Dax aktuell Dax schließt erstmals seit vier Wochen über 10.000 Punkten

Kampf zwischen den Börsensymbolen Bulle und Bär: Der Dax ist mit einem deutlichen Plus in den Handel gestartet.
Düsseldorf Der deutsche Leitindex ist mit deutlichen Kursgewinnen in die neue Handelswoche gestartet und hat die Marke von 10.000 Zählern überwunden. Er schloss bei 10.075 Punkten 5,8 Prozent im Plus. Zuvor hatte der Dax bei 10.097 Punkten sein Tageshoch erreicht und damit den höchsten Stand seit sechs Wochen erzielt.
Die Gewinnerliste wird von Volkswagen angeführt: Die VW-Papiere legten mehr als 14 Prozent zu. Dahinter notierten die Aktien von MTU und Daimler, die jeweils einen Kursanstieg von mehr als elf Prozent erzielten.
Alle 30 Dax-Werte schlossen im Plus. Zu den Gewinnern zählen auch die Bankaktien. Der europäische Bankenindex legt um 6,9 Prozent zu, angeführt von der zuletzt gebeutelten Natixis-Aktie aus Frankreich mit einem Wertzuwachs von mehr als 14 Prozent.
Noch am vergangenen Freitag hatte der deutsche Leitindex 0,5 Prozent tiefer bei 9526 Punkten geschlossen. Allerdings deutete sich bereits eine Entspannung an, nachdem der Index auf die miserablen US-Arbeitsmarktdaten nicht reagiert hatte.
Die Börsen in Asien schlossen deutlich im Plus, in China wurde feiertagsbedingt aber nicht gehandelt. Und auch die Wall Street startete mit Aufwind in die neue Handelswoche: Der US-Leitindex Dow Jones legte um mehr als vier Prozent zu und erzielte somit über 900 Punkte mehr im Vergleich zum Schlussstand der Vorwoche. Der breiter gefasste S&P 500 gewann 3,8 Prozent, der technologielastige Nasdaq legte um 3,7 Prozent zu.
Grund für den deutlichen Anstieg am deutschen Aktienmarkt: Rückläufige Fallzahlen in einigen Ländern Europas lassen die Hoffnung aufkeimen, dass das Schlimmste in der Coronakrise vorbei sein könnte. Allein in Deutschland sind die Neuinfektionen den vierten Tag in Folge rückläufig. Das Robert Koch-Institut (RKI) meldete an diesem Montag weitere 3677 bestätigte Fälle. Damit stieg die Zahl auf insgesamt 95.391. Der Anstieg war geringer als die am Sonntag bekanntgegebenen 5936 Neuinfektionen.
Doch ist mit solchen Zahlen bereits ein Ausstiegsszenario in Sachen Quarantäne-Maßnahmen denkbar? Den einzigen Vergleichsmaßstab zur Beantwortung dieser Frage nannte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Sie deutete in ihrer Videobotschaft vom vorvergangenen Wochenende an, bei einer Wachstumsrate der Fallzahlen von sieben Prozent pro Tag („Verdoppelung innerhalb von zehn Tagen“) könne man die Beschränkungen lockern.
„Da dürften wir schon sein“, meint Commerzbank-Devisenanalyst Ulrich Leuchtmann. Aus seiner Sicht wächst eher die Sorge, dass hierzulande kein Ende absehbar ist. Seine Rechnung: Bei 6000 Neuinfizierten pro Tag würde es in Deutschland zwischen 18 und 24 Jahre dauern, bis eine hinreichende Herdenimmunisierung erreicht sei. „Hoffentlich haben Sie es sich in Ihrem Homeoffice gemütlich gemacht“, lautet sein humorvoller Kommentar.
Die Aufwärtsbewegung an der Frankfurter Börse dürfte also vorerst nur eine Erleichterungsrally innerhalb des mittelfristigen Abwärtstrends sein. Um eine echte Trendwende zu erreichen, müsste wohl ein Covid-19-Medikament auf den Markt gebracht werden oder zumindest ein ungefähres Ende der wirtschaftlichen Einschränkungen absehbar sein. Vorher dürften die Aktienmärkte kaum nachhaltig steigen.
Diese Sichtweise bestätigt auch die Anlegerstimmung. Nach Auswertung der aktuellen Handelsblattumfrage Dax-Sentiment rät Stephan Heibel: „Wenn Sie Positionen in Ihrem Portfolio haben, mit denen Sie eine weitere Ausverkaufswelle vermutlich nervlich nicht durchstehen würden, dann sollten Sie sich heute schon davon trennen.“
Besser als erwartet präsentiert sich die deutsche Industrie, obwohl sie bereits vor Beginn der Coronakrise ein sinkendes Neugeschäft zu verzeichnen hatte. Die Betriebe sammelten im Februar 1,4 Prozent weniger Aufträge ein als im Vormonat, Ökonomen hatten aber mit einem Minus von 2,4 Prozent gerechnet, nach einem kräftigen Orderplus von revidiert 4,8 Prozent im Januar.
