Dax aktuell Dax schließt schließt über wichtiger Schlüsselmarke – Wie die EZB eine Korrektur verhindert

Die Frankfurter Benchmark hat in diesem Jahr bereits mehrfach eine neue Bestmarke erreicht.
Düsseldorf Der Dax rutscht kurz vor Handelsschluss wieder über die wichtige Marke von 15.600 Punkten und schließt 0,1 Prozent im Minus bei 15.609 Punkten.
Seit Anfang August wurde diese Marke mehrfach getestet und diente stets als Sprungbrett für den Anstieg in Richtung 16.000 Punkte. Auch dem Rekordhoch von 16.030 Zählern Mitte August ging ein Test von 15.600 Punkten voraus.
Am heutigen Handelstag konnte sich der deutsche Leitindex über der Marke stabilisieren. Auf dem Weg nach oben steht dem Dax bei 15.827 Punkten allerdings noch eine weitere Abwärtskurslücke vom Mittwoch im Weg. Solche Lücken entstehen, wenn der höchste Stand eines Handelstags unter der tiefsten Notierung des Vortags geblieben ist und gelten als ein Zeichen von Schwäche.
Analyst Jochen Stanzl von CMC Markets sieht zudem weitere Faktoren, die deutlich steigenden Kursen im Wege stehen: „Risikofaktoren wie die sich abschwächende Wirtschaftsdynamik, aber auch die bevorstehende Bundestagswahl sollten allerdings größere Kurssprünge nach oben verhindern.“
Am Freitag sendete das erste Telefonat zwischen US-Präsident Joe Biden und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping seit sieben Monaten allerdings ein positives Zeichen für die Aktienmärkte. Eine mögliche Auseinandersetzung zwischen China und den USA haben die meisten Marktstrategen ziemlich weit oben auf ihrer Gefahrenliste.
Dass der Dax den Fall bis auf 15.454 Punkte bislang gut überstanden hat, ist vor allem auf die Europäische Zentralbank (EZB) zurückzuführen. Sie hat den Aktienmarkt mit ihrer gestrigen Entscheidung vorerst beruhigt und eine mögliche Korrektur verhindert – denn sie hat genau das geliefert, was die Investoren hören wollten:
- Die monatlichen Anleihekäufe im Rahmen des Notfallprogramms PEPP werden reduziert, allerdings nur moderat. Befürchtet worden war teilweise eine Halbierung. Stattdessen sollen die Käufe an die Marktbedingungen flexibel angepasst werden. Wahrscheinlich, so vermuten Beobachter, sinkt der Umfang der monatlichen Käufe von 80 Milliarden Euro auf 60 bis 70 Milliarden.
- Zudem erklärte EZB-Präsidentin Christine Lagarde, dass die Drosselung der Anleihekäufe keine geldpolitische Wende bedeute. Die Käufe würden lediglich wieder auf ihr ursprüngliches Niveau heruntergefahren, nachdem sie über die Sommermonate erhöht worden waren. Ein Enddatum für PEPP nannte Lagarde nicht.
- Sollte PEPP aber beendet werden, sagte Lagarde weiter, stünden der EZB noch immer alle anderen Instrumente zur Verfügung. Etwa das klassische Anleihekaufprogramm APP, das aktuell mit monatlichen Käufen von 20 Milliarden Euro läuft. Eine Leitzinserhöhung scheint derweil nicht in Sicht zu sein.
- Die Zinsen will die EZB ohnehin erst dann erhöhen, wenn die Inflationserwartungen über einen Zeithorizont von mehr als zwei Jahren das Inflationsziel von 2,0 Prozent erreicht. Bislang erwarten die Währungshüter im Jahr 2023 im Euro-Raum lediglich eine Inflationsrate von 1,5 Prozent.
Für Thomas Altmann, Analyst bei QC Partners, ist die EZB deshalb aktuell kein potenzieller Risikofaktor: „Das äußerst vorsichtige Vorgehen der Notenbank zeigt, dass die Börsianer von der EZB auf absehbare Zeit nicht mit allzu viel Gegenwind rechnen müssen.“ Denn im Kern bedeuten Lagardes Aussagen, dass die Geldschwemme der EZB für die Märkte weiter bestehen bleibt.
Diese Erkenntnis zeigt sich auch im Handelsverlauf vom Donnerstag: Um 13.44 Uhr, vor der Pressemitteilung der EZB, in der sie eine moderate Anpassung der Anleihekäufe ankündigte, lag der Dax bei 15.543 Punkten und damit unter der Schlüsselmarke von 15.600 Zählern. Ab 13.45 Uhr zogen die Kurse dann an und stiegen infolge der Aussagen von Christine Lagarde um bis zu 150 Punkte über die 15.600er-Marke. Auch der Blick auf das Handelsvolumen zeigt die Bedeutung der EZB: Nach der Mitteilung der EZB vervierfachte sich die Zahl der gehandelten Papiere.
