Mittwoch geht es aber um 17,4 Prozent abwärts.
Was die Charttechnik sagt
Das charttechnische Bild hat sich aufgehellt. Von der wichtigen Unterstützungszone zwischen 8255 Zählern – dem Tiefpunkt des Crashs seit Mitte Februar 2020 – und rund 8000 Punkten hat sich der Dax mittlerweile deutlich entfernt.
Wieder „normale“ Börsenverhältnisse dürfte es aber erst geben, wenn der Dax die Marke von 10.279 Punkten überwinden kann. Diese Zahl stammt aus dem Dezember 2018 und war der Startschuss für die Rally, die den deutschen Leitindex auf neue Rekordhochs hievte.
Ein weiterer Widerstand, den das Börsenbarometer danach überwinden müsste, ist die 200-Tage-Linie, die den langfristigen Trend signalisiert. Diese Linie notiert derzeit bei 12.476 Punkten, allerdings mit stark fallender Tendenz.
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Wie ich schon einmal geschrieben habe: das ist aktuell kein Markt mehr für Menschen, sondern nur noch für Hochfrequenz-Maschinen.
Einen Tag 1000 Punkte rauf, dann wieder 1000 Punkte runter - das ist einfach jenseits von gut und böse.
1987, beim Platzen der Dotcom-Blase und auch nach Lehman gab es sowas nicht, soweit ich mich erinnern kann. Da muss man verdammt lange zurückgehen - wenn es solche Monster-Volatilität mit gegensätzlichen Marktbewegungen innerhalb kurzer Zeit überhaupt jemals gab.
Bleiben Sie daher am besten mit Cash (wenn Sie welches haben) an der Seitenlinie und beobachten Sie von dort den Irrsinn.
"BTFD" (Buy the f...ing dip!) kann dieses Mal auch sehr übel ausgehen. Halten Sie Aktien von Unternehmen, denen Sie nach dem Lockdown auch fundamental eine glorreiche Wiederauferstehung zutrauen, dann sichern Sie diese konsequent ab.