Angesichts des globalen konjunkturellen Schocks durch die Corona-Pandemie ist jedoch von einem Einbruch der Auftragseingänge im März und April sowie insgesamt kräftigen Produktionseinbußen im ersten und zweiten Quartal auszugehen.
Blick auf Einzelwerte
Commerzbank: Die Coronakrise beschert der Bank einen großen Zulauf an Privatkunden. Seit Jahresanfang hätten die Bank und ihre Tochter Comdirect 130.000 neue Privatkunden gewonnen, hauptsächlich online, sagte Privatkundenvorstand Michael Mandel dem Handelsblatt. Allein in der letzten Märzwoche seien 10.000 Kunden hinzugekommen. „Offensichtlich haben viele Menschen derzeit Zeit, sich mit ihren Bankgeschäften zu beschäftigen.“ Der Kurs der Aktie stieg um 7,7 Prozent.
Evotec: Das Biotechunternehmen baut sich ein neues Standbein im zukunftsträchtigen Geschäft mit Gentherapien auf. Im österreichischen Orth an der Donau soll künftig ein Team aus mehr als 20 Wissenschaftlern die Forschung und Entwicklung gentherapiebasierter Projekte vorantreiben. Einen ersten Auftrag hat es bereits sicher: Der japanische Pharmakonzern Takeda ging eine langfristige Forschungsallianz mit Evotec ein. Die Aktie legte rund 5,2 Prozent zu.
Die Aktie ist deswegen interessant, weil mehrere Hedgefonds auf fallende Evotec-Kurse gesetzt haben. Laut Stand vom vergangenen Freitag beträgt diese sogenannte Leerverkaufsquote 7,3 Prozent, ein ungewöhnlich hoher Wert.
Thyssen-Krupp: Die Aktien der ehemaligen Industrieikone zählten mit einem Plus von fast 15 Prozent zu den großen Gewinnern im Nebenwerteindex MDax. Zum einen waren am Montag Industriepapiere als Verlierer der Crash-Phase gefragt. Der Automobilzulieferer Hella und Flugzeugbauer Airbus profitieren ebenfalls davon. Doch auch bei Thyssen-Krupp spielen Hedgefonds mit ihren Wetten auf fallende Kurse eine entscheidende Rolle dabei, dass der Handel volatil verläuft.
Wetten auf fallende Kurse, in der Fachsprache Leerverkäufe genannt, funktionieren nach folgendem Prinzip: Investoren leihen sich Aktien von Unternehmen, bei denen sie mit Kursverlusten rechnen. Diese Papiere verkaufen sie danach und hoffen darauf, dass die Notierungen fallen. Dann können sie die Aktien später günstiger zurückkaufen und an den Verleiher zurückgeben. Die Differenz zwischen dem Leerverkauf und dem anschließenden Rückkauf ist dann der Gewinn.
Bereits Ende März stiegen die Thyssen-Krupp-Papiere an zwei Tagen in der Spitze um fast 50 Prozent unter hohem Handelsvolumen. Wie Ende März dürften auch am heutigen Montag die Fonds wieder Aktien zurückgekauft haben. Das Ergebnis gibt es spätestens am Mittwoch, wenn die Fonds ihre Leerverkaufsquoten veröffentlichen müssen.
Rolls-Royce/PSA: Bei den Einzelwerten sorgte die Sicherung neuer Kreditlinien beim britischen Triebwerkshersteller Rolls-Royce sowie dem französischen Autokonzern PSA für Auftrieb. Rolls-Royce-Aktien schossen um bis zu 21,2 Prozent nach oben, nachdem sich der Zulieferer von Airbus und Boeing eine weitere Kreditlinie über 1,5 Milliarden Pfund gesichert hat. Das Traditionsunternehmen hat in diesem Jahr allerdings mehr als die Hälfte des Börsenwerts eingebüßt und streicht erstmals seit über 30 Jahren seine Dividende.
Die Peugeot-Mutter PSA sicherte sich ebenfalls weitere Kredite in Höhe von drei Milliarden Euro, um sich gegen die finanziellen Auswirkungen der Corona-Krise besser in Stellung zu bringen. PSA-Aktien legten in Folge bis zu 12,4 Prozent zu.
„Die Staatsschulden werden durch die Decke gehen“
Blick auf andere Assetklassen
Der Goldpreis zieht wieder an. Eine Feinunze kostet mittlerweile wieder 1642 Dollar, ein Plus von 1,6 Prozent. Mitte März lag der Preis noch bei unter 1500 Dollar, weil Investoren nach den Kurseinbrüchen am Aktienmärkten Cash brauchten.
