Dax aktuell Dax schließt nach EZB-Entscheid über Schlüsselmarke – Rechnung der Profis geht auf

Die Frankfurter Benchmark hat in diesem Jahr bereits mehrfach eine neue Bestmarke erreicht.
Düsseldorf Der Dax hat seinen Abwärtstrend vorerst gestoppt. Der deutsche Leitindex schloss am Donnerstag 0,1 Prozent im Plus bei 15.623 Punkten, nachdem er am Vortag noch 1,5 Prozent verloren hatte.
Am Vormittag hatte die Lage für das Frankfurter Börsenbarometer noch deutlich dramatischer ausgesehen: Zwischenzeitlich war der Index bis auf 15.454 Zählern gefallen. Doch am Nachmittag dreht der Dax ins Plus. Auslöser war die Nachricht, dass die EZB zwar ihre Anleihekäufe drosseln will, dabei aber die genaue Reduzierung ebenso offen ließ wie das Ende des aktuellen laufenden Notfall-Programms PEPP.
Festzuhalten bleibt nach den beiden jüngsten Handelstagen: Die Sommerpause ist beendet. Vorbei sind die Tage, an denen im Dax nur 30 bis 40 Millionen Aktien den Besitzer wechselten. Mit mehr als 62 Millionen gehandelten Stücken war der Mittwoch ein normaler Handelstag, auch an diesem Donnerstag wurden mehr als 50 Millionen Aktien ge- und verkauft.
Dass der Dax den Handel oberhalb der Marke von 15.600 Punkten beendet, ist ein wichtiges Signal. Dieser Bereich hatte in der Vergangenheit eine wichtige Funktion, seit Anfang August wurde die Marke mehrfach getestet und diente stets als Sprungbrett für den Anstieg Richtung 16.000 Punkte. Auch dem Rekordhoch von 16.030 Zählern Mitte August ging ein Test von 15.600 Punkten voraus. Das Tagestief am gestrigen Mittwoch mit 15.590 Stellen hatte die Wichtigkeit dieses Bereichs bestätigt.
Das wissen auch einige Privatanleger, die am Mittwoch darauf gesetzt hatten, dass diese Marke hält, und daraus Kapital zu schlagen versuchten. Das Euwax-Sentiment der Börse Stuttgart hat am gestrigen Mittwoch ins Plus gedreht. Ein positiver Wert zeigt, dass mehr Call- als Put-Derivate in den Depots der Privatanleger liegen.
Vermutlich eine kleine Gruppe von Privatanlegern hatte den gestrigen Kursrutsch von 1,5 Prozent genutzt, um mit Call-Hebelprodukten darauf zu setzen, dass der Bereich von 15.600 Zählern erneut eine Sprungbrettfunktion hat, die den Dax wieder Richtung 16.000 Punkte treibt.
Anlageprofis setzen auf fallende Kurse
Anders haben sich in den vergangenen Tagen die institutionellen Investoren verhalten. Viele Profianleger haben den Anstieg auf 15.959 Punkte in den vergangenen Tagen zum Verkauf genutzt und ihr Investitionsverhalten gedreht. Sie sind vom Bullenlager gleich ins Bärenlager umgezogen, haben also Short-Produkte gekauft, die von fallenden Kursen profitieren. Das zeigt die aktuelle Umfrage der Börse Frankfurt unter mittelfristig agierenden Privatanlegern und Profis.
Diese Profis setzen nicht auf einen Crash, hoffen aber auf eine größere Konsolidierung als in den vergangenen Wochen. Denn seit Anfang August bis zum Dienstag dieser Woche lag die Handelsspanne bei nur 2,5 Prozent – ein extrem niedriger Wert. Das Verhalten der Profis beschreibt Verhaltensökonom Joachim Goldberg, der die wöchentliche Umfrage auswertet, mit den einfachen Worten: „Sie sind gegangen, um zurückzukommen.“
Mit dem heutigen Minus zum Handelsauftakt und der anschließenden Erholung scheint die Rechnung der Institutionellen aufzugehen. Die Konsolidierung hat sich zunächst ausgeweitet, vom Hoch der vergangenen Woche aus gerechnet gab der Dax in der Spitze 3,2 Prozent nach.
Goldberg hatte vor Handelsbeginn bereits erste Rückkäufe im Bereich von 15.500 bis 15.550 Zählern erwartet. Genau das geschah bislang am Donnerstag. Es wäre aber eine Überraschung, wenn die Konsolidierung in dem saisonal schwachen Börsenmonat September bereits in diesem Bereich endgültig gestoppt werden würde.
