Dax-Ausblick Warum der deutsche Leitindex seinen matten Höhenflug fortsetzen kann

Fehlende Anlagealternativen könnten ein Grund für weiter anziehende Kurse sein.
Frankfurt Nach Euphorie sieht es nicht gerade aus, aber Trippelschritt-Rekorde könnte der Dax auch in der kommenden Woche wieder schaffen. Zahlreiche gute Firmenquartalszahlen haben zuletzt immer wieder für Zuversicht bei Anlegern gesorgt.
In der vergangenen Woche erklomm der deutsche Leitindex immer neue Rekorde bis auf 16.122 Punkte. Unter dem Strich blieb aber nur ein kleines Plus von knapp 0,3 Prozent. In den USA endeten die führenden Indizes angesichts der weiter gestiegenen Inflation mit einem kleinen Wochenminus. Anleger sind angesichts der vielen anhaltenden Belastungsfaktoren für die Märkte vorsichtig, sichern sich bei neuen Rekordmarken gern Kursgewinne. Unter dem Strich rechnen Aktienexperten aber mit einer Jahresendrally.
„Die Aussichten für die Aktienmärkte bleiben gut“, meint Robert Greil, Chef-Anlagestratege der Bank Merck Finck. Wie vor einem Jahr trieben hoffnungsvolle Konjunkturaussichten, reichlich Notenbankliquidität sowie die Aussicht auf fiskalische Maßnahmen die Kurse.
Doch es gebe signifikante Unterschiede zu damals, stellt Greil klar: „Die Weltwirtschaft ist heute klar im Erholungsmodus, immer mehr Notenbanken gehen langsam auf die Bremse und neue fiskalische Impulse gibt es vor allem noch in den USA.“ Während auch die Corona-Neuinfektionskurven stark an den Herbst 2020 erinnerten, seien die Impfungen der entscheidende Unterschied: „Dank der Impfungen sind heute größere Lockdowns, die das Wirtschaftsleben wie damals in weiten Teilen deutlich herunterfahren, unwahrscheinlicher.“
Ebenso Sven Streibel, Analyst der DZ Bank, bleibt zuversichtlich, auch wenn er die jüngsten Rekorde an den internationalen Aktienmärkten „erstaunlich“ findet – angesichts eines nachlassenden Wirtschaftswachstums vor allem in den USA. Zudem sei der Dax mit Auto- und Kapitalgüterherstellern von Sektoren geprägt, die direkt von Lieferkettenproblemen und dem Mangel an Vorprodukten betroffen seien.
Chancen für deutsche und europäische Aktien
Doch nach all den schlechten Nachrichten scheint „eine Art Knoten geplatzt zu sein“, so dass der Aktienmarkt wieder mehr Zuversicht einpreise, meint er. Positiv schaut der Analyst vor allem auf deutsche und europäische Aktien: Sobald die Lieferengpässe überwunden sind, rechnet Streibel mit einem „echten Nachholeffekt an aufgestautem Wachstum“. Außerdem steckt seiner Ansicht nach in den Gewinnrevisionen der kommenden Quartale trotz der jüngsten Korrekturen immer noch eine Menge Pessimismus, der Raum für positive Überraschungen und damit für weitere Kurssteigerungen bietet.
Ein weiteres Argument für weiter anziehende Kurse bleiben fehlende Anlagealternativen: Da anhaltend niedrige Kapitalmarktzinsen und eine gestiegene Inflation die Realzinsen deutlich ins Minus drücken, bringt die zweite große, klassische Anlageklasse, Anleihen, nichts ein.
Eine Jahresendrally hat der Dax im Übrigen meistens hingelegt: In seiner gut 30-jährigen Geschichte kletterte der Index in fast 90 Prozent der Jahre im vierten Quartal. Das durchschnittliche Plus lag bei knapp sieben Prozent, so hoch wie in keinem anderen Jahresviertel. Auch der US-Leitindex S&P 500 hat in dieser Zeit meist zugelegt. Zu rund 75 Prozent ging es zum Jahresende bergauf.
Gleichwohl bleiben die Bedingungen am Aktienmarkt schwierig, was die Euphorie dämpft und immer wieder für Kursrückschläge sorgen kann: Außer der heftigen vierten Corona-Welle vor allem in Europa sind die Lieferkettenprobleme und Chipengpässe bisher nicht gelöst, die Energiepreise steigen weiter und auch der generelle Preisauftrieb setzt sich fort.
Unsicherheit gibt es zudem darüber, wie geräuschlos für die Märkte die führenden Notenbanken ihre geldpolitischen Zügel anziehen. Auch die Immobilienmarkt-Probleme und die Wachstumsaussichten der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt, China, machen Investoren Sorgen.
Deutsche Firmen aus der zweiten und dritten Reihe legen Zahlen vor
In der neuen Woche sind von Unternehmenszahlen nur noch wenige Impulse zu erwarten, da sich der Quartalsberichtsreigen seinem Ende zuneigt. Zu den wenigen Großunternehmen, die dann ihre Bücher öffnen, gehören der Einzelhändler Walmart und der Chip-Hersteller NVidia.
In Deutschland berichten vor allem Firmen aus der zweite und dritten Reihe wie der Immobilienkonzerns Grand City Properties, der Versicherer Talanx und der Sendemastbetreiber Vantage Towers. Am Mittwoch berichtet der Gebrauchtwagenhändler Auto1 über sein drittes Quartal, am Donnerstag Thyssenkrupp über sein abgelaufenes Geschäftsjahr.
Bei den Konjunkturdaten richtet sich die Aufmerksamkeit der Börsianer auf die US-Einzelhandelsumsätze am Dienstag. „Die kräftige Erholung am US-Arbeitsmarkt schiebt den privaten Konsum an“, sagt Commerzbank-Volkswirt Christoph Balz. Er rechne daher für Oktober mit einem Plus von zwei Prozent im Monatsvergleich. Im Schnitt erwarten Experten nur ein Plus von 0,7 Prozent. Der private Konsum gilt als Hauptstütze der weltgrößten Volkswirtschaft und liefert Rückschlüsse auf die Geldpolitik der Notenbank Fed. Außerdem werden Daten zum US-Immobilienmarkt veröffentlicht.
Zugleich verliert die zweitgrößte Volkswirtschaft offenbar an Schwung. Der Anstieg der chinesischen Einzelhandelsumsätze hat sich Analystenprognosen zufolge im Oktober im Jahresvergleich auf 3,5 von 4,4 Prozent abgeschwächt. Auch bei der Industrieproduktion erwarten Experten eine Abkühlung. Beide Zahlen werden ebenfalls am Dienstag veröffentlicht.
Für Deutschland stehen am Freitag die Produzentenpreise für Oktober im Kalender. Für den gesamten Euroraum werden nach der September-Handelsbilanz am Montag tags darauf das vorläufige Bruttoinlandsprodukt im dritten Quartal sowie am Mittwoch die finalen Inflationszahlen für den Oktober publiziert.
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