EZB erwartet höhere Inflation – und mehr Wachstum
Damit hat sich wieder einmal gezeigt, dass nach Kursverlusten von mehreren Hundert Punkten genügend Anleger wieder einsteigen, um den Abwärtstrend zu stoppen. Altmann hält deshalb einen kompletten Ausverkauf für unwahrscheinlich: „Solange es genügend Investoren gibt, die die Rally verpasst haben und jetzt an den Seitenlinien auf einen günstigeren Einstieg warten, werden Verlustphasen schnell und frühzeitig beendet.“ Allerdings könne sich die Einstiegsschwelle nach jedem Kursrutsch ein Stück nach unten verschieben.
Im Dax kommt es in der kommenden Woche zu einer außerplanmäßigen Anpassung. Wie die Deutsche Börse mitteilt, wird der Regensburger Autozulieferer Vitesco am 16. September für einen Tag in den Index aufgenommen. Die ehemalige Antriebssparte von Continental wird im Rahmen eines Spin-Off auf den Markt gebracht. Der Dax wird somit für einen Tag mit 31 Titeln berechnet. Am 16. September werde Vitesco nach Xetra-Handelsschluss wieder aus dem Dax herausgenommen und das Gewicht der Continental AG entsprechend angepasst.
Blick auf die Einzelwerte
Biontech: Die Gründer des Corona-Impfstoffherstellers rechnen damit, dass es bereits in wenigen Wochen einen Impfstoff für Fünf- bis Elfjährige geben soll. Im Xetra-Handel gewinnt die Aktie 2,5 Prozent.
Adidas: Nach zuletzt eher dürftigen Wochen ziehen die Kurse des deutsches Sportartikelherstellers wieder an. Adidas stieg zwischenzeitlich als einer der stärksten Dax-Werte um 1,5 Prozent und schließt 0,4 Prozent im Plus. Puma beendet den Handelstag im MDax 1,3 Prozent höher. Händler verwiesen auf eine wieder positive Stimmung, ausgehend von den USA. Dort hatte das vor allem für Yoga-Bekleidung bekannte Unternehmen Lululemon Anleger mit seinen Zahlen und dem Ausblick begeistert.
Deutsche Telekom: Bei der Deutschen Telekom weicht die erste Freude über einen Deal mit dem japanischen Softbank-Konzern der Ernüchterung. Seit dem ersten Sprung nach oben am Dienstag geht es kontinuierlich bergab. Am Freitag verlieren die Papiere weitere 2,2 Prozent.
Fresenius Medical Care: Nach einer Herunterstufung verlieren die Aktien des Dialysekonzerns und schließen 4,8 Prozent schwächer. JP Morgan hat die Titel auf „underweight“ von „neutral“ heruntergestuft. Auch die Analysten von Barclays setzten die Titel auf „equal weight“ von „overweight“ herunter.
Merck: Die US-Bank JP Morgan hat das Kursziel für den Pharma- und Chemiekonzern von 220 auf 230 Euro angehoben und die Einstufung auf „overweight“ belassen. Die Merck-Aktie stiegen um 0,1 Prozent auf knapp 204 Euro.
Dermapharm: Ein positiver Analystenkommentar hievte die Aktie des Pharmaunternehmens zwischenzeitlich auf ein Rekordhoch von 89,05 Euro. Anschließend drückten Gewinnmitnahmen die Titel 0,3 Prozent ins Minus. Die Berenberg Bank hat das Kursziel auf 94 Euro von 82,50 Euro angehoben.
SGL Carbon: Für den SDax-Wert geht es um 6,1 Prozent aufwärts. Die Berenberg Bank hat das Kursziel für die Aktien des Experten für Verbundwerkstoffe und Graphitelektroden auf 9,50 Euro von drei Euro angehoben.
Bitcoin stabilisiert sich
Der Bitcoin hält sich nach den deutlichen Verlusten vom Dienstag bei der Marke von 45.400 Dollar. Damit liegt der Kurs über der wichtigen 200-Tage-Linie, die vor allem bei langfristigen Investoren Beachtung findet. Steigt diese Linie und notiert ein Basiswert wie beispielsweise der Dax darüber, spricht man von einem Aufwärtstrend – und umgekehrt.
Eine Auswertung der Sutor Bank liefert einen weiteren Punkt, der für den Bitcoin spricht. Hartmut Giesen, Digitalexperte der Bank, hat die zwischenzeitlichen „Hochs“ und „Tiefs“ des Bitcoin seit 2013 analysiert. Das Ergebnis: „Lässt man die kurzfristigen Ups und Downs einmal außer Acht, erkennt man, dass die Kurstäler tendenziell kürzer und weniger tief werden. Der auf ein Tief folgende ‚Wellenberg‘ ist hingegen höher als der vorige“, stellt Hartmut Giesen fest.
Diese fundamentaleren Wellen stellten aus Sicht von Giesen somit eher Adaptions- anstatt Spekulationswellen dar. Das würde für eine deutlich fortschreitende Marktadaption des Bitcoin spricht, und damit auch eine zunehmende Relevanz als Diversifikator in Anlegerportfolios.
Hier geht es zur Seite mit dem Dax-Kurs, hier gibt es die aktuellen Tops & Flops im Dax.
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