Aus der aktuellen Frankfurter Umfrage lassen sich weitere wichtige Punkte ableiten. Zum einen zeigt der Schwenk der Profis hin zu den Bären, dass der Kursrutsch bislang hausgemacht ist, also keine ausländischen Investoren daran beteiligt waren.
Und die Ausgangslage für den Dax auf weitere Kursgewinne hat sich für die kommenden Tage verbessert. Aufmerksame Leser von Stimmungsumfragen wie beispielsweise dem Handelsblatt-Dax-Sentiment wissen: Eine hohe Zahl an Pessimisten gilt eher als Indikator für weitere Kursgewinne, weil vereinfacht formuliert dann wieder genügend Käufer bereitstehen.
Blick auf die Einzelwerte
Beiersdorf: Eine Kaufempfehlung von Goldman Sachs verlieh dem Papier Schwung. Die Aktien zählten mit einem Plus von 1,2 Prozent zu den Gewinnern im MDax und nähern sich ihrem Rekordhoch bei 108,05 Euro von Anfang August. Die Analysten haben die Titel auf „Buy“ von „Neutral“ heraufgesetzt.
Henkel: Nach einer Herunterstufung ging es für die Papiere abwärts. Die Aktien des Konsumgüterkonzerns verloren 1,4 Prozent und bewegten sich damit auf dem niedrigsten Niveau seit Mai 2020. Goldman Sachs hat die Titel auf „Neutral“ von „Buy“ heruntergenommen und das Kursziel auf von 103 auf 84 Euro gesenkt. Der Schlusskurs von Donnerstag lag bei 79,40 Euro.
Easyjet: Der britische Billigflieger kündigte eine Kapitalerhöhung um umgerechnet 1,4 Milliarden Euro an, um die verlustreiche Coronakrise schneller hinter sich zu lassen. Die Aktien brachen um rund 10,2 Prozent ein. Der angebotene Kurs zum Tausch alter gegen neue Aktien liegt 48 Prozent unter dem Schlusskurs vom Mittwoch. Gleichzeitig gab das Unternehmen bekannt, die Übernahmeofferte eines nicht genannten Interessenten ausgeschlagen zu haben. Dabei soll es sich um die Airline Wizz Air gehandelt haben.
Merck: Der Pharma- und Life-Science-Konzern konnte mit seiner langfristigen Umsatzprognose punkten. Er strebt bis 2025 Erlöse von rund 25 Milliarden Euro an. Die Aktien standen mit einem Plus von 1,9 Prozent an der Dax-Spitze. 2020 setzte Merck gut 17,5 Milliarden Euro um.
RWE: Der Einstieg des Investors Enkraft Capital sorgte für Zukäufe. Die Titel gewannen ein Prozent. Enkraft Capital fordert eine Abtrennung des umstrittenen Geschäfts rund um die Braunkohle. Eine Fokussierung des Versorgers auf die in den letzten Jahren massiv ausgebauten Erneuerbaren Energien würde ein enormes Wertsteigerungspotential bei RWE freisetzen, heißt es in einem Brief des Investors an RWE-Chef Markus Krebber.
China Evergrande: Anleger fürchten einen Zusammenbruch des Konzerns. An den Bondmärkten fiel der Preis für eine bis Januar 2023 laufende Anleihe des Unternehmens um 30 Prozent. Die Aktien stürzten in der Spitze 10,5 Prozent ab und notierten so niedrig wie seit sechs Jahren nicht mehr. Seit Jahresbeginn haben sie rund 75 Prozent verloren. Investoren rechnen bei einem Zusammenbruch von Evergrande mit Schockwellen für das chinesische Bankensystem. Insgesamt soll der Konzern Schulden in Höhe von umgerechnet mehr als 300 Milliarden Dollar haben - das entspricht in etwas der Wirtschaftsleistung von Finnland.
Was die Dax-Charttechnik sagt
Auf dem Weg nach oben steht dem Dax oberhalb von 15.600 Zählern noch eine Abwärtskurslücke im Weg. Solche Lücken entstehen, wenn der höchste Stand eines Handelstages unter der tiefsten Notierung des Vortages geblieben ist. In konkreten Zahlen: Der tiefste Kurs am Dienstag lag bei 15.827 Punkten, der höchste Stand am gestrigen Mittwoch bei 15.755 Zählern. Solche Lücken gelten als ein Zeichen von Schwäche.
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