Die vom Wirtschaftsdienst Bloomberg erfassten Gold-ETFs (börsengehandelte Indexfonds) verzeichneten am Freitag Zuflüsse von zwölf Tonnen. In der gesamten letzten Woche waren es 47 Tonnen. Die Spekulanten bleiben dagegen zurückhaltend.
Die Ölpreise fallen wieder. Ein für Montag geplantes Treffen von Ölförderländern, die sich in der sogenannten Opec plus zusammengeschlossen haben, wurde auf Donnerstag verschoben. Im Montagshandel kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juni 33,17 Dollar, minus 2,8 Prozent. Der Preis für ein Barrel der amerikanischen Sorte WTI mit Lieferung im Mai sank um 4,4 Prozent auf 27,08 Dollar.
US-Präsident Donald Trump drohte mit Zöllen auf Rohölimporte. „Ich werde tun, was auch immer nötig ist“, sagte Trump am Samstagabend im Weißen Haus. Hintergrund ist der drastische Preisverfall am Rohölmarkt. Er geht zurück auf eine Doppelkrise, bestehend aus massivem Nachfrageeinbruch wegen der Corona-Pandemie und dem Preiskrieg am Ölmarkt. Besonders die US-Fracking-Industrie leidet unter den niedrigen Preisen.
Angesichts des steigenden Optimismus bei der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie ziehen sich Anleger aus als „sicherer Hafen“ geltenden Staatsanleihen zurück. Im Gegenzug stiegen die meisten Renditen von Bonds erstklassig bewerteter Länder der Eurozone um zwei bis drei Basispunkte. Zehnjährige deutsche Bundesanleihen rentierten mit minus 0,4 Prozent drei Basispunkte fester und damit deutlich höher als das vor einem Monat erreichte Rekordtief von minus 0,91 Prozent.
Was die Charttechnik sagt
Mit dem Plus zur Handelseröffnung am Montag wird das Abwärtsrisiko beim deutschen Leitindex geringer. „Auch wenn sich das Bild kurzfristig aufhellt, gilt es zu beachten, dass nach wie vor alle Dax-Werte sowohl unter dem 200- als auch unter dem 50-Tage-Durchschnitt notieren“, meinen die technischen Analysten der Helaba. Bei 23 Titeln verlaufe zudem die 50er-Linie unterhalb der 200-Tage-Linie. „Derart ausgeprägte Konstellationen ließen in der Vergangenheit nur begrenzten Spielraum auf der Oberseite zu“, lautet deren Einschätzung.
Laut Charttechnik entscheidend ist der Bereich von 10.138 bis einschließlich 10.391 Punkten. Unter anderem liegt dort das Tief vom Dezember 2018 mit 10.279 Punkten, der Startschuss für die Rally bis Mitte Februar 2020 mit dem bisherigen Rekordhoch. „Das ist die entscheidende charttechnische Hürde, deren Überspringen die deutschen Standardwerte auf einen schnellen Erholungspfad bringen würde“, meinen die technischen Analysten der Düsseldorfer Bank HSBC.
Die kleine Abwärtskurslücke vom vergangenen Dienstag wurde geschlossen, ebenfalls ein positives Zeichen. Solche Abwärtskurslücken entstehen, wenn das Tagestief des Vortags über dem Tageshoch des anschließenden Handelstags liegt. Das Tagestief am Dienstag lag bei 9703 Zählern, das folgende Hoch am vergangenen Mittwoch wurde mit 9686 Punkten erreicht.
Hier geht es zur Seite mit dem Dax-Kurs, hier gibt es die aktuellen Tops & Flops im Dax. Aktuelle Leerverkäufe von Investoren finden Sie in unserer Datenbank zu Leerverkäufen.
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"Warum es sich aber nur um eine kurzzeitige Erleichterungsrally handeln dürfte."
Hier gebe ich Ihnen recht, Herr Röder.
Ich habe mir mal die DAX-Werte angesehen, die besonders zulegen: Volkswagen, Daimler, Lufthansa
Das ist vor allem Konsumgüterindustrie.
Wer wird sich bei Millionen von möglichen Kurzarbeitern (in Deutschland) oder Arbeitslosen (wo es keine Kurzarbeit gibt) in näherer Zukunft noch ein neues Auto leisten können - und das in der Regel auch noch auf Kredit? Wer wird in der nächsten Zeit noch exzessiv in der Welt rumfliegen können?
Würde man die Bereinigungskrise zulassen, dann würden die Fehlallokationen gerade hier als Erstes korrigiert werden!