Dax aktuell Dax schließt unterhalb von 15.000 Punkten – Teamviewer-Aktie rutscht um mehr als 20 Prozent ab
![Dax-Kurve Quelle: Bloomberg Creative/Getty Images [M]](/images/dax-kurve/27639280/17-format2020.jpg)
„Böse Erinnerungen an Finanzkrise.“
Düsseldorf Der deutsche Aktienmarkt fährt Achterbahn. Zunächst rutschte der Dax um mehr 370 Punkte auf das Tagestief von 14.818 Zählern ab, um anschließend aber wieder über die Marke von 15.000 Punkte zu steigen. Danach setzten wieder deutliche Verkaufe ein, die das Börsenbarometer auf 14.924 Stellen abrutschen ließen. Zum Handelsschluss notierte die Frankfurter Benchmark bei 14.973 Punkten, ein Minus von 1,5 Prozent.
Dadurch könnte es in den nächsten Tagen weiter nach unten gehen. Die technischen Analysten von HSBC Deutschland schreiben von einer „magischen 15.000er-Marke“. Ein fundamentaler Grund lastet auf dem Aktienmarkt: Die Angst vor weiter steigenden Zinsen ist wieder da. Der höher als erwartete Indexstand des ISM-Einkaufsmanagerindexes hat gezeigt: Je besser die US-Konjunktur läuft, desto schneller kann die US-Notenbank Fed ihre Anleihekäufe zurückfahren und anschließend an der Zinsschraube drehen.
Entsprechend kletterte die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen am heutigen Mittwoch auf über 1,57 Prozent, dem höchsten Stand seit mehr als drei Monaten. Am Abend lag dieser Wert aber wieder bei 1,51 Prozent..
Auch Deutschland kann sich von der Entwicklung am US-Rentenmarkt nicht abkoppeln. Hierzulande waren die Renditen 30-jähriger Staatsanleihen mit 0,358 Prozent ebenso auf einem neuen Dreimonatshoch angekommen. Auch die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen hatte mit minus 0,158 Prozent den höchsten Stand seit Mitte Mai erreicht, notiert aktuell wieder bei minus 0,186 Prozent.
Die Zinsangst wird getragen von der Angst vor weiter steigenden Energiepreisen. Der Ölpreis der Nordseesorte Brent hat am heutigen Mittwoch mit zeitweise mehr als 83 Dollar je Barrel ein neues Dreijahreshoch erreicht. Für Thomas Altmann vom Investmenthaus QC Partners steht fest: „Dieser Mix aus steigenden Zinsen und hohen Energiekosten ist ein toxischer Cocktail für den Aktienmarkt.“
Ausländische Investoren verkaufen wohl massiv
Die Vermutung liegt nahe, dass sich vor allem ausländische Investoren vom deutschen Markt verabschieden. Denn der Kursverlauf des Währungspaars Euro/Dollar zeigt, dass zuletzt viel Kapital abgeflossen ist. Seit Anfang September ist der Euro von 1,1877 Dollar auf derzeit 1,1541 Dollar abgerutscht. Interessant dabei war zu beobachten, dass der tiefste Euro-Kurs am Mittwoch und das Dax-Tagestief fast zeitgleich waren.
Die Investitionsquote internationaler Fondsmanager in europäische Aktien war hoch. Laut der letzten Umfrage der Bank of America unter mehr als 200 Vermögensverwaltern Mitte September hat die Zahl der Investoren, die in Europa eine längere Aktienrally erwarten, sogar noch zugenommen – obwohl die Einschätzungen zur konjunkturellen Entwicklung pessimistischer geworden sind.
Was Anleger von den beiden größeren Rücksetzern lernen können
Ein Blick auf die längerfristige Entwicklung zeigt: Seit dem Ende des Corona-Crashs gab es zwei größere Rücksetzer: Zum einen die Korrektur im Oktober des vergangenen Jahres, zum anderen die laufende Konsolidierung in diesem Monat.
Es ist faszinierend zu beobachten, wie sich solche Rückgänge auf den ersten Blick ähneln. Vor gut einem Jahr testete der deutsche Leitindex Ende Oktober an drei Tagen in Folge die Marke von 11.450 Punkten. Danach setzte die Jahresendrally ein – und gut zehn Monate danach erreichte das Börsenbarometer sein immer noch gültiges Rekordhoch von 16.030 Zählern.
In den vergangenen drei Tagen wurde erneut eine Marke getestet und für gut befunden, diesmal war es der Bereich rund um 15.000 Punkte. Doch das war nicht der Startschuss für eine Jahresendrally, sondern der Auftakt einer größeren Konsolidierung, vermutlich sogar einer Korrektur.
Gleichwohl unterscheiden sich die Kursrücksetzer vor allem in ihrer fundamentalen Basis. Da ist zum einen die Größe: Im vergangenen Jahr lag das Minus vom Hoch Anfang September bis auf 11.450 Punkte bei insgesamt 15 Prozent. Ab minus zehn Prozent reden Börsianer von einer Korrektur. Davon kann derzeit noch keine Rede sein. Vom Rekordhoch gerechnet beläuft sich die aktuelle Konsolidierung nur auf sieben Prozent.
Viel entscheidender ist aber: Der Ausverkauf im vergangenen Jahr war nachhaltig, ablesbar an den Daten der Handelsblatt-Umfrage Dax-Sentiment. Mehrere Wochen lang herrschte damals Panikstimmung unter den Anlegern – Zeit genug, um ausreichend Aktien zu verkaufen.
Derzeit hat die Handelsblatt-Erhebung nur einmal Panik angezeigt: am vergangenen Montag. Da Panik als Kontraindikator gilt, lassen sich daraus gemäß der Sentimenttheorie eigentlich steigende Kurse ableiten. In den vergangenen drei Tagen war der Dax zwischenzeitlich auch über 15.200 Punkte gestiegen. Die Gegenbewegung fiel schwächer als erwartet aus und dürfte nicht nachhaltig gewesen sein, wie unter anderem der Handelsauftakt am Mittwoch beweist.
Die Prognose, dass die Marke von 15.000 Punkte nicht halten dürften, war im Nachhinein richtig. Zu einer zwischenzeitlichen Erleichterungs-Rally kam es aber nicht.
Börsenhistorie wiederholt sich in dem gleichen Ausmaß eher selten, aber ein Vergleich von Zahlen ist immer hilfreich. Den Status einer Korrektur hätte der Dax bei 14.427 Punkten erreicht. 15 Prozent Minus, so wie im Börsenmonat Oktober des vergangenen Jahres, wären bei 13.625 Zählern erreicht. So gesehen hat der Leitindex noch viel Luft nach unten.
Blick auf die Einzelwerte
Bayer: Am deutschen Aktienmarkt konnten sich nur wenige Werte dem allgemeinen Abwärtstrend entziehen. Die Bayer-Aktie etwa legte bis zum Handelsende um 0,4 Prozent zu. Im jahrelangen Streit über den angeblich krebserregenden Unkrautvernichter Glyphosat erzielte der Konzern erstmals einen juristischen Sieg in den USA. „Bayer, Schuld anzulasten, scheint kein Kinderspiel mehr zu sein“, sagte ein Händler. Auch wenn es kein großer Sieg sei, sei es zumindest ein Erfolg, der sich positiv auswirke.
Deutsche Telekom: Die US-Investmentbank Goldman Sachs warf über Nacht ein milliardenschweres Paket von Aktien der Deutschen Telekom auf den Markt. Die 90 Millionen Aktien im Wert von 1,58 Milliarden Euro sind Teil einer komplexen Transaktion mit dem japanischen Technologie-Investor Softbank, der erst Anfang September bei dem Bonner Telekommunikationsriesen eingestiegen war.
Goldman Sachs brachte die Aktien, die für 1,8 Prozent des Telekom-Grundkapitals stehen, zu einem Preis von 16,95 Euro bei institutionellen Investoren unter. Das ist ein Abschlag von 3,7 Prozent auf den Xetra-Schlusskurs der T-Aktie vom Dienstag. Am heutigen Mittwoch notiert das Telekom-Papier 5,4 Prozent tiefer.
Nemetschek: Zunehmende Skepsis bei Analysten bezüglich der weiteren Wachstumsdynamik hat die Aktie des Bausoftware-Anbieters ausgebremst. Die Papiere fielen am Mittwoch um bis zu 4,5 Prozent auf ein Vierwochentief von 83,42 Euro und hielten zeitweise die rote Laterne im Nebenwerteindex MDax. Zum Handelsschluss lag die Aktie 1,7 Prozent im Minus.
Die Analysten von Deutscher Bank und Stifel schraubten die Bewertung für Nemetschek jeweils auf „Hold“ von „Buy“ herunter. Für das dritte Quartal rechnen beide mit guten beziehungsweise soliden Zahlen. Allerdings werde das Wachstumstempo des zweiten Quartals wohl nicht gehalten werden können, hieß es bei der Deutschen Bank. Stifel rechnet damit, dass 2021 der Zenit für den Spezialisten für Bau- und Planungssoftware erreicht sein dürfte. Die Aktien hätten kurzfristig nur begrenztes Aufwärtspotenzial. Seit Jahresbeginn haben sie rund 45 Prozent zugelegt.
Teamviewer: Das Software-Unternehmen senkt nach schwächer als erwartet ausgefallenen vorläufigen Quartalszahlen den Jahresausblick. Die Aktie rutschte bis zum Handelsende um 24,9 Prozent ab und lag mit 17,85 Euro deutlich unter dem Ende September 2019 festgelegten IPO-Kurs von 26,25 Euro.
Grenke: Die steile Talfahrt der Aktien vom Dienstag setzt sich mit einem Minus von 8,6 Prozent am heutigen Mittwoch fort. Tags zuvor hatte der IT-Leasinganbieter nach einem Einbruch im dritten Quartal seine Prognose für das Neugeschäft gesenkt. Darauf reagierten einige Analysten am Mittwoch mit negativen Kommentaren und Abstufungen.
Was die Dax-Charttechnik sagt
Seit drei Monaten bewegte sich der Dax zwischen 16.000 Zählern auf der Ober- und rund 15.000 Punkten auf der Unterseite, wobei die untere Marke heute nicht mehr gehalten werden konnte. Christian Henke, technischer Analyst bei Onlinebroker IG Markets, sieht nach einem nachhaltigen Bruch dieser Marke bei 14.921 Zählern eine erste Unterstützung. Bei einem Schlusskurs unterhalb dieser Marke müsste mit einem Test der nächsten Verteidigungslinie bei rund 14.800 Punkten gerechnet werden. Darunter wäre erst bei 14.235 Zählern die nächste Unterstützung zu finden.
Hier geht es zur Seite mit dem Dax-Kurs, hier gibt es die aktuellen Tops & Flops im Dax.
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Ich muss mich einmal über diese permanente Fixierung der Berichterstattung auf Schwellenwerte im DAX beklagen. Das ist für mich nicht rational begründet, sondern schlicht journalistische Füllmasse. Ohne diese Floskeln würde der Journalismus besser, denn dann müsste über die Inhalte jeweils neu nachgedacht werden.
Die Patienten einer Station werden nicht plötzlich krank oder gesund, weil der Durchschnitt aller Fieberkurven einen bestimmten Wert unter- oder überschreitet.
Die zukünftige Kursrichtung einer Aktie orientiert an den internationalen Märkten, insbesondere an den Preisen für die gleiche Unternehmenskategorie. Da spielen Schwellenwerte im Popeldax eine völlig nachrangige Rolle.
Das zeigt sich gerade in der Entwicklung des Punktestandes im DAX heute. Die Kurse sind nicht plötzlich eingestürzt nachdem die Schwelle von 15.000 Punkten unterschritten wurde und sie sind auch nicht wieder in die Höhe geschossen, nachdem diese wieder überschritten wurde. Es hat nichts Wesentliches miteinander zu tun.